TIFFANY EXKLUSIV Band 04
filigranen Schatten der Bäume auf dem schimmernden Wasser. Sie setzte sich auf den Stein und hielt die Hand mit dem schmerzenden Daumen in das eiskalte Wasser. Das tat gut. Sie legte sich auf den Bauch, ließ die Hand ins Wasser hängen und hörte dem leisen Plätschern des Flusses zu. Der Stein war ein klein wenig warm, und sie musste daran denken, dass Logan und sie ihn manchmal während des Tages mit Wasser hatten abkühlen müssen, weil er zu heiß war, um sich darauf setzen zu können.
Allmählich löste sich ihre Anspannung, und die strikten Anweisungen ihrer Mutter erschienen ihr nicht mehr wichtig. Sie sollte sich nicht so über ihre Mutter aufregen. Sie hatte doch vorher gewusst, worauf sie sich einließ, wenn sie in diesem Jahr die Königin spielte. Sie würde es schon ertragen, zwei Wochen lang im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens von Belle Rive zu stehen. Zwei Wochen waren schließlich keine Ewigkeit.
Für ihre Mutter war es so wahnsinnig wichtig, dass eine ihrer Töchter die diesjährige Magnolien-Königin war, und Amber wollte tun, was von ihr in dieser Situation erwartet wurde. Sie würde lächeln und strahlen und so reizend zu den Touristen sein, dass die Wirtschaft von Belle Rive ordentlich angekurbelt wurde.
Ihr Daumen tat nicht mehr weh, und sie schloss die Augen und genoss die Stille. Sie war nur selten allein hier gewesen, und wenn, dann auch nur für wenige Minuten, bevor Logan kam. Aber meistens war er schon vor ihr da gewesen und hatte ihr etwas Kaltes zu trinken anbieten können.
Hier, unter der Steinplatte, hatte er die Dosen oder Flaschen immer festgebunden, und in Erinnerung daran, rutschte sie vor und griff tief in das kalte Wasser. Tatsächlich, da hingen zwei Flaschen!
Amber lachte überrascht auf und zog eine Flasche heraus. „Wie lange du hier wohl schon bist?“, fragte sie laut, während sie versuchte, das Etikett zu entziffern.
Ein dumpfer Aufprall. Dann sagte eine Stimme: „Etwa eine Stunde.“
Erschrocken fuhr sie herum. Eine dunkle Gestalt löste sich aus dem Schatten des Baumhauses. In Sekundenschnelle schossen ihr die fürchterlichsten Szenen aus irgendwelchen Horrorfilmen durch den Kopf. Sie war allein hier, und kein Mensch wusste, wo sie war. Sie umfasste die Bierflasche fester, bereit, sie dem dunklen Mann bei erster Gelegenheit über den Kopf zu schlagen.
Der Mann blieb stehen. „Hallo, Amber. Herzlich willkommen.“
6. KAPITEL
„Logan! Hast du mich erschreckt!“
„Ich habe schon die ganze Zeit überlegt, wie ich mich bemerkbar machen könnte, ohne dich zu erschrecken.“
„Vom Baumhaus herunterzuspringen war keine so gute Idee.“
„Tut mir leid.“ Logan nahm Amber die Bierflasche aus der Hand, öffnete sie und gab sie ihr zurück.
Amber nahm einen großen Schluck. Immer noch zitterte sie. Aber vielleicht nicht nur, weil sie sich erschreckt hatte. Auch Logan hatte sich umgezogen. Er trug Jeans wie sie, hatte aber sein weißes Oberhemd noch an und lediglich den Kragen geöffnet und die Ärmel hochgekrempelt. Das war sozusagen eine Mischung aus dem alten und dem neuen Logan. Eine sehr attraktive Mischung. Er streckte sich lang auf dem Felsen aus und zog die andere Bierflasche aus dem Wasser. So wie sie es früher immer getan hatten, saßen sie nebeneinander und betrachteten schweigend den Mond, der sich immer mal wieder hinter Wolken versteckte.
„Das ist schön“, sagte Logan schließlich.
„Es war immer schön.“
„Die Stille, meine ich. Du hast früher eine ganze Menge geredet.“
Das stimmte. Ewig hatte sie gejammert und geklagt und von einem anderen Leben geträumt. „Ich musste heute schon so viel reden, dass ich froh bin, mal nichts sagen zu müssen.“
Er lächelte.„Ich habe nicht damit gerechnet, dass du kommst.“
„Ich auch nicht.“
Wieder schwiegen sie. Dann fragte er: „Warum bist du gekommen?“
„Warum du?“
„Ich kann hier immer am besten nachdenken, das weißt du doch.“
„Ja, und ich hätte mir gleich denken sollen, dass du dich von einem Zaun nicht abhalten lassen würdest, hier einfach einzu
dringen.“
Logan trank einen Schluck Bier. „Wer ist hier eingedrungen?“
Amber lachte. „Wir.“
„Du vielleicht, ich nicht.“ Er wandte sich zu ihr um, aber sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen. „Das Land gehört mir.“
„Dir?“
„Ja.“
Amber war vollkommen verblüfft. „Wieso? Seit wann?“
„Das war mein Honorar für die Verkaufsvermittlung der alten Batteriefabrik. Du
Weitere Kostenlose Bücher