Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)
morgen darüber sprechen, Junge”, erklärte der Alte sichtlich besänftigt. “Jetzt müssen wir uns erst mal um dein Bein kümmern und dafür sorgen, dass du ins Bett kommst. Und morgen früh …”
“Nein.” Mit Mühe öffnete Taggert seine Augen und blickte seinen Freund fest an. “Wir können nicht hierbleiben, Lenny. Aber ich brauche deinen Wagen.”
“Er gehört dir”, erwiderte Lenny ohne Zögern. “Und ich sag dir was, Nick. Du lässt die junge Dame bei mir, und ich werde auf sie aufpassen, bis du einen guten Vorsprung hast.”
“In Ordnung”, murmelte Taggert.
“Nein.” Shea wandte sich zu Lenny. “Ich werde mit ihm gehen.”
Der Alte zog seine buschigen Augenbrauen hoch. “Wieso?”
“Weil ich ihre Story bin”, erklärte Taggert bissig, noch bevor sie etwas erwidern konnte. Er warf ihr einen kalten durchdringenden Blick zu. “Aber diesen Teil der Geschichte werden Sie auslassen, verstanden? Die Polizei soll denken, dass wir Lennys Wagen gestohlen haben. Er darf unter gar keinen Umständen in die Sache hineingezogen werden. Ist das klar?”
Shea nickte.
Lenny musterte sie kurz und blinzelte, als er ihr ins Gesicht blickte. Er trat einen Schritt näher, um sie besser sehen zu können. “Mein Name ist Leonard Claudel”, sagte er schließlich.
“Shea Sinclair”, entgegnete sie und hielt ihm ihre Hand entgegen.
Claudel drückte ihre Hand behutsam. “Ich weiß.” Ein Lächeln erhellte sein Gesicht. “Sie waren heute in allen Nachrichten, junge Dame. Ich sehe nicht mehr sehr gut, aber wenn ich nah genug an den Fernseher herangehe, kann ich alles erkennen. Und ich habe Sie vorher schon oft gesehen. Sie sind doch der Wetterfrosch.”
Bevor Shea Gelegenheit hatte, ihn zu korrigieren, lachte Taggert auf. Es war ein ersticktes kaum hörbares Glucksen. “Das hört sie gar nicht gern, Lenny”, flüsterte er und verfiel sofort wieder in Schweigen.
Sie ärgerte sich, spürte aber, dass jetzt nicht der richtige Moment zum Streiten war. “Könnte ich mich wohl etwas frisch machen? Ich bin vom Regen ganz aufgeweicht, und außerdem habe ich überall Blutflecken und …” Einen Moment lang war ihr schwindelig. “Es war ein langer Tag”, schloss sie.
“Kommen Sie mit mir”, sagte Claudel. Er nahm ihren Arm und führte sie in den Flur. “Sie sollten auch Ihre Kleider wechseln, schätze ich.”
Sie betrachtete ihn skeptisch. Er war so groß wie Taggert, aber wesentlich korpulenter. Nie und nimmer würden ihr seine Sachen passen. “Also …”
“Meine verstorbene Frau Judith hatte in etwa Ihre Größe. Ich hätte ihre Kleider wohl schon vor Jahren wegräumen sollen, aber irgendwie habe ich es nie fertiggebracht.” Er lächelte. “Vielleicht finden wir ja jetzt etwas Passendes für Sie.”
Er führte sie in ein spartanisch eingerichtetes kleines Schlafzimmer und öffnete einen altmodischen Kleiderschrank. “Suchen Sie sich etwas aus. Gleich gegenüber ist das Badezimmer, dort finden Sie alles, was Sie brauchen. Ich werde mir unterdessen Nicks Bein ansehen.”
Im Schrank hingen Kleider in Farben, die vor Jahrzehnten modern gewesen sein mussten; leuchtendes Orange, knalliges Pink, ein giftiges Grün, das in ihren Augen schmerzte. “Ich werde schon etwas finden, das passt”, erklärte sie optimistisch.
Claudel wandte sich zum Gehen, doch Shea hielt ihn auf. “Kennen Sie ihn gut?”
Er hielt inne, drehte sich zu ihr um und lächelte. “Ich habe Nick seinen ersten Job gegeben, als er vom Militär zurückkehrte, und ihm alles über das Baugeschäft beigebracht.” Sein Lächeln erlosch. “Er ist ein guter Mann, und er hat niemanden getötet.”
Shea wusste das, und doch … “Er hat auf mich geschossen.”
Das Lächeln kehrte auf Lennys Gesicht zurück. “Glauben Sie mir, meine Liebe, wenn er Sie nicht getroffen hat, dann hat er auch nicht auf Sie gezielt. Nick ist der beste Schütze, den ich kenne.”
Aus irgendeinem Grund fand sie diese Antwort beruhigend. Sie wandte sich wieder dem Schrank zu, und Lenny verließ das Zimmer.
“Ich hätte da sein sollen.”
Nick öffnete die Augen und blickte Lenny an, der sich Vorwürfe machte.
“Ich habe dir tausendmal gesagt, dass ich dich nicht im Gerichtssaal sehen will”, entgegnete er. Und das war die Wahrheit. Lenny war wie ein Vater für ihn, mehr noch als der Mann, den er in den ersten elf Jahren seines Lebens ‘Daddy’ genannt hatte. Die Gerichtsverhandlung hätte den alten Mann nur unnötig aufgeregt. “Außerdem”,
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