Tiffany Extra Band 01
landen, dann ging es weiter nach Lexington. Derek hatte einen Wagen gemietet, der sie zur Ranch fahren würde. Ursprünglich hatte er darauf bestanden, sie zu begleiten, aber sie hatte sein Angebot abgelehnt, denn es würde ihren Abschied nur noch schwerer machen.
Auf Angel Cay hatten sie zusammen eine traumhafte Zeit gehabt. Dabei hatte sie erkannt, dass sie etwas Besseres verdient hatte, als das, was Jeffrey ihr zu bieten hatte. Und obwohl sie hoffte, sich eines Tages zu verlieben, durfte sie sich für Derek solche Gefühle nicht erlauben.
Bei ihrem Zusammensein hatten sie das Pferd von hinten aufgezäumt. Sie wusste alles über seinen Körper, aber nichts über ihn. Wo hatte er studiert? Was war seine Lieblingsfarbe, seine Lieblingsmusik? All das war wichtig zu wissen – doch sie hatten einfach keine Zeit gehabt. „An welchem College hast du eigentlich studiert?“
Er schien erschrocken über ihre plötzliche Frage. „Was?“
„College“, wiederholte sie. „Wo hast du studiert?“
„Columbia, New York City. Und ein Aufbaustudium in Yale. Und du?“
„University of Kentucky. In Lexington.“
„Aha. Und welche Hauptfächer hattest du?“
„Pferdewissenschaft und Management“, antwortete sie. „Warum?“
„Ich bin nur neugierig. Wie heißt dein Vater?“
„George Robertson.“
„Und die Ranch, auf der du lebst?“
„Beresford Farms.“ Sie runzelte die Stirn. „Wir wissen überhaupt nichts voneinander, stimmt’s?“
„Nein, anscheinend nicht. Aber ist das wirklich wichtig?“
„Nicht unbedingt, doch es gehört doch irgendwie zu uns.“
Damit hatte sie natürlich recht. Nachdenklich stand er auf und setzte sich näher zu ihr. „Ich weiß, dass wir uns in vielerlei Hinsicht fremd sind, und je mehr wir uns von der Insel entfernen, desto größer wird auch der Abstand zwischen uns.“
„Ich weiß“, murmelte sie traurig.
„Du bist mir in den drei Tagen nähergekommen als jede andere Frau.“
„Sich kennenzulernen, braucht viel Zeit – aber die haben wir nicht.“
„Wir haben noch eine ganze Stunde. Frage mich irgendetwas. Und sage mir alles. Du hast mir deine Träume beschrieben, erzähle mir jetzt von deinen Ängsten.“
„Wir könnten uns während der letzten Stunde auch einfach küssen“, schlug sie vor, denn eine Unterhaltung war das Letzte, was sie wollte. Doch ein kurzer Blick machte deutlich: Er ließ ihr keine Wahl. Sie holte einmal tief Luft. „Es gab Zeiten, ziemlich oft sogar, da waren wir … heimatlos. Der Truck war unser einziges Zuhause. Damit fuhren wir durchs Land auf der Suche nach Arbeit. Manchmal hätte das Geld für ein Motel gereicht, aber mein Vater hat es vertrunken oder auf der Rennbahn verspielt.“
Schweigend zog Derek ihre Hand an seine Lippen und küsste sie. Ihre Erinnerungen konnte man nicht mit Worten auslöschen – erst recht nicht, wenn sie aus seinem Mund kamen.
„Manchmal ging mein Dad nachts in eine Bar. Ich habe mich dann im Wagen eingeschlossen und unter einer Decke verkrochen, weil ich Angst hatte, es könnte jemand vorbeikommen und mich belästigen. Danach sind wir auf einer Farm gelandet, deren Besitzer für einen Pferdetransporter mehr ausgegeben haben, als wir in fünf Jahren verdient hätten. Die Pferde waren wertvoller als wir.“
„Tess, ich …“
„Ich beklage mich nicht“, unterbrach sie ihn. „Das hat mich stark gemacht. Und inzwischen läuft es ja viel besser. Mein Job macht mir Spaß, und ich habe einen guten Ruf. Eine Menge Leute können solche traurigen Geschichten erzählen. Aber viele von ihnen sagen, dass man Glück nicht kaufen kann. Wer weiß, ob unser Leben so viel schöner gewesen wäre, wenn wir im Geld geschwommen wären?“
„Es hätte zumindest ein bisschen helfen können.“
Sie zuckte nur mit den Schultern. „Ich weiß, wie ich mich so ganz alleine im Truck gefühlt habe. Ich dachte immer, wenn ich ein richtiges Zuhause hätte, würde ich alles tun, um es zu behalten. Deswegen wollte ich Jeffrey heiraten.“
„Solche Sorgen brauchst du dir nicht mehr zu machen. Du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du etwas brauchst.“
Die restliche Zeit verging wie im Flug – diesmal im wahrsten Sinne des Wortes. Sie hatten sich über allerlei Belangloses, aber nichts Wichtiges unterhalten. Dennoch hatte Tess das Gefühl, dass jeder ein bisschen mehr über den anderen wusste – wenigstens über die Dinge, die ihr Leben ausmachten.
Ehe sie sichs versah, standen sie auf der Rollbahn vor einem
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