Tiffany
Nummer vierundzwanzig klebte ein handgeschriebenes Schildchen: Fikker/Kool.
Ich stieg hinauf in die zweite Etage und gelangte in einen Flur mit grau marmoriertem Betonfußboden, einer vergitterten Lampe an der Decke und drei Türen. Es gab keinen Spion, und ich klingelte drei Mal ganz kurz. Ein alter Trick aus meiner Vergangenheit: Einmal klingelte vielleicht die Steuerfahndung, aber ein willkürliches Klingelsignal, vereinbart oder nicht, erweckte den Eindruck, dass ein Bekannter oder ein fester Kunde vor der Tür stand.
Zwei Riegel wurden zurückgeschoben, und ich rammte mit der Schulter die Tür, sobald sie einen Spalt weit geöffnet wurde. Jemand stieß einen Schrei aus und stolperte rückwärts. Ich trat die Tür hinter mir zu. In dieser Wohngegend brauchte man sich um ein bisschen Lärm nicht zu scheren.
Ein molliger junger Mann mit einem blonden Lockenkopf, gekleidet in etwas, das ich zu meiner Abscheu als meergrüne Latzhose identifizierte, versuchte, auf Händen und Knien von mir wegzukriechen. Er stieß einen erneuten Schrei aus, als ich ihn mit einer Hand an seinen Locken packte und ihm mit der anderen mein Messer an die Kehle setzte.
Mein Taschenmesser eignete sich eher als Nagelreiniger denn als Mordwaffe, aber der Junge glaubte offenbar, dass schon die geringste Bewegung ihn den Kopf kosten könne und erstarrte in seiner Kriechhaltung. Er sah nicht aus wie der Straßendealer in dem besetzten Haus, und daher nahm ich an, dass er Fikkies Freund war. Ich wunderte mich darüber, dass der Dealer auf den Tumult hin nicht erschien; er musste entweder völlig stoned sein oder nicht zu Hause.
»Wie heißt du?«, schnauzte ich den Jungen an.
»Frits«, stammelte er verängstigt.
Ach Gottchen. »Und wo ist der andere Frits?«
»Weiß ich nicht.«
Ich presste meine Messerspritze etwas fester in seine Haut und dachte an Aids und Unfallverhütung. »Dein Höschen wird Blutflecken kriegen«, sagte ich. »Und das zieht die Fliegen an, wenn man damit spielen geht.«
Frits stolperte über seine Worte. »Er ist vor einer halben Stunde weggegangen, er musste jemanden bezahlen, ich weiß nicht wen.«
»Gut so. Rühr dich nicht vom Fleck.« Ich nahm das Messer von seinem Hals weg, hielt ihn aber weiterhin an den Locken fest. Er starrte, gehorsam auf allen vieren verharrend, auf den Kokosläufer im Hausgang. »Frits hatte also genügend Geld, um seine Schulden zu bezahlen. Wie viel war es?«
»Er hat alles mitgenommen, es ist nichts im Haus«, flüsterte er. »Ich kann dir ein paar Hundert von mir geben.«
»Wie ist er an das Geld gekommen?«
Er legte sein Gesicht in Denkfalten, als versuche er dahinter zu kommen, was genau ich wollte. »Ich kann dir helfen, ein paar Gramm aufzutreiben«, bot er an.
Er quiekte, als ich mit einem Ruck an seinen Locken riss. »Ich weiß nicht, was mit den Menschen heutzutage los ist«, sagte ich. »Sie können einfach keine Fragen mehr beantworten. Wie ist der andere Frits an das Geld gekommen?«
Er schwieg dickköpfig, und ich ließ ihn die Spitze meines Messers spüren. »Frits ermordet mich«, quietschte er daraufhin. »Ich kann ihn nicht verpfeifen!«
»Frits hat nichts von mir zu befürchten. Es geht mir um den Kunden. Es war doch ein Kunde da?«
Er traute sich kaum, zu nicken, aus Angst, das Messer könne seine Haut durchdringen. »Frits ist sein ganzes Koks auf einen Schlag losgeworden«, gab er dann zu.
»Was für Koks?«
»Gestrecktes Dreckzeug. Frits wollte es gerne loswerden.«
»Warum?«
»Schwöre mir, dass du kein Bulle bist.«
Ich seufzte. »Auf das Grab meiner Mutter. Was Frits anstellt, ist mir völlig wurst. Aber du wirst in der nächsten Minute hier auf der Kokosmatte liegen und verbluten, wenn du mich noch länger zum Narren hältst.«
»Okay, okay«, sagte er ängstlich. »Er hat es vor ein paar Wochen von einem Den Haager Dealer gekauft. Billig. Frits hatte noch nie zuvor so viel auf einem Haufen gesehen. Es dachte, das wäre sein großer Glückstreffer, bis er auf der Straße von ein paar Junkies, die das Zeug von ihm gekauft hatten, zusammengeschlagen wurde. Er hatte ihnen gleich gesagt, dass es nicht die beste Qualität war, wirklich wahr, Frits bescheißt niemanden, aber dieses Mädchen hat sich überhaupt nicht darum geschert.«
»Welches Mädchen?«
»Eine Kundin. Sie bedrohte ihn mit einer Pistole. Sie wollte die Adresse von seinem Dealer haben, weil sie eine bestimmte Menge Drogen brauchte. Frits sagte, sie könne ihn mal, falls sie
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