Tiffany Exklusiv Band 06
offenem Mund anstarrte. Sie suchte nach Worten, und ihr Blick fiel auf die leere Schale auf dem Tisch. „Ich … Könnten Sie uns bitte noch etwas zum Knabbern bringen?“
Der gut aussehende Kellner nickte. „Kein Problem.“
Devin O’Malley hatte Mühe, sich wieder in den Griff zu bekommen. Frauen erregten sonst nur selten seine Aufmerksamkeit. Seit Jahren konzentrierte er sich zu sehr auf sein Geschäft, um das nötige Interesse für Liebesbeziehungen aufzubringen. Aber das hinderte die Frauen natürlich nicht daran, ihn zu bemerken, und wenn sie den ersten Schritt machten, hatte er nichts dagegen, auf ihr Spielchen einzugehen. Er hatte viele Frauen wie diese Dunkelhaarige, die Rachel hieß, gehabt und wusste, dass ihr großspuriges Gerede über Sex fast immer in lustvolle Seufzer und hingebungsvolles Stöhnen überging, sobald das Licht gelöscht wurde.
Doch noch nie hatte es ihm schon eine solche Freude gemacht, eine Frau bloß anzusehen, wie nun bei dieser zierlichen Blondine mit den warmen braunen Augen. Und er hatte sich auch schon ewig nicht mehr die Frage gestellt, wie er es anstellen sollte, sich mit einer Unbekannten zu verabreden.
Aber jetzt fragte er sich, wie ihm das bei dieser Frau gelingen könnte.
Sylvia war ihr Name. Sie war nicht klassisch schön. Jeder ihrer Gesichtszüge wies, für sich betrachtet, Mängel auf. Ihre braunen Augen standen zu weit auseinander, die Brauen waren eine Spur zu dunkel für die blonden Locken, und ihre Nase war ein klein wenig gebogen. Aber als Ganzes betrachtet war ihr Gesicht unwiderstehlich. Für ihn stellte sie die Verkörperung all seiner Träume dar.
Ihre Freundin hatte gesagt, sie brauche einen Mann. Nun, er hatte vor, sich um die Stellung zu bewerben.
„Gib mir ein paar Nüsse, Jerry“, sagte Devin, als er hinter den Mahagonitresen trat.
„Sie sind im Lager. Soll ich gehen?“
„Nein, lass nur“, antwortete Devin, weil er ein paar Minuten brauchte, um seinen nächsten Schritt zu planen.
Im Vorratsraum herrschte ein unübersichtliches Durcheinander. Devin fand die Nüsse schließlich unter einem Stapel Speisekarten.
„Larry? Der Staatsanwalt? Der hat keine Ausstrahlung. Dem würde niemand glauben, dass er Alexander ist.“
Devin ließ fast die Tüten fallen. Diese sanfte Stimme, das war sie! Er hatte vollkommen vergessen, dass die dünne Wand des Vorratsraums direkt an Nische zwölf angrenzte.
„Er wäre aber ideal dafür“, entgegnete Rachel.
„Die Leute haben eine bestimmte Vorstellung von Alexander. Nicht jeder kann seinen Part spielen.“
Wer immer dieser Alexander sein mochte, er schien Sylvia sehr zu imponieren. So ein Glückspilz! Devin schüttelte den Kopf. Was dachte er sich bloß dabei, eine Frau, die er nicht kannte, zu belauschen und eifersüchtig auf einen Mann zu sein, dem er noch nie begegnet war?
„Du spinnst, Dev“, murmelte er.
„Das kannst du laut sagen“, erklärte Jerry.
Devin fuhr herum und legte einen Finger an die Lippen.
„Keine Angst“, versicherte Jerry. „Die Geräusche dringen nur nach innen. Frag mich nicht, warum. Ich wollte nur …“
Devin hob die Hand. Die Frauen sprachen wieder.
„Dann bist du mit dem Vorschlag also einverstanden?“, fragte Rachel.
„Nein, überhaupt nicht.“ Das war Sylvia. „Wie könnten wir, selbst wenn er vom Aussehen her perfekt wäre, sicher sein, dass er unser Geheimnis wahrt? Außerdem wäre es doch Betrug, oder?“
„Betrug? Und was ist das, was wir die ganze Zeit schon tun?“
„Nichts“, antwortete Sylvia. „Montgomery L. Alexander ist doch nur das Pseudonym, hinter dem ich mich verberge.“
„Ich will verdammt sein!“, flüsterte Jerry. „Wer hätte gedacht, dass Montgomery Alexander eine Frau ist?“
Devins Herz schlug schneller. Ein zufriedenes Lächeln glitt über sein Gesicht, und er hätte beinahe laut gelacht. Es gab gar keinen Alexander! Das war bloß ein Pseudonym!
Seine Reaktion war absurd, und er wusste es. Sylvia kannte ihn nicht einmal. Und nur weil es keinen Alexander gab, würde sie ihm, Devin, noch lange nicht in die Arme sinken. Was änderte es also schon, ob dieser Alexander aus dem Rennen war? Nicht das Geringste.
Trotzdem. Der Teil seines Gehirns, der für Logik zuständig war, musste Urlaub genommen und seinen Hormonen die Kontrolle überlassen haben. Denn sein einziger Gedanke war, dass es nach Alexanders vorzeitigem Ableben nun einen Konkurrenten weniger für ihn gab.
Jetzt musste er sich nur noch überlegen, wie er
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