Tiffany Duo Band 0142
Wackelpudding.”
Sams verzweifelter Blick ließ Serena beinahe laut auflachen.
“Und dazu gibt es ein Teebrötchen”, fügte die Schwester hinzu, als ob sie ihm einen Gefallen tun wollte. “Die sollen besonders gut sein.”
Mit einem charmanten Lächeln, das bei Serena sämtliche Alarmglocken anstieß, antwortete er: “Dann werde ich es bestimmt genießen. Danke.”
“Bitte sehr”, stammelte die Schwester und errötete. Stolpernd verließ sie das Zimmer.
Unser kleines Krankenhaus hat wohl nicht viele goldblonde blauäugige Patienten mit verführerischen Grübchen, dachte Serena. Sie hatte schon mitbekommen, dass die Schwestern darum rangen, Sam betreuen zu dürfen. Lu Wanda meinte, dass er einer der nettesten Patienten sei, den sie je unter ihrer Obhut gehabt hatte. “So witzig und höflich”, schwärmte sie. “Schade, dass er so zugerichtet wurde. Irgendetwas Fürchterliches muss passiert sein, einen so wohlerzogenen jungen Mann in eine solche Lage zu bringen.”
“Vielleicht ist er ein Einzelgänger. Jemand, der ständig herumzieht und nie bleiben will oder kann”, hatte Serena erwidert.
“Das glaube ich nicht”, murmelte Lu Wanda nachdenklich. “Haben Sie seine Augen gesehen? Er hat irgendetwas Tragisches erlebt. Vielleicht ist seine Liebste umgekommen. Er rennt vor einem gebrochenen Herzen davon. Darauf würde ich wetten.”
Mit dieser Unterhaltung im Gedächtnis, studierte Serena Sams Augen. Gut, sein Blick wirkte in der Tat “verloren”. Ob er nun vor etwas wegrannte oder nicht – sie wusste nur, dass er nicht glücklich war. Aber wie charmant er doch sein konnte!
Abrupt stand sie auf und verkündete: “Guten Appetit.”
“Vielen herzlichen Dank!”
Sie gluckste über seine gespielte Begeisterung. “Bis morgen, Sam.”
Serena merkte, wie seine Augen ihr folgten – als ob er sie nicht gehen lassen wollte. Der Arme, dachte sie, wie einsam er doch sein muss. Doch gleich tadelte sie sich im Stillen für ihr Mitleid. Gott, sie musste wirklich aufpassen, nicht so zu werden wie ihre Mutter. Denn wenigstens eine von ihnen sollte auf der Hut sein, falls Sam Wallace nicht so charmant war, wie er sich gab.
4. KAPITEL
Am nächsten Morgen wurde alles für Sams Entlassung vorbereitet. Zuerst bekam er eine Schachtel mit Schmerzmitteln. Und dann einen Pyjama. Auf seinen fragenden Blick hin antwortete ihm die Schwester, dass man ihm bei seiner Einlieferung die Kleider vom Leib hatte schneiden müssen, weil er nicht bewegt werden durfte. Großartig, dachte Sam, was ist bitte mit meinem Leben passiert?
Er war gerade voller Selbstmitleid, als Serena mit einer Menge Plastiktüten unter den Armen eintrat. “Ich habe Ihnen ein paar Anziehsachen mitgebracht”, sagte sie ohne Einleitung. “Nicht gerade Designerklamotten, aber fürs Erste sollte es reichen.”
Ungläubig starrte Sam sie an. “Sie haben mir Anziehsachen mitgebracht?”
Serena zuckte mit den Achseln. “Sommerschlussverkauf. Zwei Paar Schuhe, ich hoffe, dass eins davon passt. Das andere bringe ich wieder zurück.”
Ihre Großzügigkeit berührte ihn zutiefst. “Vielen Dank.”
Befangen mied sie seinen Blick. “Ziehen Sie sich an. Ich trinke solange einen Kaffee”, sagte sie und verschwand.
Sam machte sich Sorgen, dass Doktor Frank es sich anders überlegen würde. Bei der letzten Untersuchung heute Morgen schien er nicht ganz zufrieden. Am Schluss wollte er wissen, ob Sam nicht noch weitere Gedächtnislücken außer dem Überfall habe, doch er schaute dem freundlichen älteren Mann direkt in die Augen und log, was das Zeug hielt:
“Nein, sonst keine Lücken”, hatte er gesagt. Und das Schlimmste war, dass es noch nicht einmal eine Lüge war. Er hatte keine Gedächtnislücken. Er hatte gar nichts.
Er wusste nicht, ob Amnesie körperlich oder seelisch begründet war – vielleicht
wollte
er sich an seine Vergangenheit gar nicht erinnern? Er hatte keine Ahnung, ob er in eine Nervenheilanstalt oder ein Krankenhaus gehörte. Wie immer er sich auch anstrengte, es hatte nichts genützt. Welcher Idiot ließ sich schon entlassen, ohne zu gestehen, dass ihm sein gesamtes Gedächtnis fehlte!
Um sich abzulenken, nahm er sich die Kleidung vor: diverse T-Shirts, Socken, zwei Jeans, ein brauner Ledergürtel, zwei Hemden – eins weiß, eins aus Jeansstoff. Dann gab es da noch Rasierzeug und Zahnputzzeug und einen Kamm. Und die Schuhe, Größe zehn und elf. Ihm war schleierhaft, welche besser passen würden.
Nach einer Viertelstunde
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