Tiffany Duo Band 0142
um Hilfe anzunehmen. Sehr interessant, dieser Sam Wallace – wer immer er auch war.
“Also, bis später.” Sie ging zur Tür. Sie wusste genau, dass sie wiederkommen würde. Etwas in diesen einsamen, suchenden hellblauen Augen zog sie an.
War sie denn verrückt, sich auch nur eine Spur auf ihn einzulassen?
“Und? Was wissen Sie über ihn?” Die kleine Lindsey Gray stürzte sich auf Serena, als sie das Büro des
Evening Star
betrat. Ihre grünen Augen funkelten vor Neugier.
“Lindsey, immer mit der Ruhe”, beschwichtigte Serena den quirligen Rotschopf. “Sie führen sich auf, als ob wir hier noch nie einen Fremden gesehen hätten.”
“Nicht oft. Und nie so einen – also?”
Serena strich sich eine Strähne hinter das Ohr und zuckte mit den Achseln. “Ich weiß nicht mehr als Sie. Er ist per Anhalter gefahren und zwei Männer mit einem schäbigen Lieferwagen haben angehalten, ihn ausgeraubt, verprügelt und in einem Graben liegen lassen. Sam kann die Männer nicht beschreiben, er hatte eine Gehirnerschütterung und kann sich an den Unfall daher nicht mehr in allen Details erinnern. Der Arzt meint, das sei normal.”
“Woher stammt Sam?”
“Das weiß ich nicht. Er hat es nicht gesagt und ich habe nicht gefragt. Es geht ihm nicht gut, Lindsey. Es ist noch viel zu früh für ein Interview.”
Lindsey schürzte die Lippen. Die Fünfundzwanzigjährige war nicht so leicht von einer Story abzubringen. Dabei kam ihr zugute, dass die meisten sie einfach nur für niedlich hielten und ihr deshalb oft mehr erzählten, als sie eigentlich wollten. Dabei war Lindsey äußerst kultiviert und geistreich. Nach ihrem Universitätsabschluss in Journalismus hatte sie ein Jahr für eine Zeitung in Little Rock gearbeitet, bevor sie nach Hause zurückgekehrt war, um ihrem kranken Vater beizustehen. Obwohl sie hier wesentlich weniger verdiente, nahm sie ihre Arbeit so ernst, als ob sie für die
Washington Post
oder die
New York Times
arbeiten würde.
Zu
ernst, dachte Serena. Lindsey war ständig auf der Suche nach einer heißen Story, aber die gab es in Edstown eben nicht. Außer ein paar Einbrüchen war hier nie etwas passiert. Der Bürgermeister und Chief Meadows nahmen schon Reißaus, wenn sie Lindsey auch nur aus der Ferne sahen. Was sollten sie ihr auch erzählen? Edstown war ein langweiliges Kaff, in dem kaum was passierte. Aber es gab keinen Zweifel, dass der
Evening Star
seit Lindseys Eintritt einen Aufschwung erlebt hatte.
Serena hatte die Zeitung eigentlich nie gewollt. Ursprünglich sollte ihre ältere Schwester Kara das Blatt einmal weiterführen. Serena war Anwältin. Aber nachdem ihr Vater letztes Jahr gestorben war und Kara kurz darauf mit einem Möchtegern-Countrystar abgehauen war, hatte sie den
Evening Star
übernehmen müssen. Und Karas Hund gleich noch mit dazu. Zuerst wollte Serena das Unternehmen verkaufen, aber ihre Mutter war strikt dagegen gewesen.
“Wo ist Marvin?”, fragte sie, als sie das leere Büro des Chefredakteurs sah. “Wir wollten die Konten vom letzten Monat durchgehen.”
Lindsey rollte mit den Augen. “Dreimal dürfen Sie raten. Er wollte sich im
Gaylord’s
erfrischen. Das ist zwei Stunden her.”
Serena seufzte. Na bestens! Marvin arbeitete beim
Evening Star
, seit ihr Großvater ihn gegründet hatte. Seit dem Tod seiner Frau vor zwei Jahren verbrachte Marvin allerdings mehr und mehr Zeit im
Gaylord’s
. Obwohl er nicht in Rente gehen wollte, sah sich Serena jeden Tag ein bisschen mehr dazu gezwungen, ihn endlich in den Ruhestand zu schicken. Auch wenn es ihr das Herz brach – Marvin wurde immer mehr zur Belastung des kleinen Unternehmens.
Verdammt noch mal, Kara, das alles ist eigentlich dein Job
.
Serena fuhr sich durchs Haar und stöhnte. “Dann eben morgen. Sind Sie fertig?”
Lindsey schüttelte den Kopf. “Ich gehe noch zur Stadtratssitzung. Und ich muss mich beeilen, sie fängt in zehn Minuten an.”
“Ich dachte, das wäre Rileys Aufgabe.”
“Ist es auch. Aber ich bin neugierig. Vielleicht kann ich Dan ein paar Fragen über Ihren Fremden stellen.”
“Er ist nicht
mein
Fremder”, protestierte Serena, obwohl sie sich bewusst war, dass sie es selber auch so sah.
Mit einer lässigen Handbewegung meinte Lindsey: “Ich will nur herausfinden, was Dan unternommen hat und wie seine weiteren Pläne aussehen.”
“Sie wissen doch, dass Dan es nicht mag, wenn Sie ihm ein Loch in den Bauch fragen.”
Ein schelmisches Lächeln huschte über Lindseys Gesicht
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