Tiffany Duo Band 0142
schien stets zufrieden in Edstown zu sein. Während ihrer Collegezeit war sie mal kurze Zeit verlobt gewesen, aber daraus war nichts geworden. Sie schien nicht in der Stimmung, sich so schnell wieder zu verlieben.
Dabei hatte Marjorie ihre Töchter ständig ermahnt, zu heiraten. Karriere war ein Wort für sie, das im Zusammenhang mit Frauen einfach nicht vorkam. Für Marjorie war es das Wichtigste, dass ihre Töchter beide einen anständigen Mann finden. Auf dem Land gab es nicht viele unverheiratete Männer und sie sollten sich schnell einen suchen.
Vor acht Monaten hatte die einunddreißigjährige Kara den sechsundzwanzig Jahre alten Pierce Vanness in einer Bar getroffen. Pierce sang in einer Band. Und Kara schien auf einmal alle ihre Prinzipien, ihre ganze Erziehung vergessen zu haben. Sie überzeugte Pierce, seinen Job im väterlichen Laden aufzugeben und stattdessen nach Nashville zu ziehen, um entdeckt zu werden. Mit ihr als seiner Managerin.
Serena schüttelte den Kopf. Sie konnte ihre Schwester einfach nicht verstehen.
Marjorie verbrachte die nächsten zwanzig Minuten damit, Serena jede Einzelheit des Anrufs mitzuteilen. Erst als sie schließlich im Bett war, fiel Serena auf, dass ihre Mutter ihr nicht versprochen hatte, sich von Sam Wallace fern zu halten, bis Dan seine Untersuchungen abgeschlossen hatte.
Sam saß auf einem Stuhl und schaute aus dem Fenster. Der Parkplatz war nicht besonders reizvoll anzusehen, aber der Arzt hatte ihm zum Aufstehen geraten. Sam hatte es kaum erwarten können, aber jetzt schien sein Körper nicht auf ihn zu hören. Alles schmerzte. Seine Arme und Beine fühlten sich an wie aus Gummi.
Sam seufzte und betrachtete den Infusionsapparat, der neben ihm auf einem kleinen Wagen stand und irgendetwas in seine Adern pumpte. Kurz kam ihm der Gedanke, mit dem Wagen das Fenster einzuschlagen und dann rauszuspringen. Er hatte das hier alles so satt. Da klopfte es an der Tür. Wieder eine Krankenschwester? Als er aber eine füllige Frau Mitte fünfzig mit einer Dauerwelle, blauen Augen und einer Brille eintreten sah, war er doch ziemlich überrascht. Sie trug einen hellgrünen Hosenanzug und hatte eine große schwarze Handtasche bei sich.
“Mr Wallace?”
“Was kann ich für Sie tun?”, fragte Sam.
Geschäftig trat sie näher. “Ich bin hier, um herauszufinden, was ich für
Sie
tun kann. Ich heiße Marjorie Schaffer.”
Seelenklempnerin? Sozialarbeiterin? Hatten sie ihn schon durchschaut? Auf einmal wurde er sich der zerkratzten Beine bewusst, die unter dem Morgenmantel herausguckten. Sam räusperte sich. “Ähem … Und?”
“Ich bin Serenas Mutter. Sie hat mir alles über Sie erzählt.”
Entspannter murmelte er: “Hat sie das?” Das konnte ja keine lange Unterhaltung gewesen sein – sie wusste doch nichts über ihn.
Marjorie Schaffer nickte. “Es tut mir so
leid
, was Ihnen widerfahren ist. Wie grässlich!”
Genau das, was er brauchte – Schuldgefühle, weil eine nette ältere Dame ihn für seine Lügen bemitleidete. Er zog den Morgenmantel über die Knie und dachte darüber nach, was er der netten Dame sagen sollte.
Marjorie setzte sich graziös auf den anderen Stuhl und sah ihn offen an. “Sie haben keine Familie, an die Sie sich wenden können, Mr Wallace?”
“Hm … Nein, eigentlich nicht.”
“Das tut mir
leid
. Ich habe beide Elternteile und meinen Mann verloren; ich weiß, wie schwer es ist, allein zu sein. Ohne meine zwei Töchter wüsste ich nicht, was ich tun würde.”
“Serena hat eine Schwester?”
“Ja, Kara, sie ist etwas älter. Sie lebt jetzt in Nashville, Tennessee. Aber wir stehen in Kontakt, und sie weiß, dass sie jederzeit zu Hause willkommen ist. Wenn sie uns bräuchte, würden wir sofort zu ihr fahren.”
Sie schien auf eine Antwort zu warten. “Sie müssen sehr glücklich sein, einander zu haben”, stammelte Sam.
Gab es jemand, der gerade nach
ihm
suchte? Jemand, der eine ähnliche Beziehung zu ihm hatte wie Marjorie zu ihren Töchtern? Jemand, der ihn liebte? Er versuchte, sich zu erinnern, aber das Brummen in seinem Kopf übertönte alles. Wenn er wirklich eine Familie hatte, dann hatte sein Gedächtnis sie in derselben unzugänglichen Ecke verstaut wie seinen wahren Namen.
Diese Erinnerungslücke ist nur für kurze Zeit, versicherte er sich. Aber wenn es jemand gab, der ihn liebte, würde er das nicht innerlich … fühlen?
“Mr Wallace?” Marjorie unterbrach seinen quälenden Gedankengang. Sie strahlte Besorgnis
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