Tiffany Duo Band 0133
Einfahrt hinunterzugehen.
Sie war fast bei der Garage angelangt, als sie Lindsey entdeckte, die sich gleich einem Geist aus ihrer eigenen Kindheit auf dem Löwenklauensofa eingerollt hatte und Sean beim Streichen zuschaute.
“Sie klecksen”, sagte Lindsey.
Der Pinsel hob sich, verharrte einen Moment in der Luft, dann setzte er seine Tätigkeit fort. “Nein, ich kleckse nicht. Musst du nicht noch Hausaufgaben machen?”
“Das haben Sie mich schon mal gefragt. Ich bin fertig.”
“Hat aber nicht lange gedauert.”
“Nein. War ja auch babyleicht. Die Kinder sind alle total doof.”
Debbie biss sich auf die Unterlippe. Es war eine schwere Woche für sie alle gewesen, aber am schwersten war es für Lindsey.
Sean konzentrierte sich auf seine Arbeit und fuhr fort, mit ruhigen, gleichmäßigen Bewegungen den Schrank zu streichen. “Wie, doof?”
“Na, doof eben.” Als das keine Reaktion nach sich zog, ließ Lindsey sich zu einer Erklärung herab. “Die sind doch alle hinterm Mond. Britanny Lewis hat sich über mein Notebook lustig gemacht. Und Heather Mills sagt, dass ich so komisch rede.”
“Tust du ja auch.” Als sie ihn böse anstarrte, zuckte Sean die Schultern. “Ich auch. Wir Yankees sprechen in ihren Augen alle komisch.”
“Mom nicht”, sagte Lindsey anklagend. “Seit wir hier sind, klingt sie genau wie Grandma.”
“Nicht genau”, widersprach Sean, aber Lindsey hörte gar nicht hin.
“Ich hasse es hier”, erklärte sie. “Hier gibt es niemand, den ich leiden kann, und machen kann man hier auch nichts.”
Es tat Debbie in der Seele weh.
Seans Pinsel zog gleichmäßig seine Bahn. Auf und nieder. “Am Labor Day ist in der Stadt ein Volksfest”, sagte er schließlich.
Lindsey verdrehte die Augen. “Juhu.”
Sie wartete. Er erwiderte nichts.
“Gehen Sie mit mir hin?”, fragte sie schließlich mit dünner Stimme.
Sean tauchte seinen Pinsel in die Farbe. “Himmel, nein. Aber wenn du zur Abwechslung mal ein bisschen nett zu deiner Mom bist, geht sie ja vielleicht mit dir hin.”
“Aber ich kenne dort ja niemand.”
“Es dauert eben seine Zeit, bis man neue Freunde findet.”
“Ich will aber keine neuen Freunde.”
“Na, wenn du dich weiter so verhältst, wirst du dir darum auch keine großen Sorgen machen müssen.”
Debbie, die in der Dunkelheit lauschte, versteifte sich in instinktiver Verteidigung ihrer Tochter.
Aber Lindsey grinste. “Stinker”, sagte sie freundschaftlich.
Sean hob die Augenbrauen. “Das ist die Farbe, Puppengesicht.”
Angesichts der momentanen Harmonie, die sich zwischen den beiden breit gemacht hatte, beschlich Debbie leises Unbehagen. Lindsey hatte den Verlust ihres Vaters immer noch nicht verkraftet. Sie konnte es sich nicht leisten, ihr Herz an einen Zimmermann zu hängen, dem es davor graute, sich eine wie auch immer geartete Verantwortung aufzuladen.
Und Debbie konnte es sich ebenso wenig leisten.
Sie trat nach vorn in den Lichtkreis und versuchte so beiläufig wie möglich zu klingen, obwohl die Worte in ihrem Hals kratzten wie Kräcker: “Ach, hier bist du, Schatz. Ich dachte, ich hätte euch gesagt, dass die Garage für euch tabu ist.”
Lindsey wand sich. “Das hast du zu Chris gesagt.”
“Weshalb sie natürlich sofort herkommen und nachschauen musste, was hier so interessant ist”, warf Sean ein.
Aber Debbie wusste bereits, was – oder besser gesagt wer – so interessant war. Sie riss ihren Blick von seinen breiten muskulösen Schultern los und sagte höflich: “Hoffentlich hat sie nicht gestört.”
Er machte mit seinem Pinsel eine wegwerfende Handbewegung. “Nicht allzu sehr.”
“Nun – danke.” Sie schwieg einen Moment verunsichert und fuhr dann, an ihre Tochter gerichtet fort: “Lindsey, es ist Zeit fürs Bett.”
Die Unterlippe ihrer Tochter schob sich vor. “Es ist doch noch viel zu früh.”
“Es ist zwanzig nach neun.”
“Ich will aber noch nicht ins Bett.”
“Die Show ist vorbei, Kleine”, sagte Sean. “Schieb ab. Und nimm den Comic mit.”
Lindsey warf den Kopf in den Nacken und kletterte von der Couch. Mit einem herausfordernden Blick auf ihre Mutter zog sie ab.
Sean legte seinen Pinsel über die Dose mit roter Farbe. Er stand langsam auf und wischte sich die Hände an seinen Hosenbeinen ab. Debbies Mund wurde trocken. Die Geste lenkte die Aufmerksamkeit auf …, oje … auf alles: Seine Größe und seine geschmeidigen Bewegungen und die Art, wie seine verdammte Jeans saß. Gott rette
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