Tiffany
Befruchtung und so weiter. Bis sie schließlich entdeckten, dass nicht eine lebende Eizelle zu finden war. Die Ärztin hat mir außerdem erklärt, dass Frauen mit diesem Problem sich oft so sehr ein Kind wünschen, dass sie eine Scheinschwangerschaft entwickeln, bei der sogar der Bauch dicker wird und die Brüste anschwellen. Ich habe ihr nicht erzählt, was Tif sich alles einfallen ließ.« Seine Miene wurde ernster. »Natürlich war das sehr schlimm für Tif, das gebe ich zu, aber deswegen gleich so verrückt zu werden, dass man ignoriert, was die Ärzte sagen und allen anderen die Schuld gibt …«
»Aber damals wäre es doch vielleicht auch schon mit einer Eizellenspende …«, begann ich. »Und eine Adoption?«
Dirk starrte mich mit abwesendem Blick an. »Ich kam nach Hause und sagte: Tif, wir müssen mal miteinander reden, ich bin bei deiner Frauenärztin gewesen. Sie fing sofort an zu schreien und wollte mir überhaupt nicht zuhören. Mit ihr sei alles in Ordnung. Sie bräuchte kein Kind von jemand anderem zu adoptieren, wenn sie doch eigene bekommen könne. Doktor Harteveld sei eine Idiotin, sie sei schon längst bei besseren Ärzten gewesen. Es läge nicht an ihr, sondern an mir, ich sei eben ein Schlappschwanz, der keine Kinder zeugen könne.«
»Hat sie gesagt, wer diese anderen Arzte waren?«
Er schüttelte resigniert den Kopf. »Es gab keine anderen Ärzte, und das Gespräch war damit beendet. Die Ehe auch. Das war ja das Verrückte, weiß du. Ihr Geheimnis war herausgekommen. Einerseits wusste sie, dass sie keine Kinder bekommen konnte, und andererseits wusste sie es auch wieder nicht. Für sie gab es gar kein Geheimnis, mit ihr war alles in Ordnung. Ich hatte den Eindruck, sie glaubte das wirklich, aber mit mir konnte sie nicht mehr länger zusammen sein. Sie zog sofort zu einer Freundin, und einen Monat später waren wir geschieden.«
Tiffany saß mit einem Buch unter der Stehlampe in Margas Rattanstuhl am Kamin. Sie stand sofort auf und rief fröhlich: »Hi!«, als ich hereinkam. Sie trug ihr hellblaues Kleid, hatte sich die Haare gebürstet und sich mit einem Hauch Lidschatten und geranienfarbenem Lippenstift zurechtgemacht, als wolle sie irgendetwas beweisen, oder einfach, weil sie sich wirklich besser fühlte.
In der Küche roch es nach gebratenen Eiern. Ich hatte seit dem Frühstück nichts als Kaffee, jungen Genever und nochmals Kaffee zu mir genommen und hatte einen Bärenhunger. »Hast du dir Eier mit Speck gemacht?«
»Ich durfte leider nicht auf dich warten.« Sie roch nach Veilchen. »Soll ich dir auch eins machen? Roher Schinken ist da.«
Sie legte Salatblätter auf einen Teller, strich Butter auf Graubrotscheiben, schnitt eine Tomate auf, fischte saure Gurken aus einem Glas und setzte frischen Kaffee auf, während ich Eier in eine Pfanne schlug und mich fragte, wie ich es ihr beibringen sollte.
Ich hatte Ninas ›etwas‹ gefunden, die Ursache. Die Quelle von Tiffanys Qualen war schlicht und einfach eine verrückte Stiefmutter, die ihr das Leben zur Hölle gemacht hatte, tagein, tagaus, mit kleinen Sticheleien und schweren Vorwürfen, und der es schließlich sogar gelungen war, ihr den Vater abspenstig zu machen, ihren einzigen Halt nach dem Tod ihrer Mutter.
Trees musste Madelon von Anfang an gehasst haben. Zum einen, weil sie ein Kind war, wie sie es selbst nie würde bekommen können, und vor allem aber auch deswegen, weil sie der lebende Beweis dafür war, dass ihr zweiter Mann sehr wohl Kinder zeugen konnte. Allein durch ihre Existenz hatte es die Stieftochter Trees unmöglich gemacht, Pieter die Schuld in die Schuhe zu schieben, wie sie es drei Jahre lang mit diesem gutmütigen Kerl von Dirk veranstaltet hatte.
Auf dieser Welt liefen wirklich die schrägsten Vögel herum.
Ich betrachtete Tiffany. Sie war kein Kind mehr; in diese Rolle würde sie nie mehr zurückschlüpfen können. Unter den Bistrolampen über Margas Marmor-Anrichte sah man deutlich, dass ihre hässliche, teigige Hautfarbe praktisch verschwunden war und ihre Augen klar blickten, als habe sie ihre schlimmen Erinnerungen für eine Weile in tieferes Wasser verbannt. Diese Momentaufnahme zeigte eine junge Frau, die es schaffen würde, wieder normal und gesund zu werden.
»Was hast du gerade gelesen?«
»Vertragen wir uns denn wieder?« In ihrem Lächeln lag etwas Schalkhaftes.
»Warum sollten wir uns denn nicht vertragen?«
»Du hast die ganze Zeit Streit gesucht und warst heute Nachmittag am Telefon
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