Tiffany Lieben & Lachen Band 0006 (German Edition)
davon machen und es ihren Eltern schicken, damit sie sich endlich keine Sorgen mehr machten. Und sie selbst konnte endlich die eiserne Regel vergessen, dass es genau dreißig Sekunden dauert, bis die ersten Erfrierungserscheinungen an entblößten Körperteilen auftreten.
“Bleibt ihr hier, um euch die Parade anzuschauen?”, fragte Elaine und gab Melina die Quittung.
“Eigentlich wollten wir gleich heimfahren”, erwiderte Melina. Im Hintergrund hörte sie die ersten Klänge eines Parademarschs, den die Kapelle spielte. “Wieso bist du eigentlich nicht auf einem der Umzugswagen?”, fragte sie Elaine.
“Es ist dieses Jahr zu kalt. Deshalb müssen sie mich an der Straßenecke festnehmen.” Elaine nahm einen langen lila Mantel, der zu ihrem Samtkleid passte. “Mein Bestechungsgeld habe ich dabei.”
Es war Brauch, die Rendezvous-Königin und die Honoratioren der Stadt festzunehmen und sie dann im Ballsaal in einer nachgebauten Gefängniszelle einzusperren. Dort durften sie sich gegen Bestechungsgeld freikaufen. Der Erlös wurde für wohltätige Zwecke verwendet.
Elaine schmunzelte. “Ich hoffe, die Handschellen, mit denen man mich fesselt, gehören einem gut aussehenden Mountie. Und ich hoffe außerdem, dass er gern tanzt.”
Melina lächelte, obwohl sie einen Stich der Eifersucht spürte. Sie freute sich für Elaine, aber wenn sie daran dachte, in Kürze zu Hause allein den Eintopf vom Vortag zu löffeln, regte sich doch ein bisschen Neid auf die Freundin in ihr.
“Also, bleibt ihr zur Parade?”, fragte Elaine und ließ ihren Blick von Melina zu Jeannie und wieder zurück wandern.
“Melina soll hierbleiben”, sagte Jeannie. “Ich gehe rüber zu Helen. Sie kann mich später heimfahren.”
“Ich fahre dich zu Helen”, bot Melina an.
Jeannie schüttelte den Kopf. “Das wäre ja noch schöner – wenn ich nicht einmal mehr eine halbe Meile laufen könnte, um eine Freundin zu besuchen. Das Einzige, worum ich dich bitte, ist, dass du das Hundefutter zu mir auf die Ranch bringst.”
“Kein Problem.” Melina winkte, als Jeannie den Laden verließ.
“Was sagst du nun, Melina?” Elaine zwinkerte ihr zu, während sie den obersten Knopf ihres Mantels schloss. “Man kann nicht immer nur arbeiten. Man muss sich auch mal vergnügen.”
“Ich vergnüge mich oft genug”, gab Melina halbherzig zurück. Sie fand nicht, dass sie so furchtbar asketisch lebte, auch wenn das letzte Mal, dass sie etwas nur zum Spaß getan hatte, schon ziemlich lange zurücklag. Vielleicht war es Zeit, mal ein bisschen zu entspannen.
Sie war allerdings nicht gerade für eine Party angezogen. Ihr Skianzug verbarg ihre Figur unter einer dicken Daunenschicht, und ihre Snowboots erlaubten gerade, dass sie stapfte, und nicht ging, geschweige denn, dass sie darin tanzen konnte. Wie lange war es her, seit sie mal was Nettes angehabt oder sich geschminkt hatte? Heute fühlte sie sich absolut rebellisch. Wahrscheinlich hatte sie einen Hüttenkoller. Das konnte schon mal passieren, wenn man zu lange ganz allein in der Einöde lebte.
“Nicht oft genug”, bemerkte Elaine lächelnd.
Melina warf ihr einen herausfordernden Blick zu. “Das letzte Mal, als ich mit dir beim Rendezvous-Festival unterwegs war, endete der Abend damit, dass wir einem Männerstrip zusahen.”
“Er war irgendwie süß. Außerdem trug er einen Stringtanga”, entgegnete Elaine unbeeindruckt, während Melina allein bei der Erinnerung daran rot wurde.
Der junge Mann mochte hübsch gewesen sein, aber Melina war die ganze Situation peinlich gewesen. Ihre einzige Erfahrung mit einem nackten Mann beschränkte sich bislang auf eine Collegeparty. Es war dunkel gewesen, und sie hatte ein ziemliches Quantum Punsch intus gehabt. Sie hatte nicht beabsichtigt, ihren Horizont in Bezug auf Erotik in einer Horde kreischender Frauen zu erweitern.
Wenn das nächste Mal ein nackter Mann im Spiel war, wollte sie allein mit ihm sein. Vorzugsweise in einem schönen, bequemen Bett, und im Hintergrund die große Badewanne, voll mit schaumgekröntem, warmem Wasser …
“Oh, schau mal!” Elaine stellte sich auf die Zehenspitzen, um einen besseren Blick auf die Straße zu haben. “Sie haben die Straße blockiert. Dein Wagen sitzt fest. Das muss eine göttliche Fügung sein.”
Melina wandte sich um, damit sie sehen konnte, was genau Elaine meinte. Es handelte sich weniger um göttliche Fügung als um ein paar Clowns, die ihre Barrikaden genau vor Melinas Pick-up errichtet
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