Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)
gute Laune.
Dies schien sie zu verwirren, und mit ihrer heiseren Stimme meinte sie: “Aber wenn es in der Gegend kein Benzin gibt, dann wahrscheinlich doch auch keine Werkstatt. Und Ihr Wagen – umgerechnet in Menschenjahren – ist mindestens hundertzehn. Was passiert, wenn er schlapp macht?”
McCall nahm einen Schluck Wasser. “Kein Problem – ich habe immer Werkzeug dabei.”
“Werkzeug!”, rief Ellie verwundert und sah ihn mit ihren goldenen Augen an. “Wollen Sie mir etwa weismachen, dass Sie Mechaniker sind?”
“Ich nicht”, erwiderte er gelassen. Er stieg ein, wartete auf Ellie und gab ihr dann die Flasche zurück. “Aber mein Vater war es. Ich musste öfters mithelfen. Und den hier”, sagte er und klopfte aufs Lenkrad, “kenne ich in- und auswendig.”
Er bemerkte, wie Ellie ihn mit leicht geöffneten Lippen anstarrte, als ob sie etwas erwidern wollte, aber sie hielt sich zurück. Ihre Augen funkelten frustriert. Erst nachdem sie wieder auf der Hauptstraße waren, fuhr er fort: “Ich wäre wahrscheinlich auch Mechaniker geworden. Ich war gar nicht so schlecht. Aber meine Eltern wollten, dass ich auf die Uni ging. War ein Einzelkind, verstehen Sie?” Er sagte nicht, dass er insgeheim glaubte, dass seine Eltern ihn aus dem Weg haben wollten, um wieder für sich sein zu können. Er erzählte auch nicht, wie schwer es oft gewesen war, sich wie das fünfte Rad am Wagen zu fühlen …
“An welcher Uni waren Sie?”, fragte Ellie tapfer weiter.
“Harvard.”
“Harvard!”
McCall lachte. Er wusste, dass dies das Letzte gewesen wäre, was sie von ihm erwartet hatte. Aber als er sie grinsend ansah, entdeckte er statt Verblüffung Zufriedenheit in ihrem Gesicht.
“Haben Sie Jura studiert?”
Er lächelte, aber die Erinnerungen an damals gaben ihm ein Gefühl der Befangenheit. Es war ein unbehagliches Lächeln. “Nein. Volkswirtschaft.”
“Ihre Eltern waren wohl sehr stolz auf Sie”, meinte Ellie und schaute aus dem Fenster. Ihre Stimme klang nachdenklich, vielleicht war sogar ein Hauch Ironie dabei. McCall hörte deutlich die Frage, die sie nicht gestellt hatte:
Was denken die wohl jetzt von Ihnen?
“Wahrscheinlich wären sie stolz gewesen”, sagte er und schob den letzten Gedanken beiseite. “Leider sind sie in meinem ersten Semester bei einem Unfall umgekommen.”
“Oh. Das tut mir sehr leid”, sagte Ellie leise.
Aber McCall führte unbeirrt fort: “Es geschah, als sie vom Strand nach Hause fuhren. Jemand hatte es eilig und hat sie in einer Kurve überholt. War ganz in der Nähe der Stelle, wo James Dean umgekommen ist …”
7. KAPITEL
Ellie war müde. Immer öfter nickte sie ein. Sie waren zirka dreißig Meilen südlich von Felipe Carrillo Puerto, als McCall plötzlich rief: “Wilde Truthähne – Achtung!”
Ellie war schlagartig hellwach und riss die Augen auf. “Wo?”, brachte sie noch hervor, ehe sie wild durchgeschüttelt wurde. McCall war von der Straße abgekommen und tat sein Bestes, den Wagen auf der schmalen Standspur zum Halten zu bringen.
“Alles okay?”, fragte er, als sie schließlich standen.
Sie verspürte das plötzliche Bedürfnis, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. “Ich habe sie nicht gesehen.”
“Wie haben Sie denn das geschafft? Die waren doch direkt vor unserer Nase! Haben Sie geschlafen?”
“Kann schon sein. Warum haben Sie mich nicht aufgeweckt?”
“Hab ich doch.”
“Bevor Sie an den Truthähnen vorbei sind!”
“Woher sollte ich denn wissen, dass Sie eingeschlafen waren?”, fragte McCall lachend und fuhr wieder an. Ellie schmollte.
Ein paar Hundert Meter weiter fing der Käfer an zu stottern und blieb dann ganz stehen.
“Was ist jetzt los?”, fragte Ellie nervös.
“Keine Ahnung”, meinte er und runzelte die Stirn. Er drehte den Zündschlüssel, und der Motor setzte sich widerwillig in Bewegung. “Scheint so, als ob wir kein Benzin mehr hätten.”
“Das ist doch unmöglich! Wir haben doch gerade erst getankt”, sagte sie. “Oder ist Benzin ausgelaufen, als wir über die ganzen Steine auf der Standspur gepoltert sind?”
“Könnte sein”, erwiderte er nachdenklich und stieg aus. “Helfen Sie mir, ihn von der Straße zu schieben.”
Nachdem sie das getan hatten, holte McCall seinen Werkzeugkasten aus dem Kofferraum und fing an, sich den Motor anzuschauen.
“Ich dachte, Sie könnten ihn reparieren”, sagte Ellie herausfordernd.
“Nun ja, erst mal muss ich das Problem orten. Könnte eine kaputte
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