Tiffany exklusiv Band 19
erkennen, dass sie rot wurde. „Ja, danke“, rief sie zurück. Sorgfältig faltete sie die Wegbeschreibung und steckte sie in ihre Tasche.
Je mehr sie sich dem Blockhaus und damit Archer näherte, desto größer wurde ihre Unruhe. Es war vielleicht doch ein Fehler, einen Mann um Rat zu fragen. Wenn Crystal, ihre beste Freundin, nicht gewesen wäre, hätte sie das alles wahrscheinlich auch nicht gemacht. Sie war sich nicht sicher, wovor sie mehr Angst hatte: vor dem, was Archer insgeheim dachte, oder von ihm zu hören, dass sie nicht weiblich genug, nicht mütterlich genug oder stark genug sei, um ein Kind großzuziehen. Vielleicht würde er ihr aber auch das erzählen, was sie bereits vermutete; dass sie nicht hübsch genug, sexy genug, klug genug sei, um einen Mann zu halten. Die letzten fünf Jahre hatten sie nämlich genau das gelehrt. Jetzt musste sie herausfinden, was sie dagegen unternehmen konnte. Sie wollte endlich heiraten und ein Kind bekommen – vielleicht sogar mehrere.
„Hallo“, meinte Archer, als sie am Haus ankam. Ausgiebig betrachtete er sie von oben bis unten.
„Selber hallo“, sagte sie und studierte ihn auf die gleiche Art. Irgendwie fürchtete sie dabei jedoch, dass sie das, was sie sah, sehr viel mehr zu schätzen wusste als er. Sie war im Vergleich zu Archer geradezu langweilig. Er war stark und männlich. Und einschüchternd. Außerdem strahlte er eine starke, elementare Sinnlichkeit aus.
„Sind Sie schon lange hier?“, fragte sie.
„Seit einer Stunde ungefähr.“ Er schaute sich um und dann wieder zu ihr. „Sieht ein bisschen anders aus als New York, oder?“
„Das kann man wohl behaupten. Zur Abwechslung finde ich es aber ganz nett, solange ich zurückfahren kann.“ Sie stellte ihren Koffer vor die Eingangstür und gesellte sich zu ihm. Als sie tief Luft holte, wurde sie sich der sauberen Luft bewusst. „Ich würde die Abgase und den wunderbaren Abfallgeruch vermissen.“
Er lachte. „Und den Verkehrslärm und das Gehupe an den Straßenkreuzungen.“
Sie musste auch lachen. „Sind Sie schon im Haus gewesen?“, fragte sie.
„Ja, warten Sie nur ab. Es ist völlig anders als alles, was Sie je in Manhattan gesehen haben, es sei denn, Sie sind ab und zu bei alten Hippies in Greenwich Village zu Besuch“, meinte er mit einem kleinen Grinsen.
„Hört sich interessant an.“
„Haben Sie Ihre Freundin gar nicht mitgebracht?“
Er sprach von Crystal. Alle Männer mochten ihre Freundin, und sie konnte es ihnen noch nicht einmal verübeln. Sie mochte Crystal auch. Crystal war schön, witzig und zehnmal so sexy wie sie. Aber Crystal wollte nicht heiraten und auch keine Kinder bekommen. Nie. Ironischerweise bekam sie trotzdem ständig Heiratsanträge.
„Crystal hat bei der Auktion nicht mitgesteigert.“
„Sie sah auch nicht so aus, als hätte sie es nötig.“
Das tat weh. Schließlich hatten noch andere, hübschere Frauen als sie, Melody, mitgeboten. Diese Frauen hatten es sicher auch nicht nötig gehabt, sich einen gut aussehenden Mann zu kaufen.
Archer schien sich seines Fauxpas gar nicht bewusst zu sein. „Also, Miss Chase. Sind Sie bereit für all das, was Sie sich von diesem Wochenende erhoffen?“ Seine Stimme klang tief, sexy und ein bisschen amüsiert.
„Ich bin bereit.“
„Und was erwarten Sie sich?“
„Gute Unterhaltung, interessante Einsichten, Austausch von neuen Ideen und Antworten auf ein paar Fragen.“
„Wow“, sagte er staunend. „Und das alles an einem Wochenende?“
Sie sagte nichts dazu. Stattdessen neigte sie den Kopf und schaute ihn neugierig an. „Und was ist mit Ihnen, Archer? Was erwarten Sie sich von diesem Wochenende?“
Er zögerte nicht. „Großartige Fotos. Genauso wie der Fotograf, der von den Organisatoren der Alphabetisierungskampagne geschickt wird, um Aufnahmen von uns zu machen.“
Melody nickte.
„Außerdem Gespräche mit einer Frau, die nicht weiß, was sie möchte.“ Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, was sonst noch. Ich bin aus wohltätigen Zwecken hier.“
„Und wegen der Publicity“, warf sie ein.
„Vielen Dank für den Hinweis“, erwiderte er trocken. „Aber deshalb bin ich nicht hier. Ich bin hier, weil ich es unterstütze, dass Menschen lesen lernen. Um ihnen die Möglichkeit zu geben, zu erfahren, wie es ist, wenn man das erste Mal etwas aus einem Buch lernt oder durch das Lesen in fremde Länder entführt wird.“
„Um geistigen Müll zu produzieren und so zu tun, als wäre es
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