TIFFANY EXKLUSIV Band 02
lernen. Sie hatte im Restaurant bedient und sogar ab und zu das Putzgeschwader verstärkt, wenn jemand krank war. Außerdem hatte sie an der Rezeption gearbeitet, Automaten repariert, Gästen zusätzliche Handtücher aufs Zimmer gebracht und sogar ein- oder zweimal den Kofferträger gespielt. Es gab nie einen Zweifel daran, dass sie nach dem College und ihrer Ausbildung zur Köchin ins Kerrigan zurückkehren würde.
Und nun kam dieser gut aussehende dunkelhaarige Fremde, lehrte sie in einer zauberhaften Nacht Dinge der Liebe, von denen sie bisher nichts geahnt hatte, und wollte ihr am anderen Tag alles nehmen, an dem ihr Herz hing?
„Keine Chance, Robert Kendall“, murmelte sie entschlossen. Sie würde es nicht zulassen.
6. KAPITEL
Sie kam nicht. Robert hätte es sich ja gleich denken können. Trotzdem hatte er sich um Mitternacht in die Hotelküche geschlichen. Um halb eins gestand er sich endlich ein, dass er umsonst hoffte, Ruthie würde auftauchen.
Er fluchte leise und versuchte, einen der großen Kühlschränke zu öffnen. Er war abgeschlossen. „Das hat sie bestimmt absichtlich gemacht.“
Es war verrückt gewesen, hierherzukommen. Nach dem katastrophalen Meeting heute Morgen konnte er wohl schlecht annehmen, dass Ruthie sich mit ihm treffen würde.
Während der gesamten Konferenz war er sich allzu bewusst gewesen, dass Ruthie nur darauf wartete, dass er bei seiner Präsentation Fehler machte. Sofort hakte sie ein, und wenn es ausnahmsweise nichts auszusetzen gab, sah er, wie sich ihre Lippen in stummem Protest bewegten.
Nach dem Meeting versuchte er sie abzupassen und wartete vor der Tür, obwohl sich die Familienmitglieder noch eine ganze Weile berieten und es irgendwie lächerlich war, auf dem Flur herumzustehen.
Monica hatte ihn einfach stehen lassen und war auf ihr Zimmer gegangen. Anscheinend nahm sie an, ihn zu ignorieren und anzuschweigen sei das beste Mittel, ihn dafür zu bestrafen, dass er sie versetzt hatte. Er fragte sich, warum Frauen überhaupt zu diesem Mittel griffen. Seine Mutter benutzte es gegenüber seinem Vater, seine Schwägerinnen gegenüber seinen Brüdern. Monicas Schweigen jedoch kam Robert nur recht.
Als sich die Tür des Konferenzraums endlich öffnete und die Sinclairs einer nach dem anderen langsam herauskamen, dauerte es noch eine ganze Weile, bis Ruthie erschien. Robert musste sich einige äußerst misstrauische Blicke von den übrigen Familienmitgliedern gefallen lassen. Wahrscheinlich fanden sie es seltsam, dass er sich hier immer noch aufhielt.
Endlich kam auch Ruthie, und Robert begriff sofort, wie äußerst wirksam das Schweigen einer Frau sein konnte. Sie segelte an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, und verschwand hinter einer Tür, auf der ‚Privat‘ stand.
Erst später am Nachmittag gelang es Robert, Ruthie vor dem Hotelaufzug abzufangen. Er überfiel sie mit einem Wortschwall, entschuldigte sich, bat sie, ihn anzuhören.
Sie sagte kein Wort, und als der Lift endlich kam, nutzte sie das gleichzeitige Erscheinen des Kofferträgers, der mit einem Gepäckwagen herankam, um im Aufzug zu verschwinden. Robert, von dem Gepäck am Zusteigen gehindert, hatte das Nachsehen.
Danach gelang es ihm für den Rest des Tages nicht, sie wiederzusehen. Er nahm an, dass sie nach Hause gefahren war. Soweit er sich erinnerte, wohnte sie nicht weit entfernt.
Zu glauben, dass sie die Verabredung um Mitternacht einhalten würde, war illusorisch. Er ärgerte sich ein wenig darüber, dass sie ihm die Schuld für den drohenden Verlust des Hotels in die Schuhe schob. Schließlich hatte nicht er über Jahre hinweg Misswirtschaft betrieben!
„Ich muss verrückt sein, dass ich sie überhaupt wiedersehen will“, sagte er laut.
Doch es half nichts. Er sehnte sich nach ihrer Stimme, ihrem Lachen, den Grübchen in ihren Wangen, nach der Hingabe und Leidenschaft, derer sie fähig war, wenn sie sich liebten. Ja, er wollte sie lieben. Er wollte vor allem, dass sie dabei weder beschwipst noch schlaftrunken von irgendeinem Medikament war.
Robert lehnte sich mit geschlossenen Augen gegen den Küchenblock und ließ die Ereignisse der vergangenen Nacht an sich vorüberziehen. Es war traumhaft gewesen. Er hatte nicht gewusst, dass es eine solche Erfüllung geben konnte. Und dazu noch zwischen Menschen, die sich kaum kannten.
Robert Kendall glaubte nicht an Liebe auf den ersten Blick. Doch was er für Ruthie Sinclair empfand, war definitiv mehr als erotische Anziehung. Er
Weitere Kostenlose Bücher