Tiffany
so.«
»Haben Sie Trees geheiratet, weil sie schwanger war?«
»Ich war verrückt nach ihr. Germaine, Madelons Mutter …«
»Ja, ist schon gut«, unterbrach ich ihn. »Germaine hatte gehofft, dass Sie ein berühmter Musiker werden, aber stattdessen endeten Sie als Stehgeiger. Sie stammte aus der besseren Gesellschaft, und Ihre Ehe war bereits in die Brüche gegangen. Ihre Tochter aber hing an ihrer Mutter, und ihr Tod war ein schwerer Schlag für sie. Sie heirateten eine Serviererin, die Madelons Mutter nicht das Wasser reichen konnte, und diese Serviererin war auf Madelon neidisch, auf ihre bessere Herkunft, die Kreise, in denen sie verkehrt hatte. Sie konnte sich nicht mit ihr messen, und deshalb richtete sie ihren ganzen Hass auf sie und versuchte, sie kaputt zu machen, anstatt zu versuchen, das Mädchen zu verstehen und für sich zu gewinnen. Und Madelon fand sie ihrerseits – was? Vulgär?«
Ein Auto hielt auf dem Parkplatz, und ein Ehepaar stieg aus. Cornelius schaute zu ihnen hinüber, als würden sie ihm einen willkommenen Grund zur Flucht bieten. »Ich muss arbeiten«, sagte er. »Was wollen Sie von mir?«
»Diese Fehlgeburten«, sagte ich. »Was genau hat sich da abgespielt?«
»Das erste Mal … Ich dachte, dass es nicht Madelons Schuld sein konnte. Sie war noch keine dreizehn, so etwas wäre ihr gar nicht in den Sinn gekommen. Sie war nur bockig und ungehorsam, vor allem, wenn ich nicht zu Hause war. Ich versuchte, sie …« Er schüttelte den Kopf. »Ich konnte Tiffany einfach nicht von ihrer Unschuld überzeugen.«
»Jetzt bringen Sie mich doch nicht durcheinander. Sie meinen Trees?«
Meine wütende Stimme erschreckte ihn. »Trees hat sich so sehr ein Kind gewünscht«, fuhr er fort. »Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Madelon … Aber als es zum zweiten Mal geschah, musste ich meiner Frau Recht geben. Die beiden kamen immer weniger miteinander aus. Ich konnte nichts dagegen unternehmen, ich saß zwischen zwei Stühlen, es hat mich ganz verrückt gemacht. Bestimmt habe ich auch Fehler begangen, aber wenn Madelon in der Schule oder bei Freunden war, habe ich mich wunderbar mit meiner Frau verstanden. Sobald sie dann nach Hause kam, schlug die Stimmung um. Meine Frau hat furchtbar darunter gelitten.«
»Im wievielten Monat war sie beim zweiten Mal?«
»Man sah noch kaum etwas, ich glaube, sie war im dritten Monat, genau wie beim ersten Mal. Ich war gerade in Belgien, als sie mich anrief. Sie war ganz außer sich und schrie: ›Sie hat unser Kind ermordet!‹ Ich bin sofort nach Hause gefahren, sie hatte viel Blut verloren und weinte und jammerte, Madelon hätte ihr in den Bauch getreten, und sie hätte eine Fehlgeburt erlitten.«
»Und was hat Madelon dazu gesagt?«
»Sie hat alles abgestritten und behauptet, Trees habe das alles erfunden. Sie war absolut uneinsichtig. Meine Frau schloss sich oben in unserem Schlafzimmer ein, und ich stand unten und stritt mich mit meiner Tochter.«
»Also mussten Sie sich zwischen den beiden entscheiden.«
»Ja, was denn sonst? So konnte es nicht weitergehen. Ich dachte, es wäre das Beste, Madelon als Au-Pair-Mädchen nach Brüssel zu schicken. Dort hatte ich Bekannte, die sicher einen Platz für sie gefunden hätten. Sie hätte dort auf die Europaschule gehen und ihren Abschluss machen können. Sie war im letzten Schuljahr und sehr begabt. Ich hatte vor, die Leute am nächsten Tag anzurufen …«
»Aber Madelon hielt nicht viel von dieser wunderbaren Idee?«
Cornelius blickte besorgt auf weitere, nach und nach eintreffende Autos mit Publikum, wodurch ihm meine Ironie zu entgehen schien. »Sie hat noch nicht einmal bis zum nächsten Tag gewartet. Am Morgen war sie verschwunden, mit einer Tasche voller Kleidung und der Haushaltskasse.«
Es klang so, als wolle er sie ganz nebenbei noch des Diebstahls bezichtigen, als sei der Mord an einem Ungeborenen nicht schon schlimm genug. »Und dann?«
Er stellte sich dumm. »Und dann was?«
Ich bewahrte die Geduld. »Sie müssen sich doch Sorgen gemacht und versucht haben, sie ausfindig zu machen.«
Sein Schnäuzer und sein Kinnbart näherten sich einander an, als er die Lippen aufeinander presste. »Sie war damals siebzehn, alt genug, um zu wissen, was sie tat.« »Wie man sieht.«
»Ich dachte, sie sei nach Bilthoven gegangen, dort hatte sie einen Freund, einen Jungen, der etwas älter war als sie. Ich wusste nicht, wo er wohnte. Ich dachte, sie käme schon wieder zurück.«
»Tat sie aber nicht.«
Er
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