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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Mann oder eine Frau?«
    »Eine Frau.«
    Tiffany, dachte ich bei mir. Sie versetzt den Dürer, kehrt zurück zu ihrem Boot, findet ihre tote Kollegin. Sie flüchtet entsetzt, ruft aber die Polizei an. Warum? Um die Leiche von ihrem Boot zu kriegen. Was sonst hätte sie tun sollen?
    Ich fuhr in das nächtliche Stadtzentrum hinein. »Was war die Todesursache?«
    »Genickbruch.« Bart drehte sich um und langte über die Sitzlehne nach hinten. Madonna umklammerte wie in einem Reflex ihre Tasche, ließ aber, nachdem Bart einmal kräftig daran gezogen hatte, den Riemen von ihrem Handgelenk rutschen.
    Bart öffnete die Tasche und kontrollierte mithilfe seiner Taschenlampe den Inhalt. Kommentarlos zeigte er mir ihre Karte vom Sozialen Beratungszentrum. Der Name, den sie angegeben hatte, machte einen ebenso falschen Eindruck wie ihre Wimpern. Madonna Jansen. Die Sozialarbeiter prüften so etwas nicht nach; sie könnten ihren Job nicht machen, wenn sie sich wie Polizisten verhielten. Wollten die Frauen anonym bleiben, brauchten sie nur sämtliche Papiere zu vernichten, auf denen in irgendeiner Form Informationen über ihre Identität vermerkt waren. Solange ihre Fingerabdrücke nicht polizeilich erfasst waren, konnten sie nur aufgespürt werden, wenn sie selbst dazu beitrugen.
    Wir fuhren sie nach Hause, zu einem baufälligen, besetzten Haus im heruntergekommenen Teil der Remkade. Lichtstrahlen sickerten hier und dort durch vernagelte Fenster, Fahrräder waren an Eisengitter angekettet, Autowracks standen am Ufer des Kanals. Bart ließ den Blick am Gebäude hinaufwandern. »Vielleicht sollten wir da drin mal eine Razzia veranstalten«, murmelte er.
    Ich nahm ihm die Tasche von den Knien und gab sie Madonna zurück. Sie zitterte, und ich wusste, dass sie es gar nicht erwarten konnte, sich von meinem Geld den Stoff für einen extra Schuss zu kaufen. »Geh nur«, sagte ich. »Und vielen Dank für deine Hilfe.«
    Bart drehte sich um. »Diese Fleur, das war doch eine Freundin von dir?«
    Mit abwesendem Blick fixierte Madonna den Türgriff.
    Barts Stimme wurde freundlicher. »Sie hat doch Eltern, Verwandte. Die möchten doch bestimmt wissen, dass sie tot ist und sie beerdigen. Hör dich doch mal um«, bat er, »nach ihrem wirklichen Namen, ihrer Adresse. Hier ist meine Karte. Bitte ruf mich an, wenn du etwas erfährst.«
    Seine Karte verschwand in Madonnas Tasche. Sie nickte uns schüchtern zu und stieg aus dem Wagen. Sie überquerte die Uferstraße, die Arme um die Schultern geschlungen, und verschwand im Haus.
    Ich ließ den Motor an. »Ich glaube nicht, dass sie sich bei dir melden wird.«
    Bart starrte mürrisch vor sich hin, als ich ihn zum Präsidium zurückbrachte. Erst in der Herengracht brach er sein Schweigen. »Was hast du denn eigentlich für ein Problem?«, fragte er mich.
    »Ich habe gar kein Problem.«
    »Wozu brauchst du mich dann?«
    »Ich suche Tiffany.«
    »Hast du denn nichts Besseres zu tun?«
    Ich ignorierte seinen aggressiven Tonfall. »War das eben der Autopsiebericht, den du da gelesen hast?«
    »Ja, jemand hat ihr das Genick gebrochen«, antwortete Bart. »Genau an der richtigen Stelle, Nerven und Wirbel durch, ziemlich sauber für einen Psychopathen.«
    »Ein Profi?«
    »Tja, wenn man das wüsste. Es gibt auch Zufallstreffer. Im Moment läuft ein Typ frei herum, der Amsterdam von einem Problem befreien will. In diesem Fall wäre Fleur Nummer vier.«
    »Passt sie in sein Verhaltensmuster?«
    Bart zuckte mit den Schultern. »Bisher ist kein Muster erkennbar. Eine lag im Wasser, eine wurde in einer dunklen Gasse erwürgt, eine mit einem Stilett im Amsterdamer Wald erstochen, und jetzt wurde einer auf einem Hausboot das Genick gebrochen. Keine Fingerabdrücke und ein solches Durcheinander am Tatort, dass man einen Hellseher bräuchte, um herauszufinden, was eine Spur ist und was nicht.«
    »Um welche Uhrzeit wurde Fleur ermordet?«
    »Um vier Uhr nachts.«
    »Ist sie missbraucht worden?«
    Er warf mir einen spöttischen Blick zu. »Kann es sein, dass du übermüdet bist? Wir reden hier über eine drogensüchtige Hure. Sogar Vergewaltiger benutzen in diesem Fall ein Kondom, wenn sie nicht von allen guten Geistern verlassen sind. Keine Spermaspuren in der viel benutzten Vagina, wenn du das wissen willst.«
    Ich biss die Zähne zusammen. »War ihre Tasche weg?«
    Er nickte. »Ich werde den Namen Fleur auf jeden Fall weitergeben, vielleicht hat sie mal an einem Methadonprogramm teilgenommen. Manchmal hören die

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