Tiffany Duo Band 0142
Suchte er etwas oder war er auf der Flucht? Irgendeinen Grund musste es für sein rastloses Dasein doch geben. Wenn er überhaupt so ein Durch-die-Lande-Streuner war, wie er behauptete. Serena hatte da so ihre Zweifel.
Plötzlich klopfte es an der Hintertür und gleichzeitig ertönte die Klingel der Haustür. Serena und Marjorie zögerten und schauten einander überrascht an. “Du lässt Sam herein, ich gehe zu Haustür”, meinte Serena endlich.
Obwohl sie ihn nicht erwartet hatte, überraschte es Serena nicht, Dan Meadows auf der Schwelle stehen zu sehen. Seine finstere Miene verriet, warum er hier war.
“Bitte sagen Sie mir, dass es nicht stimmt”, forderte Dan sie auf.
“Kommen Sie erst mal herein”, erwiderte Serena, hielt die Tür auf und bereitete sich auf Dans Standpauke vor.
“Also stimmt es
doch”
, meinte er kopfschüttelnd und trat ein. Noch bevor Serena die Tür schließen konnte, polterte er los: “Ich kann es einfach nicht fassen, dass Sie diesen Mann in Ihr Haus eingeladen haben. Wir wissen nichts von ihm, außer dass man ihn zusammengeschlagen und in einen Graben geworfen hat!”
“Wo sollte er denn sonst hin?”
“Aber gleich zu Ihnen nach Hause?” Dan fuhr sich durch die Haare und biss die Zähne zusammen. “Ein Wildfremder ohne Papiere, ohne Geld und mit einer kaum glaubwürdigen Geschichte.”
“Haben Sie denn Beweise, dass das, was er sagt, gelogen ist?”
“Nein”, gab Dan zu, “aber niemand hat den Lieferwagen gesehen, den er beschrieben hat. Und bei meinen ganzen Nachforschungen bin ich noch keinem Sam Wallace über den Weg gelaufen.”
“Ist das nicht ein gutes Zeichen?”
“Gar kein Zeichen ist immer ein schlechtes Zeichen”, war Dans knappe Antwort.
“Was würden Sie denn gern haben, Chief? Fingerabdrücke? Blut vielleicht?”
“Blut wäre doch ein Anfang.” Bei dem Klang von Sams Stimme drehten sich beide erschrocken um. Neben Sam stand eine peinlich berührte Marjorie.
“Da haben Sie ganz recht”, stimmte Dan ungeniert zu.
Marjorie stemmte die Hände in die Hüften. “Das ist doch unglaublich, Dan Meadows. Seit wann ist es ein Verbrechen, zusammengeschlagen zu werden? Sie sollten sich auf die Täter und nicht auf das Opfer stürzen!”
Marjories Bemerkung bewirkte, was Sams Sarkasmus nicht vermocht hatte. Beschämt sagte Dan: “Ich meine doch nur, dass sich Sams Geschichte nicht reimt. Und er hat uns verschwiegen, wer er ist oder woher er kommt. Wie können wir ihm vertrauen?”
Aber das befriedigte Marjorie nicht. “Meinen Sie etwa, dass er uns seine Verletzungen nur vorgegaukelt hat?”
“Selbstverständlich nicht. Aber …”
“Genau.” Und in herzlichem Ton fragte sie: “Essen Sie mit uns?”
“Äh …”
“Serena, deck auch für Dan auf. Er wird mit uns essen. Aber nur, wenn er sich unserem Gast gegenüber höflich benimmt.”
Serena lächelte über die Art ihrer Mutter. Sie konnte sogar den größten Macho zu einem Schuljungen degradieren. Sie hatte keine Zweifel, dass sowohl Sam als auch Dan sich bestens benehmen würden.
5. KAPITEL
In der Tat war Dans Benehmen tadellos. Das hielt ihn aber nicht davon ab, Sam bei jeder Gelegenheit ausfragen zu wollen.
“Sie sagten, dass Sie auf Durchreise waren. Darf ich fragen, was Sie davor gemacht haben?”
Sam schnitt in den saftigen Braten und antwortete: “Gearbeitet. Zuletzt in Oklahoma.”
“Ach ja? Und wo genau in Oklahoma?”
“Tulsa. Könnten Sie mir bitte das Salz reichen, Serena?”
Serenas Finger berührten die seinen, als sie ihm den Salzstreuer gab. Sams Haut fühlte sich kalt an. Wenn er noch unter Schmerzen litt, verbarg er es gut.
Dan ließ die Augen nicht von Sam. “Und davor? Wo sind Sie aufgewachsen?”
“Nirgendwo, ich bin schon immer auf Achse gewesen. Mrs Schaffer, der Braten ist wirklich köstlich. Ich kann mich an keinen besseren erinnern.”
Marjorie strahlte. “Danke. Es freut mich, dass es Ihnen schmeckt.”
Dan gab nicht auf. “Also, Sam. Als was arbeiten Sie denn? Und wie alt sagten Sie, sind Sie? Zweiunddreißig?”
“Einunddreißig.”
“Sie haben wohl ein paar haarsträubende Dinge erlebt. Wollen Sie uns nicht etwas davon erzählen?”
“Dan …” Marjories Stimme klang gefährlich.
Dan lächelte sie unschuldig an. “Das ist doch interessant, nicht wahr?”
“Ich möchte Sie nicht mit einem langen Monolog über mein Leben langweilen”, meinte Sam unbekümmert. “Ihres scheint viel aufregender zu sein. Ich habe gehört, dass Sie
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