Tiffany exklusiv Band 0018
sich ihre Blicke. Und für einen Moment erahnte er, was hinter der perfekten Fassade vor sich ging. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Er wollte den Blickkontakt halten, doch sie schwebte an ihm vorbei.
Jake betrachtete ihr seidiges schwarzes Haar, über das sich der hauchzarte Schleier spannte. Er hätte gern gewusst, wie er ihren Gesichtsausdruck deuten sollte und ob er auch anderen aufgefallen war. Seiner Meinung nach war das nicht die normale Nervosität bei der Hochzeit. Er kannte diesen Gesichtsausdruck, eine Mischung aus Verwirrung und Panik – ein Gefühl, das er in diesem Moment sehr gut nachvollziehen konnte.
Endlich erreichte sie den Altar und wandte sich dem hochgewachsenen Mann zu, der sie dort erwartete. Jake verkrampfte sich. Es kam ihm so vor, als würde ihm jemand ein Bild zeigen und fragen, was darauf nicht stimmte. Dann sah er das besitzergreifende Lächeln des Bräutigams und kannte die Antwort. Woher er sie wusste und wieso es überhaupt für ihn wichtig war, wusste er wiederum nicht. Doch er täuschte sich bestimmt nicht. Dieser Mann war nicht der richtige für diese Frau. Und die Braut wusste es im Grunde auch.
Jake stand mit offenem Mund da, bis er bemerkte, dass sich alle anderen gesetzt hatten. Hastig ließ er sich auf die Bank sinken, und während die beiden Heiratskandidaten einander Liebe und Treue schworen, dachte er immer wieder an dieses Gesicht und diese Augen …
„Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau.“ Die Worte des Geistlichen unterbrachen Jakes Überlegungen. Braut und Bräutigam lächelten einander an. „Sie dürfen die Braut küssen.“
Die Orgel erklang erneut in voller Lautstärke. Etwas langsamer als die anderen stand Jake auf und starrte jetzt nur auf seine Hände, mit denen er sich an der vorderen Bankreihe abstützte. Als sie endlich an der Reihe waren, führte er Tante Helen langsam hinter den aufgeregten Gästen zum Ausgang. Er fühlte sich erschöpft und ausgelaugt.
Ein an diesem Julitag angenehmer Windhauch wehte ihnen entgegen, als sie die Stufen vor der Kirche hinunterstiegen. Jake atmete tief ein und aus, um wieder zu sich selbst zu finden. Sein Jeep stand auf dem Parkplatz zwischen zwei BMWs, was ihn daran erinnerte, dass dies hier nicht seine Welt war.
Plötzlich hatte er es eilig, zum Empfang zu kommen und ein kaltes Bier zu trinken. Doch Tante Helen hatte es nicht eilig. Sie beobachtete die rührselige Parade und betupfte die Wangen mit einem Taschentuch. Jake wandte sich ab und ging einige Schritte weiter in der Hoffnung, Tante Helen würde den Wink verstehen. Sie wich jedoch nicht von der Stelle. Ungeduldig ging er zurück, hakte sich bei ihr unter und führte sie zu seinem Jeep.
Jake lockerte die Krawatte. Am liebsten hätte er sie abgenommen und damit seine reizende Tante erdrosselt. Zum Glück war das Essen fast schon vorüber. Lange würde er den Blicken seiner Tante nicht mehr standhalten, die die vorwurfsvolle Frage enthielten, warum er denn keine so wundervolle Braut fand.
Eine wundervolle Braut! Was für ein Schwachsinn!
Er wippte mit dem Stuhl und versuchte, der ganzen Sache auch gute Seiten abzugewinnen. Das Essen war besser als sonst gewesen, zu trinken war genug vorhanden, und es kostete nichts. Das Beste aber war, dass er eine Fahrgelegenheit für Tante Helen gefunden hatte. Aus Höflichkeit musste er noch einige Minuten bleiben, doch dann konnte er verschwinden.
Was, um alles in der Welt, war denn bloß in der Kirche über ihn gekommen? Er warf noch einen Blick auf Catherine Sowieso und sah rasch wieder weg. Jemand klopfte mit dem Besteck gegen sein Glas, was bedeutete, dass Mr Falsch gleich die Braut abknutschen würde, und das wollte er nicht mit ansehen.
Jake drehte sich so, dass er die Musiker besser betrachten konnte. Gereizt verschränkte er die Arme. Das entsprach alles doch gar nicht seiner Einstellung! Wenn bei einer Hochzeit jemand Mitgefühl verdiente, dann war es der arme Bräutigam, dem eine gewaltige Enttäuschung bevorstand, und nicht die Braut.
Gegen seinen Willen blickte er zum Tisch mit dem Bräutigam, der eine Brautjungfer nach der anderen küsste. Bei einer hingebungsvollen drallen Blondine hielt er sich besonders lange auf. Catherine, die Braut, nahm alles lächelnd hin und trank Champagner. Kellner im Frack eilten hin und her und versperrten Jake die Sicht. Doch sooft es ging, richtete er den Blick auf die vollen Lippen der Braut.
Bald darauf tanzte Jake mit Tante Helen, ohne sich daran zu
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