Tiffany Lieben & Lachen Band 0006 (German Edition)
Eheversprechen förmlich aus der Kapelle zum Ausgang.
Mrs American Gothic hob die Braue, als sie Drake erkannte. “Sie waren doch vorhin erst hier.”
Drake bemerkte aus dem Augenwinkel, wie einer der Gangster in ihre Richtung kam. Er musste die Frau retten.
“Ach, immer war ich nur Trauzeuge”, erwiderte er. “Bis jetzt.” Er wandte sich an seine zukünftige Braut. “Liebling”, sagte er in seinem besten schmeichelnden Ton, den er normalerweise für “Lass uns ins Schlafzimmer gehen” und nicht für “Lass uns in die Kirche gehen” reserviert hatte. “Wir sind die Nächsten.” Er legte den Arm um sie und zog sie eng an sich, sodass man möglichst wenig von ihrem Gesicht sah.
Als er einen kurzen Blick zurückwarf, stellte er fest, dass der Gangster mit den Eichhörnchenbacken sie beobachtete. Sein Kumpel begutachtete ein Elvis-Gemälde an der hinteren Wand.
Mrs American Gothic drehte sich um und deutete mit einer Geste ihrer knochigen Hand an, dass Drake und Miss Strassschuh ihr folgen sollten.
Mit einem Ruck öffnete sie die Türen, die in der gleichen Metallicfarbe wie die Außentüren gestrichen waren, und bedeutete ihnen mit einem autoritären Kopfnicken hineinzugehen.
Sobald das Paar die Kapelle betreten hatte, schloss sie die Tür und klatschte in die Hände. “Wollen Sie den Hochzeitsmarsch oder ‘I’ll Be Loving You’?”
“Den Hochzeitsmarsch”, antwortete Drake. Denn den werden wir jetzt gleich am Pfarrer vorbei und zur Hintertür hinaus machen, fügte er in Gedanken hinzu.
Sie schob eine Kassette in den Rekorder. Drake nutzte die Gelegenheit und führte die Braut über den schmutzigen Teppich. Der Pfarrer, der noch immer so mürrisch dreinblickte wie vorhin, stand auf seiner erhöhten Kanzel im hinteren Teil der Kapelle und sprühte sich Atemauffrischer in den Mund.
Drake und seine Scheinbraut erreichten die Kanzel in halsbrecherischem Tempo. Der Pfarrer in seinem grauen Anzug, der zu seinem gekräuselten grauen Haarkranz passte, hielt erstaunt inne.
“He, Moment mal!” Er machte eine Stoppbewegung wie ein Verkehrspolizist. “Dies ist eine Hochzeit, Kinder, kein Notfall.”
“Für uns schon”, erwiderte Miss Strassschuh.
Als Drake abrupt stehen blieb und seine Braut fast mit ihm zusammenprallte, ging knarrend die Tür zur Kapelle auf. Drake schaute zurück und erkannte das Eichhörnchen. Der Gangster schien die Frau zu erkennen und kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.
Drakes Griff um ihren Ellbogen wurde fester. Er sah hinter die Kanzel. Die Tür, an die er sich erinnerte, war nur wenige Meter entfernt. Ein schmaler Streifen Sonnenlicht schien unter der Tür hindurch; sie führte also nach draußen. Gut. Drake atmete die angehaltene Luft aus und wandte sich wieder an den Pfarrer, der sich räusperte.
“Die gemeinsame Reise durchs Leben beginnt mit diesem ersten Schritt”, hob er in ernstem Ton an.
Drake schaute erneut über die Schulter. Der kleine Gangster fing seinen Blick auf und schob sein Jackett zurück, unter dem eine Pistole in einem Halfter zum Vorschein kam.
“Ihre Trauzeugen mögen vortreten”, erklärte der Pfarrer.
Erschrocken sah Drake wieder zu ihm. “Trauzeugen?”
“Trauzeugen?”, wiederholte Miss Strassschuh mit großen Augen.
“Das sind nicht unsere Trauzeugen”, erklärte Drake rasch und legte beschützend den Arm um die Frau. Er spürte, wie sie zitterte. Sie hatte recht. Er musste sie hier herausbringen, bevor der Hochzeitsmarsch zum Trauermarsch wurde.
“Um ehrlich zu sein”, fuhr er in vertraulichem Ton fort, “kennen meine Verlobte und ich die beiden gar nicht. Sie sind ein schwules Pärchen, das uns in die Kapelle gefolgt ist. Sie sagten, sie würden sich Kirchen ansehen wegen ihrer bevorstehenden Heirat. Fragten uns nach Hochzeitstipps aus. Sie wissen schon, wo man das Aufgebot bestellt, wohin man am besten in die Flitterwochen fährt.” Er hatte sich so tief in Lügen verstrickt, dass er ebenso gut alles auf eine Karte setzen konnte. Indem er seine Braut an sich drückte, verkündete er: “Sie ist schwanger und fühlt sich nicht gut. Können wir die Prozedur daher beschleunigen?”
“Schwan…?” Mrs American Gothic schien außer Stande, das Wort auszusprechen. “Ich werde Ihr Zeuge sein”, erklärte sie dann nüchtern. “Im Übrigen führen wir keine Trauungen für Homosexuelle durch.” Sie sah auf das zeltartige Kleid von Miss Strassschuh. “Aber für heterosexuelle Paare ja.” Mit wissendem Blick
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