Tiffany exklusiv Band 0018
Schultertasche. Am Ende der Bar saß ein Mann Ende fünfzig in einem Rollstuhl. Neben ihm war ein Platz frei.
„Entschuldigen Sie!“ Catherine musste wegen eines nahen Lautsprechers fast schreien. „Sitzt hier jemand?“
Der Mann lächelte. „Hoffentlich Sie.“
„Danke.“ Catherine schwang sich auf den Hocker, sah sich um und suchte ein bekanntes Gesicht. Aber warum? Sie wollte doch in einem lauten Lokal sein, in dem sie niemanden kannte.
Sie dachte an Jake, sein gut geschnittenes Gesicht und das blonde Haar und musste lächeln. Im Townsend Hotel hatte er sich im Anzug bestimmt so fehl am Platz gefühlt wie sie hier im Designer-Aufzug.
Catherine sah sich noch einmal um und gab dann enttäuscht auf, stützte sich auf die Theke und lächelte dem Mann im Rollstuhl zu.
„Barmann!“, rief er. „Das hübsche Mädchen hier sieht durstig aus!“
Catherine warf einen Blick auf seinen Rollstuhl. Unter der braunen Decke über seinem Schoß ragten keine Beine hervor. Bevor sie überlegen konnte, welches Unglück den Mann getroffen hatte, tauchte vor ihr eine gebräunte Hand auf und legte eine Serviette auf die Bar.
„Jake!“ Catherine versuchte, die Freude über das Wiedersehen zu verbergen. Was machte er hinter der Bar? Jackett und Krawatte hatte er abgelegt und die Hemdsärmel bis zu den Ellbogen hochgerollt.
„Was kann ich für Sie tun?“ Er lächelte breit und dachte dabei wahrscheinlich an ihre Bemerkung über das Lokal.
Catherine bemühte sich, so zu tun, als wäre heute kein besonderer Abend. „Ich möchte etwas Kaltes und Feuchtes, wovon man schrecklich dick wird. Ich lasse mich überraschen.“ Jake nickte, und sie sah ihm nach, ehe sie sich dem Mann im Rollstuhl zuwandte.
„Sie kennen Jake?“, fragte er. „Ich habe Sie noch nie hier gesehen.“
„Ich bin nicht gerade ein Stammgast. Wir sind uns heute zufällig über den Weg gelaufen. Er sagte, dass er herkommt, aber ich wusste nicht, dass er arbeiten muss.“
„Er muss nicht arbeiten, er will.“
Sie wollte schon fragen, was er damit meinte, als Jake wieder zu ihr kam.
„Hier bitte. Bailey’s on the rocks.“
Sie kostete. „Mmm … sehr gut.“ Vergeblich versuchte sie, in seinen dunklen Augen zu lesen. „Woher wussten Sie, dass ich Bailey’s mag?“
„Das weiß man eben, wenn man diesen Job so lange macht wie ich.“
Jake ging ans andere Ende der Bar, und Catherine ließ die Schultern hängen. Großartig! Vorhin hatte ein erfolgreicher Anwalt sie sitzen gelassen. Und sie wandte sich ausgerechnet an einen Barmixer. Hinter ihr legte sich der Geiger ins Zeug, während die Sängerin ihr Klagelied schmetterte. Catherine ließ die Eiswürfel rotieren und starrte in ihr Glas. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, hierher zu kommen.
„Ich dachte, Jake wäre heute Abend bei einer Hochzeit“, sagte der Mann neben ihr.
Catherine nahm erst noch einen Schluck. „Das war er auch, aber die Feier endete vorzeitig.“ Sie spielte mit dem Strohhalm und biss das Ende ab. Vielleicht fühlte sie sich besser, wenn sie ins Freie ging und einen Urschrei ausstieß.
„Ach, dann waren Sie auch dort?“
Sie lachte leise. „O ja, ich war auch dort.“ Wenn sie sich recht erinnerte, hatte Jake mit einer wesentlich älteren Frau getanzt. Sie drehte sich auf dem Hocker. „Sie scheinen Jake gut zu kennen. War er mit seiner Mutter bei der Hochzeit?“
Der grauhaarige Mann schüttelte den Kopf. „Kaum!“ Sein Lächeln schwand. „Wahrscheinlich meinen Sie seine Tante Helen.“
„Noch eine Cola, Sarge?“, rief Jake vom anderen Ende der Bar.
„Sicher. Und bring noch einen Drink für …“ Er sah Catherine fragend an.
„Catherine … Catherine Mason“, erwiderte sie lächelnd.
„Einen Drink für Catherine.“
„Danke.“
„Gern geschehen.“ Jetzt lächelte der grauhaarige Mann wieder. „Hätte ich noch zwei gesunde Beine, würde ich Sie zum Tanzen auffordern. Beim Twostep war ich gut. Können Sie Twostep?“
Sie lachte. „Nein.“ Ohne zu überlegen, schnitt sie das heikle Thema an. Die Mischung von Champagner und Bailey’s lockerte ihr die Zunge. „Sarge. Dem Namen nach zu schließen waren Sie bei der Armee?“ Er nickte, und sie wagte die nächste Frage. „Haben Sie dabei …?“
„Vietnam. Ist schon Ewigkeiten her.“
Jake kam mit den Drinks, und Catherine glaubte zu sehen, wie die beiden Männer sich mit Blicken verständigten. Gleich darauf wandte Jake sich einem anderen Gast zu, als wäre sie gar nicht
Weitere Kostenlose Bücher