Tiffany Duo Band 0162
sprechen, deshalb wechselte sie abrupt das Thema. “Wollten Sie etwas Bestimmtes, Steve?”
Er zuckte die Schultern. “Brauche ich einen bestimmten Grund, um auf einen Sprung bei meiner Lieblingstierärztin vorbeizuschauen?”
Sue Ann, die hinter ihm stand, gab ein verächtliches Schnauben von sich, das sie schnell mit einem Hüsteln zu kaschieren versuchte. Ellie brauchte keine Hellseherin zu sein, um ihre wenig freundlichen Gedanken erraten zu können.
Und in der Tat: Sue Ann machte den Mund auf, wahrscheinlich um etwas Bissiges zu sagen, aber Ellie brachte sie mit einem warnenden Blick zum Schweigen.
“Natürlich brauchen Sie keinen Grund für einen Besuch, Steve. Das wissen Sie”, versicherte sie ihm eilig, um allen Problemen vorzubeugen. “Sie sind hier immer willkommen. Aber bestimmt sind Sie doch nicht mitten in Ihrer Sprechstunde nur hergekommen, um ein bisschen zu plaudern, richtig?”
Er warf ihr dieses charmante jungenhafte Lächeln zu. “Ertappt! Es gibt tatsächlich noch einen anderen Grund für meinen Besuch. Ich habe ein kleines Problem. Mir ist vorhin der Brucellose-Impfstoff ausgegangen und ich habe versprochen, heute noch Paul Blanchards Herde zu impfen.”
Paul Blanchard! Er war einer ihrer Kunden, einer der wenigen, die bei ihr geblieben waren, nachdem sie die Praxis von Ben übernommen hatte. Ellie sank der Mut. Noch ein Überläufer.
Sue Ann warf ihr einen vielsagenden Blick zu, doch bevor sie antworten konnte, fuhr Steve fort: “Ich habe eine Eilbestellung aufgegeben, aber vor morgen wird sie nicht eintreffen. Ich wollte Sie fragen, ob Sie mir nicht vielleicht bis dahin ein bisschen Impfstoff leihen könnten?”
“Sie möchten, dass ich Ihnen etwas von meinem Impfstoff gebe, damit Sie Paul Blanchards Herde impfen können?”
Steve schien sich der Unverfrorenheit seiner Bitte überhaupt nicht bewusst zu sein. Er lächelte sie bittend an. “Nur wenn es Ihnen nicht zu viele Umstände macht. Sie brauchen den Impfstoff doch nicht vor morgen, oder?”
Sie hätte ihn gebraucht, wenn sie den Auftrag bekommen hätte, Paul Blanchards Herde zu impfen. Aber so wie es aussah, würde sie ihn wohl übrig haben. Ellie biss frustriert die Zähne zusammen. Ihr erster Impuls war es, ihm seine Bitte abzuschlagen. Sollte er sich seinen verdammten Impfstoff doch woanders besorgen. Aber im Grunde ihres Herzens wusste sie, dass es wirklich nicht Steves Schuld war, dass sie mit ihrer Praxis zu kämpfen hatte.
Genauso wenig konnte sie es ihm zum Vorwurf machen, dass er sich eine eigene Praxis aufgebaut hatte, nachdem Ben ihr seine verkauft hatte. Sie hätte an seiner Stelle dasselbe gemacht. Und vielleicht hätte sie den Eindringling nicht mit derselben Freundlichkeit behandelt, die ihr Steve entgegenbrachte.
Sie zwang sich zu einem Lächeln. “Ich werde nachsehen, was ich dahabe.”
Wenig später kam sie mit dem Impfstoff zurück.
“Danke, Ellie. Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen”, sagte Steve lächelnd.
“Es freut mich, dass ich Ihnen helfen konnte”, log sie und schämte sich umgehend für die Abneigung, die sie in sich aufsteigen fühlte.
“Ach, übrigens, haben Sie sich mein Angebot noch einmal überlegt?”
Sie atmete laut aus. Darüber wollte sie heute absolut nicht mit ihm reden. “Ja. Und die Antwort ist immer noch Nein, Steve. Genau wie letzten Monat.”
“Ach, kommen Sie, Ellie. Vielleicht überlegen Sie es sich ja doch noch. Wenn wir unsere Praxen zusammenlegen, könnten wir beide Zehntausende pro Jahr an laufenden Unkosten sparen. Und wenn wir unsere Arbeit rationalisieren, hätten wir beide ein bisschen weniger zu tun.”
Weniger? Sie würde jede Mehrarbeit mit Kusshand annehmen, ohne sich auch nur eine Sekunde zu beklagen. Ellie seufzte. Steves Angebot war nur vernünftig, aber es reizte sie trotzdem kein bisschen.
Sie wollte keine Gemeinschaftspraxis, weder mit Steve noch mit sonst wem. Sie wollte auf eigenen Beinen stehen, ihre eigenen Entscheidungen treffen und für die Konsequenzen allein geradestehen.
Wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, musste sie zugeben, dass ihr leidenschaftliches Streben nach Unabhängigkeit seine Wurzeln wahrscheinlich in ihrer Kindheit hatte, als sie ohnmächtig hatte mit ansehen müssen, wie sich ihre Mutter in ein frühes Grab getrunken hatte, während sie selbst anschließend von Heim zu Heim und Pflegefamilie zu Pflegefamilie geschubst worden war.
Das hier war ihre Chance. Ihre und Dylans. Jetzt hatte sie die
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