Tiffany Duo Band 128
einem dumpfen Schlag landete er auf dem Rücken. Der Helm schützte seinen Kopf, und seine Jeans waren strapazierfähig genug, um seinen Hintern vor Abschürfungen zu bewahren. Sein weißes Hemd hielt den Felsbrocken und dem trockenen Gebüsch allerdings nicht stand. Hätte er die rotbraune Lederjacke angezogen, die er normaler weise beim Motorradfahren trug, wäre er unblutig aus dem Unfall her vorgegangen. Doch bei dieser brennenden Sonne war das Risiko eines Hitzschlags größer gewesen als die Begegnung mit einem Hasen.
Fluchend stand Evan auf. Seine rechte Schulter schmerzte, als wäre sie von einem Pferdehuf getroffen worden. Aber seine Knochen waren heil. Er schleuderte seinen Arm ein paar Mal im Kreis, setzte seinen Helm ab und betrachtete den Schaden an der Harley.
Die Felge des Vorderrads war beinahe in zwei Teile zerbrochen, und das Lenkrad war in einem Winkel verbogen, den die Konstrukteure gewiss nicht vorgesehen hatten. Damit konnte er unmöglich fahren.
Evan kletterte aus dem Graben, setzte seine Sonnenbrille ab und versuchte herauszufinden, wo er sich befand. Vor einer halben Stunde hatte er die Gila Bend Mountains durchquert. Die kleine Stadt LaGrange lag zehn oder zwölf Meilen hinter ihm. Und weiter vorn ...
Weiter vorn verschwand die Straße in den Hitzewellen. Yuma lag gute vierzig Kilometer weiter südlich. Dazwischen gab es ein oder zwei kleine Ortschaften, einsame Poststationen, die in der Julihitze brieten. So weit er sehen konnte, erstreckte sich ringsum die einsame Sonoran-Wüste.
Nichts bewegte sich unter der gnadenlosen Nachmittagssonne. Kein Bussard kreiste unter dem leuchtend blauen Himmel. Der Hase, der zu Evans Unfall geführt hatte, war längst verschwunden. Selbst die Klapperschlangen waren klug genug, sich tagsüber im Schatten der Felsen zusammenzurollen.
„Verdammter Mist!"
Evan konnte nur sich selber die Schuld an seiner misslichen Lage geben. Er hätte ebenso gut die Interstate von Flagstaff nach San Diego wählen können, anstatt die Wüste zu durchqueren. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, die Harley auf der Ranch zu lassen und den Flieger zu nehmen, wie Carrie ihm mehrmals verärgert geraten hatte.
Carrie verstand nicht, weshalb er trotz des äußerst wichtigen Falls, an dem sie arbeiteten, plötzlich Urlaub genommen und beinahe eine Woche auf Bar-H verbracht hatte.
Er hatte niemandem von dem Telefongespräch erzählt, das er am letzten Dienstag mit Jake geführt hatte. Erst recht nicht, dass seinem älteren Bruder zwei Mal der Hörer aus der Hand gefallen war, bevor er endlich antwortete - mit einer schleppenden rauen Stimme, die Evan kaum erkannte.
Er hatte schon lange den Verdacht gehabt, dass Jake seinen Schmerz mit einer Flasche betäubte. Alle hatten diese Befürchtung - er selber, Marsh, Reece und Sam mit ihren jeweiligen Ehefrauen. Lauren, die jüngste Hendersonfrau, hatte als Erste den Mund aufgemacht. Viel leicht, weil sie Jake auf dem Tiefpunkt seines Lebens kennen gelernt hatte und keine Entschuldigungen für seinen Schmerz gelten ließ, im Gegensatz zu der übrigen Familie. Oder es lag daran, dass die Männer, die Jakes Frau vor sechs Monaten niederschossen, auch sie hatten treffen wollen. Was immer der Grund war, sie schaute mit dem klaren Blick einer Außenseiterin in seine Seele und erkannte jene Wahrheit, welche die anderen vielleicht vermuteten, aber nicht auszusprechen wagten.
Evan hatte letzte Woche aus erster Hand erfahren, wie sinnlos es war, jemandem helfen zu wollen, der jede Hilfe ablehnte. Der letzte Streit mit Jake war ihm durch. den Kopf gegangen, als der verflixte Hase vor seine Harley sprang. Jetzt musste er den Preis für seine fehlende Konzentration zahlen.
Evan atmete tief durch und stieg in den Graben zurück. Die Hitze der Wüste sog die letzte Feuchtigkeit aus seinem Körper. Er holte eine dunkelblau- und orangefarbene Baseballkappe der San Diego Padres aus seiner Satteltasche und seufzte erleichtert auf, als der Schirm einen Großteil seines Gesichts vor der sengenden Sonne schützte. Zum Glück hatte er beim letzten Tanken zwei Flaschen Mineralwasser gekauft, bevor er die Fahrt quer durch die Wüste antrat.
Obwohl er wusste, dass es sinnlos war, versuchte Evan, mit seinem Handy zu telefonieren. Doch kein Wählton war zu hören. Die nächste Verbindungsstation war zu weit entfernt. Verärgert schaltete er das Gerät wieder ab und steckte es in seine Brusttasche zurück. An schließend trank er einen Schluck
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