Tiffany Duo 48
befriedigenden Erfahrung in
ein fast himmlisches Erlebnis umzuwandeln. Als er Sybil an diesem Morgen
verlassen hatte, war Nick ganz benommen, aufgewühlt und fast erschrocken
gewesen. Seine Gefühle für sie, sowohl auf körperlicher als auch auf seelischer
Ebene, übertrafen bei weitem alles, was er je empfunden hatte.
Im Moment jedoch waren diese wunderbaren Gefühle durch einen ganz gesunden
Zorn überlagert. Er hätte Sybil eigentlich übers Knie legen sollen. Aber selbst dieser Gedanke hatte noch etwas Erotisches... verdammt!
Nun, bitte, er würde ihr erstmal den Gefallen tun. Eine Zeitlang wollte er sie völlig allein lassen in ihrer sicheren, abgekapselten Welt und sehen, wie ihr das gefiel. In spätestens zwei Wochen, bis Neujahr, würde sie wohl die Wände hochgehen. Dann
würde er zur Stelle sein, diesmal aber zu seinen Bedingungen.
In der Zwischenzeit beabsichtigte er genau das zu tun, was er gesagt hatte. Er würde
keine Ruhe geben, bis er nicht ganz genau herausgefunden hatte, was mit Leona
Coleman los war. Er bezweifelte nicht, daß er Sybils plötzlichen Rückzug wenigstens
zum Teil ihr zu verdanken hatte. Sybil würde ihm nie völlig vertrauen, bis sie selber sah, was für eine eiskalt berechnende Kriminelle Leona im Grunde war.
Natürlich bestand auch die winzige Möglichkeit, daß er sich irrte. Bis jetzt hatte Ray noch nichts herausgefunden, aber angesichts der Jagd auf den Bostoner Mörder
hatte er auch noch nicht viel Zeit gehabt, sich genauer über den Computer mit dem
Fall zu befassen. Nick ahnte jedoch ganz instinktiv, daß Leona eine Gaunerin
allererste Güte war, und seine Instinkte hatten ihn eigentlich selten betrogen.
Dieselben Instinkte verrieten ihm auch, daß Sybil früher oder später zur Vernunft
und somit zu ihm kommen würde, wo sie ja auch hingehörte. Er konnte nur hoffen,
daß ihm das wirklich sein Instinkt sagte, und daß das Ganze nicht einfach frommes
Wunschdenken war.
Er fuhr viel zu schnell für diese Straßenverhältnisse, aber es war ihm gleich. Nicht, daß er es besonders eilig gehabt hätte, zur Black Farm zurückzukehren. Das Haus
würde kalt, dunkel und leer sein. Und das noch nicht gemachte Bett würde ihm viel
zu groß vorkommen, obwohl es um einiges kleiner war als das, das er daheim hatte.
So würde es wohl eine Zeitlang bleiben, denn ab heute mußte er die nächsten
Nächte allein darin schlafen.
Er wollte Ray an diesem Abend noch einmal anrufen. Vielleicht konnte er ihn ja
etwas antreiben. Sybil Richardson
war ausgesprochen stur, man brauchte entweder viel Zeit oder ganz solide Beweise,
um sie davon zu überzeugen, daß sie sich in bezug auf Leona geirrt hatte. Das letzte, was Nick momentan verschwenden wollte, war Zeit. Und wenn er dann schon mal
dabei war, konnte er auch gleich seinen Makler anrufen. Für sechs Hunde war in
seiner jetzigen Wohnung eindeutig nicht
genug Platz.
***
"Keine Sorge", sagte Sybil, als Leona zwei Tage später den Kopf vorsichtig durch die Eingangstür zum "Verein der Wasserhexen" steckte. "Er kommt heute auch nicht.
Ich glaube, er ist für ein paar Tage nach Boston gefahren."
"Das wußte ich." Leona richtete sich auf und trat würdevoll ein. "Ich habe es ausgependelt, ehe ich kam. Ich wollte nur ganz auf Nummer Sicher gehen."
"Hast du kein Vertrauen mehr in deine Pendelfähigkeiten?" Kaum waren diese
Worte gesprochen, hätte Sybil sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Es war einzig
und allein Nicks Schuld, wenn sie jetzt manchmal von so seltsamen Zweifeln geplagt
wurde. Er erschütterte wirklich die Grundfesten ihres Lebens, brachte alles ins
Wanken, was ihr lieb und teuer war, vom Pendeln, bis zu Leona, bis zu dem, was sie
sich vom Leben erwartete. Warum konnte er nicht einfach verschwinden und sie in
Ruhe lassen? Allerdings hatte er genau das ja während der letzten drei Tage getan,
und es hatte ihr ganz und gar nicht gefallen.
"Natürlich vertraue ich meinen Pendelfähigkeiten. Aber dein Professor ..."
"Nicht mein Professor."
"... ist sehr wechselhaft, um nicht zu sagen, unberechenbar. Deshalb müssen wir
auch etwas unternehmen." Leona setzte sich auf den Stuhl neben dem Schreibtisch.
"Wahrscheinlich", stimmte Sybil wachsam geworden zu. "Hast du etwas Konkretes im Sinn?"
"Es muß etwas sein, das ihn zurück nach Cambridge, Massachusetts, und von uns
fort lockt. Oder das ihn zumindest so beschäftigt hält, daß er mich nicht mehr
dauernd verfolgen kann."
"Ja, ja." Sybil dachte
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