Tiffany
das gehofft?«
»Meulendijk hat gute Kontakte zu den Justizbehörden. Das könnte von Vorteil sein. Von wem hast du denn dann davon gehört?«
»Ich bin durch eine heroinabhängige Hure darauf gestoßen, die bewusstlos vor meiner Haustür lag.« Ich erzählte ihm ein paar Einzelheiten, bis er mich irgendwann sehr nachdenklich und gefährlich lange anschaute, sodass ich froh war, dass so wenig Verkehr herrschte. »Manche Typen ziehen ja solche Dinge förmlich an«, meinte er.
»Hast du das auch in der Herengracht gehört?«
Er grinste, aber glücklicherweise wieder mit Blick nach vorn. »Wo steckt Tiffany denn jetzt?«
»Treibt sich irgendwo auf der Straße rum, und zwar mit meiner Pistole und genügend gestrecktem Koks, um dafür zwölf Jahre hinter Gitter zu wandern.«
»Aha«, sagte Brendel. »Starrst du deshalb so abwesend vor dich hin?«
»Ich weiß zwar nicht, wohin wir unterwegs sind, aber eigentlich wäre es wichtiger, sie zu suchen.« Tatsächlich hatte ich andauernd unbewusst irgendwelche Passanten angestarrt, auf der Suche nach Tiffany. Erst als Brendel in eine stille Allee einbog, erkannte ich mit einem kleinen Schrecken die Umgebung wieder.
»Was soll das werden?«
»Eine Anhörung der Gegenpartei.«
»Halt sofort an.«
Brendel schwenkte hinüber zu den Alleebäumen und trat auf die Bremse, als die Reifen des Jaguars quietschend am Bordstein entlangschleiften. »Was hattest du denn erwartet?«, fragte er. »Ich befolge lediglich die Grundregeln des Journalismus.«
»Hier geht es aber nicht um eine Reportage«, sagte ich. »Hier geht es um kriminelle Machenschaften, für die die Justizbehörden zuständig sind, das weißt du genauso gut wie ich. Deshalb hast du doch auch nach Meulendijk gefragt.«
»Hast du eine bessere Idee?«, fragte Brendel trocken.
Ich biss mir auf die Lippen. Wir hatten kaum mehr in der Hand als unzusammenhängende Informationen, Vermutungen und einen Brief, den jeder geschickte Rechtsanwalt mit einem Streich vom Tisch fegen würde. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ich mit kaum mehr als einigen Hinweisen bei Polizeichefs oder den Justizbehörden angeklopft hätte, aber in diesem besonderen Fall, ohne Augenzeugen, Mordwaffen mit Fingerabdrücken oder anderen hieb- und stichfesten Beweisen würde jeder Staatsanwalt mindestens ein halbes Jahr lang zögern, bevor er sich überhaupt des Falles annahm.
»Wie sieht dein Plan aus?«, fragte ich deshalb. »Diese Anhörung der Gegenpartei?«
Fred ignorierte meine Ironie. »Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, was man damit manchmal erreichen kann.«
Sein Vorhaben war nicht schwer zu erraten. Den General alarmieren, nervös machen, zu Reaktionen verleiten. »Weiß er, dass er Besuch bekommt?«
»Nein, ich dachte mir, los, es ist der erste Mai, dann ist der Kerl nicht im Ministerium und sitzt stattdessen zu Hause bei einem späten Frühstück.«
»Das ist riskant«, gab ich zu bedenken. »Ich weiß nicht, ob ich dabei sein möchte.«
Fred grinste und setzte den Jaguar wieder in Bewegung. »Dafür ist es jetzt zu spät. Das hättest du früher sagen müssen.«
Ein echter Komiker. »Ich glaube, das Reden werde ich lieber dir überlassen.«
»Das solltest du auch.«
Er setzte den Blinker und wir fuhren zwischen den grollenden Löwen hindurch auf die Betonbunker-Villa zu. Bevor er ausstieg, holte Fred einen kleinen Rekorder aus seinem walnussholzverkleideten Handschuhfach und steckte ihn in die Tasche.
Der General persönlich öffnete uns die Tür.
»General Grimshave?«, fragte Fred, als habe er nicht schon Dutzende Fotos von ihm gesehen.
»Ja?« Der General blickte stirnrunzelnd von Fred zu mir. In Wirklichkeit wirkte er weniger beeindruckend als auf den Fotos. Zwar besaß er noch immer denselben kräf tigen Körperbau und die stramme Haltung, doch irgend wie war der stählerne Glanz ein wenig verblasst, seit er als Beamter im Ministerium arbeitete und die Herausforde rungen des Soldatenlebens weniger ernst nahm.
»Mein Name ist Brendel«, sagte Fred. »Hätten Sie viel leicht einen Augenblick Zeit für uns?«
»Worum geht es denn?«
Fred zögerte, also sagte ich: »Um die Anhörung der Gegenpartei.«
Der General ließ seinen von buschigen Augenbrauen überschatteten Blick zu mir wandern und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch in diesem Moment tauchte die üppige Gestalt Floras hinter ihm auf. Ihre Augen hinter den Brillengläsern begannen zu glänzen, sobald sie mich erkannte.
»Hi, John«, rief
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