Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)
erwartungsvoll an, aber er schwieg.
“Verstehst du denn nicht?”, fragte sie.
“Du vergisst etwas.”
“Was denn?”
“Wo sollen wir uns verstecken?”
Ellie blickte nachdenklich auf den Wachmann, der sich in die riesige Mundhöhle eines Steinkopfs gesetzt hatte. “Was hältst du davon?”, fragte sie. “Sieht besetzt aus.”
“Es gibt noch einen. Dort drüben”, erklärte sie. “Unter den Lianen.”
McCall sah in die angewiesene Richtung. “Da passt nur einer hinein. Und das bist du. Ich kann über die Mauer klettern. Wenn ich das schaffe, habe ich genügend Zeit, um mich im Dschungel vor Reyes’ Kugeln in Sicherheit zu bringen. Er wird mir folgen. Das ist deine Chance.”
“Es gefällt mir nicht, dass wir uns trennen sollen”, meinte Ellie und biss sich auf die Unterlippe. “Wie würden wir uns wiederfinden?”
Das hatte McCall auch überlegt. Er hatte sich geschworen, dass er sich von dieser verrückten Frau nicht mehr trennen wollte. Weder heute noch morgen – überhaupt nie mehr. “Wie wäre es bei den Vogelkäfigen?”
“Gute Idee”, sagte Ellie entschlossen. “Okay. Du lenkst die Wache ab, und ich stecke das Palmenblätterdach in Brand.”
“Weißt du, wie?”
“Jetzt aber hallo! Ich kann dir versichern, dass …”
“Schon gut, schon gut! Kommst du da hinauf?”
“Kein Problem. Solange du die Wache ablenkst.”
“In Ordnung”, erwiderte McCall.
“Also, worauf warten wir?”
“Eine Sekunde.” Er nahm sie in die Arme, und ehe Ellie wusste, wie ihr geschah, gab er ihr einen zärtlichen Kuss. Dann ging er.
Ein großes Glücksgefühl erfüllte sie. Dennoch war es ihr möglich, sich ganz auf die ihr bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren. Sie beobachtete McCall, wie er langsam die Treppe der Hütte hinabschritt. Der Wachmann stand auf und kam gemächlich auf ihn zu.
McCall wechselte ein paar Worte mit ihm und nickte in Ellies Richtung. Der Mann lachte laut und drehte ihr dann betont diskret den Rücken zu.
Ellie lief rasch hinter die Hütte, um sich angeblich zu erleichtern. Dort kletterte sie an der alten Mayamauer, die das Gelände umgab, hoch, um so die trockenen Palmblätter des Dachs zu erreichen. Sie konnte McCall und die Wache feixen hören. Männerkameradschaft – egal in welcher Sprache – hörte sich immer gleich an. Der Wind raschelte in den Blättern und übertönte so jedes verdächtige Geräusch.
Aber wenn die Wache doch etwas hörte? Als ob McCall ihre Gedanken lesen konnte, fragte er lautstark nach einer Zigarette.
Wenige Sekunden später rieb sie das Streichholz an der Schachtel und sah die Flamme züngeln. Jetzt musste sie nur noch die Blätter … Da. Sie hatte es geschafft. Der Wind half, die kleine Flamme rasch auszubreiten.
Los, Ellie.
Sie musste in ihr Versteck, ehe der Wachmann das Feuer bemerkte. Sie kletterte rasch die alte Mauer hinunter. Schon begannen die Flammen deutlich zu knistern.
Doch noch ehe Ellie Zuflucht im Mund des Steingesichts fand, öffnete sich der Himmel. Regen prasselte auf sie hernieder und durchnässte sie im Nu. Als sie endlich im Trockenen war, sah sie verzweifelt, wie die Flammen gelöscht wurden. Und damit ihre Hoffnung auf Rettung.
11. KAPITEL
Am Boden zerstört setzte sich Ellie auf den Boden und zog die Beine an. Das Einzige, was ihr nun noch Trost gegeben hätte, wäre ein Skorpion oder eine Giftschlange gewesen. Dann würde General Reyes sie zumindest nicht lebend bekommen.
Aber was geschähe mit McCall? Ellie konnte ihn nicht einfach sterben lassen. Sie musste den General überzeugen …
Plötzlich hörte sie Rufe, gefolgt von Geschützfeuer.
In diesem Moment wusste sie, dass die Vorsehung sie doch nicht im Stich ließ.
Durch den Regen konnte sie erkennen, wie der Wachmann versuchte, über die Mayamauer zu klettern – das Maschinengewehr auf dem Rücken. McCall war nirgends zu sehen.
Vorsichtig kroch Ellie aus ihrem Versteck zur Hütte zurück. Dort holte sie ihre Sonnenblende, die sie vorher in der Aufregung vergessen hatte. Sie setzte sie auf und stürzte in den strömenden Regen hinaus.
McCall wusste, als er die ersten Tropfen sah, dass Ellies Plan – Plan A – sprichwörtlich ins Wasser gefallen war. Er stellte dem Wachmann ein Bein und hoffte inbrünstig, dass sein Zimtmädchen nun problemlos seinem Plan B folgen würde.
Er hörte die Schüsse, als er schon fast über der Mauer war. Es war ein komisches Gefühl, zum ersten Mal in seinem Leben als lebendige Zielscheibe zu dienen. Ein Teil
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