Tiffany Duo Band 0162
an warmen Frühlingsabenden noch mit leeren Bierdosen Fußball spielten und sich ihre Kicks auf dem Baseballfeld der High School holten.
Genau aus diesem Grund war sie hierher gekommen. Um ihren Seelenfrieden wiederzufinden. Um in die ruhige friedvolle Atmosphäre des Kleinstadtlebens einzutauchen.
Um gesund zu werden.
“Corey hat nichts angestellt”, versicherte sie dem Polizeichef. “Er ist nur völlig konfus, und ich … ich glaube, ich weiß, warum.”
“Und so wie es aussieht, nehmen Sie offenbar an, dass es etwas mit seinem Stiefvater zu tun hat, andernfalls wären Sie jetzt nicht hier, stimmt’s?”
Sie biss die Zähne zusammen, als sie sich daran erinnerte, was sie heute gesehen hatte. “Es deutet alles darauf hin, dass Corey misshandelt wird. Ich glaube, von seinem Stiefvater.”
Chief Harte beugte sich vor, plötzlich alarmiert wie ein Leitwolf, der eine Gefahr wittert. Sarah konnte im letzten Moment verhindern, dass sie zusammenzuckte. Sie würde nicht klein beigeben. Nicht, solange sie es in der Hand hatte.
“Das ist eine schwere Anschuldigung, Miss McKenzie. Haben Sie dafür irgendwelche Beweise?”
Allein bei dem Gedanken daran fühlte sie sich schon wieder ganz elend. “Corey ist jetzt seit zwei Wochen in meiner Klasse und …”
“Erst seit zwei Wochen?”, unterbrach er sie erstaunt. “Das Schuljahr ist nächsten Monat zu Ende. Warum kam der Junge erst so spät in Ihre Klasse?”
“Er hatte ein paar Probleme mit den anderen Lehrern. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Was mich bei der ganzen Sache wirklich beunruhigt, ist, dass er in diesen zwei Wochen zwei Mal mit einem blauen Auge in die Schule gekommen ist und einmal mit einer Platzwunde am Mund, die sogar genäht werden musste. Das ist einfach nicht normal für einen Jungen in seinem Alter.”
“Corey ist anders als die meisten Jungen in seinem Alter.”
“Zugegeben, aber er ist trotzdem immer noch ein Kind.”
Nachdem der Polizeichef sie einen Moment aus diesen blauen Augen gemustert hatte, zog er ein Notizbuch aus seiner Tasche und notierte sich etwas. “Zweimal ein blaues Auge und eine Platzwunde am Mund. Das sagten Sie doch, richtig?”
Sie nickte. “Als er das erste Mal mit einem blauen Auge ankam, fragte ich ihn, wie das passiert sei, und er antwortete extrem ausweichend. Irgendetwas davon, dass er vom Fahrrad gefallen sei. Beim zweiten Mal behauptete er, vom Baum gefallen zu sein.”
“Und bei der Platzwunde?”
“Wieder ein Sturz vom Fahrrad.”
“Vielleicht ist es ja die Wahrheit. Ich habe als Kind einmal fast einen ganzen Sommer im Krankenhaus zugebracht, weil ich einen Unfall nach dem anderen hatte.”
Vor ihrem geistigen Auge blitzte das Bild eines kleinen dunkelhaarigen Jungen mit strahlend blauen Augen und diesem schurkischen Grinsen auf, aber sie schob es schnell beiseite.
“Corey ist ein wildes Kind, Miss McKenzie”, fuhr der Polizeichef fort. “Da sind ein paar Kratzer ab und zu nur normal.”
“Aber vier ernsthafte Unfälle in nur zwei Wochen? Macht das nicht vielleicht sogar Sie ein bisschen hellhörig, Chief Harte?”
Jesse warf einen Blick in sein Notizbuch. “Vier? Sie haben aber nur drei erwähnt.”
“Zum vierten wollte ich eben kommen. Heute, in der letzten Pause, ist Corey mit seinem Hemd im Zaun hängen geblieben. Er wollte nicht, dass ich ihm helfe, aber sein Hemd war zerrissen, und so konnte ich sehen, dass er auf der Schulter mehrere Blutergüsse hatte. Wie von einer Hand, die scheußlich hart zugepackt hat.” Sie fügte nicht hinzu, dass sie diese Art Blutergüsse aus eigener Erfahrung kannte. Und dass sie sie sogar heute noch manchmal spürte, obwohl sie schon seit über einem Jahr verblasst waren.
Chief Harte atmete laut aus, und sie begann zum ersten Mal zu hoffen, dass sie vielleicht doch keine verlorene Schlacht schlug. Er schrieb noch mehr in sein Notizbuch, dann schaute er sie wieder an. “Und wie kommen Sie darauf, dass der Bürgermeister der Übeltäter ist?”
“Als Corey in meine Klasse kam, las ich mir seinen schulischen Werdegang durch. Bis zur Mitte der zweiten Klasse war er ein glänzender Schüler, mit dem kein Lehrer irgendwelche Probleme hatte. Dann aber veränderten sich sein Verhalten und seine Leistungen dramatisch, und zwar genau um die Zeit herum, in der seine Mutter den Bürgermeister heiratete. Fast über Nacht wurde aus einem intelligenten kreativen Kind ein zorniges und selbstzerstörerisches. Ich sehe da einen engen
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