TIFFANY EXKLUSIV Band 03
Fähigkeit wieder.“
„Du meinst, er hat sich emotional abgekapselt?“
„Das auch, im weitesten Sinne. Nein, ich meinte, er hat es verloren. Er wurde verrückt, drehte völlig durch. Ich habe noch nie jemanden so leiden sehen. Du hast sicher davon gehört, was er tat? Am Wolf Peak?“
Izzy schüttelte den Kopf.
„Man hatte die Selbstmordpiste gleich nach Judith’ Tod gesperrt“, erklärte Harry. „Sie war das achtzehnte Lawinenopfer in jenem Jahr in Colorado, und es wurde Druck ausgeübt, die gefährlichsten Pisten für die Öffentlichkeit zu sperren. Also stellte man große orangefarbene Warnschilder auf.“
„Und Clay hat sich über die Sperre hinweggesetzt?“
Harry nickte ernst. „Er brach das Tor auf und fuhr die Piste hinunter.“
„Weshalb?“
„Weil Judith sie immer hatte bezwingen wollen. Es hatte ihr viel bedeutet. Deshalb beschloss er, sie für Judith zu bezwingen.“
„Die Strafe war ihm egal?“, wollte Izzy wissen.
„Sein Leben war ihm egal. Er fuhr die Piste direkt nach einem Schneesturm, als die Lawinengefahr am größten war. Er wusste es, aber er tat es trotzdem.“
„Gab es eine Lawine?“
„Nein, aber das war pures Glück. Die Piste ist berüchtigt für ihre Lawinen. Wenn du mich fragst, war es ein Wunder, dass er es überlebt hat.“
„Bekam er Ärger?“
„Ja, er musste eine Strafe von tausend Dollar zahlen.“
Izzy fühlte sich benommen. „Aber heute ist er nicht mehr so verantwortungslos, oder?“
„Es hat sich schon gebessert“, beruhigte Harry sie. „Aber für meine Begriffe geht er noch immer zu viele Risiken ein.“
„Das finde ich auch.“
Harry musterte sie. „Du liebst ihn sehr, nicht wahr?“
Izzy war erschrocken. „Ich … natürlich bedeutet er mir etwas …“
„Ach komm schon, es steht dir förmlich ins Gesicht geschrieben.“
„Nein!“
Harry legte sich lachend auf den Boden. „Du glaubst, du kannst es verbergen, wie? Clay glaubt auch, er sei cool, aber ich durchschaue ihn. Du bedeutest ihm mindestens so viel wie Judith, sogar noch mehr. Du hast ihn ebenfalls verändert. Er ist bis über beide Ohren verliebt, und er kämpft mit aller Macht dagegen an.“
„Du interpretierst das falsch, Harry.“
Harry lachte spöttisch. „Ich irre mich nicht bei Menschen. Ich weiß, was ich weiß.“ Sie wollte widersprechen, doch er hielt sie zurück. „Du protestierst ein bisschen zu heftig. Es muss dich schlimmer erwischt haben, als ich dachte.“
Er hatte recht, aber es zuzugeben wäre töricht. Die einzige Möglichkeit, wie Izzy sich an diesem Punkt schützen konnte, war, einfach zu leugnen, was zwischen ihr und Clay vorging, bis die Sache beendet war. Denn sie würde enden. Früher oder später würde die Ehe ihren Zweck erfüllt haben, und sie könnten sich eine nette kleine Scheidung leisten.
„Offenbar willst du mir nicht das letzte Wort lassen“, sagte sie, verstaute den Ordner in ihrer Aktentasche und ging zur Tür. „Von mir aus denk, was du willst.“
Er grinste und winkte ab. „Das tue ich immer.“
„Das ist es!“, verkündete Izzy und zeigte aus dem Fenster auf der Beifahrerseite. „Das ist das Haus.“
„Welches?“ Clay verlangsamte die Fahrt bis auf Schritttempo und sah zu den Doppelhäusern. Bis zu diesem Nachmittag war er noch nie in South Ozone Park gewesen, und es schien, als unterschieden sich die Häuser immer weniger voneinander, je weiter sie in den alten Stadtteil Queens kamen.
„Das rote“, meinte Teddy, die auf dem Rücksitz saß.
„Schau mal, sie haben für uns Platz auf der Auffahrt gelassen“, sagte Izzy.
Clay war froh, nicht in der engen Straße parken zu müssen, denn das wäre angesichts der vielen Autos schwierig geworden. Irgendjemand musste hier eine Party geben; so viele Leute konnten unmöglich zum Sonntagsdinner bei den Fabrionis sein.
Sofort kamen Jungen vom Kleinkind- bis zum Teenageralter angerannt und umringten staunend den weißen BMW, als sei in Queens gerade eine fliegende Untertasse gelandet. „Mann, guck dir das an!“ „Wahnsinn! Joey! Paulie! Kommt mal her!“ „Ist das Ihr Wagen, Mister?“ „Das ist doch der Mann von Tante Izzy, du Dummkopf!“ „Weiß ich doch. Tolles Auto, Mister.“
„Er heißt Clay, Kinder“, sagte Izzy.
Die Jungs begrüßten ihn flüchtig und richteten ihre ganze Aufmerksamkeit wieder auf den Wagen.
„Es ist ein bisschen kühl hier draußen“, meinte Clay, obwohl es ein milder Februartag war. Er öffnete die Fahrertür. „Wenn sich
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