Tiffany
erzählt, der mir eine Diskette mit Namen und Informationen über Kriegs verbrechen in Bosnien geben wolle, und dabei den Namen Grimshave fallen lassen. Leider ist unser Di rektor ein Hornochse, und noch am selben Nachmittag erzählte er mir ohne rot zu werden, dass er sich in sei nem Club darüber unterhalten habe. (»Also, wenn ich meinen Freunden im Club schon nicht mehr vertrauen kann …«) Na ja, den Rest kannst du dir ja denken: Einer von seinen Clubkollegen ist ein hohes Tier im Verteidigungsministerium und kennt Grimshave per sönlich. Theoretisch haben diese ehrenwerten Herren also genügend Zeit gehabt, sich um den Soldaten zu kümmern, bevor er mich erreichen konnte. Ich hoffe, dass du mir sagen kannst, was mit ihm passiert ist und wer seine Finger im Spiel hat.
Exit Jan van Nunen, dachte ich bedrückt. Aber wie hatten der General beziehungsweise Theo den Namen van Nunen herausbekommen, den noch nicht einmal der Journalist gekannt hatte, und dann auch noch seinen Aufenthaltsort irgendwo in einem Wohnwagen ausfindig gemacht? Eine der vielen offenen Fragen schien ein Computerausdruck mit der Überschrift »Protektion von Kriegsverbre chern, Davor Zukic/Zeljko Deronic« zu beantworten.
Fred leitete den Bericht mit der Feststellung ein, dass seit der Gründung des Jugoslawien-Kriegsverbrecher- Tribunals im Jahre 1993 die meisten Länder selbst für die Suche nach Kriegsverbrechern auf ihrem Hoheitsgebiet verantwortlich waren. 1997 hatte der Oberste Gerichtshof der Niederlande der Staatsanwaltschaft in Arnheim die Aufgabe mit den notwendigen Befugnissen übertragen, in den Niederlanden Ausländer zu verfolgen, die andernorts Kriegsverbrechen begangen hatten. Einer der sachdienlichen Hinweise, die die Staatsanwaltschaft noch in demselben Jahr erhielt, stammte von einem ehemaligen Wehrpflichtigen aus Aalsmeer. Brendels eigene Recherchen und ein Interview mit einem Polizeibeamten aus Aalsmeer bildeten die Grundlage für folgenden Bericht:
Der Soldat Klaas Battenberg aus Aalsmeer gehörte zu einer niederländischen Gruppe, die Ende 1992 auf Be fehl des UN Signal Batallions zu einem polnischen In fanteriebataillon im Sektor Nord entsandt wurden, in die Gegend von Slunj. Sie hatten dort u. a. die Aufgabe, von einem Standort in Busovaca aus gemeinsam mit den Belgiern Nahrungsmitteltransporte zu bewachen. Die jungen Männer wurden dort im Laufe eines halben Jahres Zeugen schrecklicher Verbrechen, und die meis ten von ihnen kamen schwer geschädigt von ihrem Ein satz zurück. Battenbergs Erfahrungen sind für mich nicht mehr nachvollziehbar. Was wir wissen, ist, dass ihn sechs Jahre nach seiner Rückkehr, 1998, sein Beruf als Vertreter in ein slawisches Restaurant führte, wo er zu seinem Entsetzen in dem Eigentümer ein Gespenst aus seiner Bosnien-Vergangenheit zu erkennen glaubte, nämlich den bosnisch-serbischen Polizeikommandan ten Davor Zukic, der sich damals der Folter, des Mor des und der ethnischen Säuberungen schuldig gemacht haben soll und dessen Name sich auf einer Liste gesuch ter Kriegsverbrecher befindet.
Was Battenberg und wahrscheinlich auch noch andere seiner Kameraden von diesem Mann wussten, ist, dass er nachts ab und zu ins Gefängnis zu gehen pflegte, um Muslime zu »verhören«, was in mehreren Fällen zu de ren Tod führte. Zukic verschwand spurlos aus Bosnien, rechtzeitig vor dem Dayton-Abkommen im Jahre 1995, als die Serben mit Waffengewalt an den Verhandlungs tisch gezwungen wurden und man ernsthaft mit der Jagd auf Kriegsverbrecher beginnen konnte. Bereits 1992 regte sich bei einigen Dutchbat-Angehörigen der Verdacht, dass irgendjemand eine schützende Hand über den Polizeikommandanten hielt, und Bat tenberg zweifelte nicht daran, dass dieselbe schützende Hand auch für dessen Verschwinden und die falschen Papiere gesorgt hatte, mithilfe derer Zukic schließlich nach Haarlem kam, als Asylbewerber kroatischer Her kunft mit bona fide A-Status, und zwar unter dem Namen Zeljko Deronic.
Bevor Zukic seinerseits ihn erkennen konnte (wobei diese Gefahr nicht sehr groß war), verließ Battenberg eilends das betreffende Restaurant und fuhr zurück nach Aalsmeer, wo er sofort zur Polizei ging. Die Poli zei verwies ihn ganz vorschriftsmäßig an die Staatsan waltschaft in Arnheim. Laut dem Polizeiadjutanten in Aalsmeer, der mir diese Geschichte erzählt hat, wirkte Battenberg zwar verwirrt und aufgeregt, aber absolut glaubwürdig. Aus diesem Grund nahm auch der Adju tant einige Tage später
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