Tiffany Lieben & Lachen Band 0006 (German Edition)
nicht.” LuLus Worte klangen bestimmt. “Außer aus einer Laune heraus einen Fremden, wenn mein Leben auf dem Spiel steht.”
Sie wollte ihre Hand zurückziehen, doch er hielt sie fest. “Tut mir leid.” Grundgütiger, nie hatte er das aufrichtiger gemeint. LuLu war der letzte Mensch auf der Welt, dem er wehtun wollte. “Wenn es je eine Frau gegeben hat …”
“Lassen wir das.” LuLu schüttelte heftig den Kopf. “Das habe ich alles schon erlebt. Ich kann die Wahrheit ertragen. Ich ziehe sie sogar vor.”
“Die Wahrheit lautet, dass meine Vergangenheit mir im Weg steht. Ich wurde der Mann im Haus, als ich zehn war. Meine Mutter machte zwei Jobs, um fünf Kinder versorgen zu können. Es war hart. Nie war genug Geld da. Ich schwor mir, nie zu heiraten und eine Familie zu gründen. Denn was wäre, wenn mir etwas zustieße? Ich kann die Vorstellung nicht ertragen, eine Familie in einer ähnlichen Situation zurückzulassen.”
Einen langen Moment saßen sie einfach mit ineinander verflochtenen Fingern da. “Ich könnte es auch nicht ertragen, meine Vergangenheit zu wiederholen”, gestand LuLu. “Meine Mutter und mein Vater waren ständig unterwegs. Mein bester Freund war mein Fernseher. Nachdem meine Eltern bei einem Autounfall starben, zogen Gramps und Suzie bei uns ein und kümmerten sich um mich. Zum ersten Mal erlebte ich, was es bedeutete, eine richtige Familie zu haben. Nicht im traditionellen Sinn, aber wie in Mayberry …” Sie erschrak; offenbar hatte sie mehr gesagt, als sie wollte.
“Mayberry?”
Nach kurzem Zögern antwortete sie: “Ja, Mayberry. Meine Stadt.”
Ihre Stimme klang, als käme sie von weit her. Vielleicht, weil sie in Gedanken in ihrer Traumwelt war. “Erzähl mir von Mayberry”, drängte er sie sanft. “Wieso gehören drei Leute dazu?”
“In Mayberry gab es Opie, Aunt Bee und Andy Griffith. Ich liebte diese Serie. Weil meine Eltern ständig unterwegs waren, schaute ich fast ständig TV. Aber als Gramps und Suzie einzogen, wollten sie nicht, dass ich mein Leben mit Sitcoms und Soap Operas verbrachte, und so nahmen sie mir den Fernseher weg.”
“Das muss hart gewesen sein.”
“Grandma Suzie tröstete mich, indem sie mir eine kleine Stadt aus Holz bastelte, um mir meine Lieblingsstadt aus dem Fernsehen zu ersetzen.”
“Mayberry. Und du, Gramps und Suzie wart zu dritt, genau wie Andy Griffith, Aunt Bee und Opie.”
“Ja.”
“Aber Suzie ist …”
LuLu nickte, da sie die angedeutete Frage verstand. “Heute sehe ich die drei Personen anders. Jetzt sind es ich, Gramps und ein Baby.”
“Ein Baby?”
“Ich möchte eines adoptieren. Viele alleinstehende Frauen machen das heutzutage.”
“Ich mag Kinder auch, aber wieso willst du nicht auf den Richtigen warten und selbst eine Familie gründen? Die Welt ist schon grausam genug, auch ohne dass man ein Kind allein großzieht.” Drake merkte sofort, dass er mit dieser Bemerkung danebengetreten hatte. Selbst im Mondlicht erkannte er, wie LuLu sich versteifte. Trotzig hob sie das Kinn.
“Tut mir leid”, sagte er und hielt ihre Hand fest, die sie zurückzuziehen versuchte. “Ich habe zu viele schlechte Erinnerungen daran, da meine Mutter eine alleinerziehende Frau war. Ich weiß nicht, wie oft ich nach dem Tod meines Vaters die Kerzen auf meinem Geburtstagskuchen ausgepustet habe mit einem einzigen Wunsch: ‘Ich will meinen Dad zurück’.” Er beugte sich vor und flüsterte: “Aber ich sollte dich nicht dafür verurteilen, dass du ein Kind willst. Ich entschuldige mich.”
Ihre Miene entspannte sich. Er glaubte sogar ein kleines Lächeln über ihr Gesicht huschen zu sehen. “Es überrascht mich, dass du keine Kinder willst”, sagte sie leise. “Du wurdest gut fertig mit diesen Jungs auf dem Parkplatz. Sie waren bestimmt nicht leicht in den Griff zu bekommen, aber du hast es geschafft.”
“Das liegt an meiner freiwilligen Arbeit bei einem Theaterprojekt für Kinder – dort muss ich auch oft Streitereien schlichten. Irgendwann wäre ich gern Kinderpsychologe. Ich möchte Kindern helfen, die – wie ich früher – es nicht leicht haben und ein wenig Anleitung und Führung brauchen.”
LuLu nickte zustimmend. “So verschieden sind wir gar nicht. Wir wollen beide Kindern etwas Gutes tun.”
“Und wir wollen noch etwas: ein Leben ohne Not.”
“Und ohne Einsamkeit.”
Schweigend saßen sie eine Weile da und hielten sich an den Händen. Draußen war in der Ferne das Rauschen des Verkehrs zu
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