Tiffany Duo Band 0142
kurzem Zögern, beugte sich Sarah zu der Hündin, injizierte die Flüssigkeit und wartete.
Es war nie einfach. Egal, wie alt oder verletzt ein Tier war, es nahm Sarah immer furchtbar mit, wenn sie es einschläfern musste. Sie konnte sich immer wieder sagen, dass sie dem Tier nur half, sein Leiden verkürzte, wenn sie tat, was sie tun musste, aber das änderte nichts an dem Schmerz, den sie jedes Mal dabei empfand.
Jetzt, wo sie alleine war, ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Erschöpft lehnte sie sich an ihren Wagen, vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und schluchzte wie ein Kind.
Plötzlich spürte sie, wie jemand seine Arme um sie schlang und sie behutsam an sich drückte. “Shh, Kleines …, ist schon okay …, ist okay …” Deans Stimme klang ruhig und sanft, während er Sarah in seinen Armen wiegte und ihr sanft den Rücken streichelte.
Sie lehnte ihren Kopf an seine Brust, während er ihr Haar küsste. Es fühlte sich gut und richtig an, in seinen Armen zu liegen, so als gehörten sie zusammen wie zwei Teile eines Ganzen. Aber es war genau dieses Gefühl, das Sarah so ängstigte. Sie waren nicht zusammen, und sie würden es niemals wieder sein. Ihr Schluchzen wurde heftiger.
Das hier durfte nicht sein. Es war eine Sache, vor einem leidenschaftlichen unkontrollierten Kuss davonzulaufen, jedoch eine ganz andere, sich aus dieser zärtlichen und fürsorglichen Umarmung zu lösen. Doch sie musste es tun. Es gab keinen anderen Weg.
Sie stieß ihn zurück.
Ohne sich noch einmal umzudrehen, sprang sie in ihr Auto und fuhr davon. Wortlos blickte Dean ihr hinterher.
Am nächsten Morgen fuhr Dean zu den Thomas hinaus. Die zwanzigminütige Autofahrt gab ihm ein wenig Zeit zum Nachdenken – besonders über Sarah. Natürlich verstand er ihr abweisendes Verhalten. Sie hatte jedes Recht, wütend auf ihn zu sein. Aber da war noch etwas anderes …, etwas, dass er nicht deuten konnte …, und das machte ihn schier wahnsinnig.
Auch Sarahs Mutter verwirrte ihn. Wieso war sie auf einmal so interessiert daran, dass er und ihre Tochter wieder zusammenkamen, obwohl Sarah dieses Interesse offensichtlich nicht teilte? Und dann war da noch seine Tante Ethel. Seit dem Abend bei den Jenkins schwärmte sie in den höchsten Tönen von Sarah; wie hübsch sie sei, wie klug, wie anständig … “Zu schade, dass ihr auseinandergegangen seid”, hatte sie gesagt. Ausgerechnet Tante Ethel! Dean hatte sich so vor den Kopf gestoßen gefühlt, dass er gar nicht antworten konnte. Obgleich er gerne gefragt hätte, was das alles plötzlich zu bedeuten hatte.
Wessen Idee war es denn, dass ich Sweetbranch verlasse? Wer hat mir denn den Job in Atlanta besorgt?
Er parkte seinen Wagen vor einem kleinen Garten, in dem braune Hühner zwischen Unmengen von Petunien, Ringelblumen und Malven umherpickten, und hupte zweimal. Wilma Thomas, eine rundliche kleine Frau um die sechzig, betrat ihre Veranda und schenkte ihm ein breites Lächeln. “Na, wenn das nicht Dean Parrish ist”, rief sie und wischte ihre Hände an einer grellbunt geblümten Schürze ab. “Komm rein und trink ein Glas Eistee, mein Junge.”
Nur einen Moment später saß Dean an Wilmas Esstisch mit einem Eistee und einem großen Stück Rhabarberkuchen vor sich. Während er aß, befühlte er die glatte Oberfläche des massiven Küchentischs. “Hat Ihr Sohn den gemacht?”
Wilma, die neben der Spüle einen Berg Gemüse putzte, drehte sich kurz um und nickte. “Gefällt er dir?”
“Oh ja, Ma’am. Er ist sehr, sehr schön.”
“Draußen im Hinterhof”, antwortete Wilma knapp und ohne von ihrem Gemüse abzulassen.
“Dr. Stillman hat mir erzählt, dass in Ihrem Wohnzimmer noch mehr von Franklins Arbeiten stehen.”
Wilma drehte sich wieder zu ihm und sah ihn verschmitzt an. “Na geh schon und sieh dich um, Junge. Franklins Möbel sind über das ganze Haus verteilt.”
Er betrat das Wohnzimmer und pfiff anerkennend durch die Zähne. Stühle, Tische und Wandschränkchen bezeugten Franklins außergewöhnliches Talent. Die Arbeiten waren nicht nur solide, sondern auch kunstvoll und formschön. Dean war so beeindruckt, dass er gar nicht bemerkte, wie Franklin den Raum betrat.
“Dr. Stillman hat mir gesagt, dass Sie heute kämen.” Der junge Mann lächelte Dean freundlich zu. Er trug einen blauen Overall und seine nackten dunklen Oberarme waren von einer Patina Schweiß überzogen. Offensichtlich kam er gerade von der Feldarbeit. “Was halten Sie von den
Weitere Kostenlose Bücher