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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Ihr Ehrgefühl zwang sie, diesem Verräter gegenüberzutreten. Wenn er sie davon abhalten würde, bedeutete dies nur, dass er ebenfalls einen Verrat an ihr beging.
    Sie hat ein weiches Herz, und doch ist sie eine Kriegerin.
    Trotzdem würde Hari nicht zulassen, dass sie sich Adam zu sehr näherte. Er hielt sie kurz vor der Tür auf und stellte sich mit einer Schulter zwischen sie und Adam. Der Mann roch zwar nicht nach Mord, aber Hari würde jetzt kein Risiko eingehen.
    »Hast du dieses Kind in New York ermordet?« Dela zögerte nicht, die Frage zu stellen, deren Antwort sie am meisten fürchtete. Ihr Gesicht war zwar blass, aber entschlossen. Hari war stolz auf sie.
    Adam hätte sich fast an seinem eigenen Atem verschluckt. Diese Frage hatte er ohne Zweifel nicht erwartet, und im selben Augenblick wusste Hari die Antwort. Man musste Adam zugutehalten, dass er keine Unwissenheit vortäuschte.
    »Dela, diese Familie... es sind Mörder. Sie haben unvorstellbare Verbrechen an den Männern und Frauen begangen, die sie in dieses Land geschmuggelt haben. Sie haben uns als Sklaven benutzt, uns dazu gezwungen, ohne Lohn in ihren Häusern und Geschäften zu arbeiten.« Er hielt inne und holte schwer atmend Luft. »Sie haben meine Familie ermordet.«
    Hari schloss die Augen.
    »O Adam«, flüsterte Dela. »Warum hast du es mir nicht erzählt? Ich...« Sie unterbrach sich und schüttelte den Kopf. »Dieser Verlust tut mir wirklich sehr leid, aber ich muss es wissen. Hast du dieses Kind mit meinem Messer getötet?«
    »Ja«, stieß er hervor. Als er es zugab, spürte Hari, wie der Tod durch den Raum schritt. »Ja, das habe ich getan. Ich wollte, dass die Zhangs denselben Albtraum durchleben, den ich durchgemacht hatte, als sie meine Tochter ermordeten. Dafür sollten sie bezahlen.«
    »Und deshalb haben Sie ein Kind umgebracht.« Arturs Stimme klang kalt und tonlos. Adam schüttelte ruckartig - verzweifelt - den Kopf.
    »Sie verstehen das nicht«, flüsterte er gebrochen. »Ich wollte ein besseres Leben für meine Familie. Ich sprach Englisch. Ich habe nach Arbeitsmöglichkeiten außerhalb von Chinatown gesucht. Ich habe ein Bankkonto eröffnet, damit sie nicht an unser Geld kamen. Aber jemand hat geredet, und die Zhangs haben ihre Schläger geschickt. Sie haben meine Frau vergewaltigt, meine Kinder geschlagen, und als ich mich ihnen widersetzte, haben sie alle umgebracht. Sie hätten auch mich getötet, wenn ich ihnen nicht hätte entkommen können. Ich weiß nicht einmal, wie mir das gelungen ist. Ich bin gelaufen und gelaufen und erst in dieser Stadt zur Ruhe gekommen. Als ich Dela fand.«
    Er senkte den Kopf. »Ich dachte, ich wäre darüber hinweg, doch als ich erfuhr, dass du ein Messer für Lo Dai machtest, ihren Rivalen, wusste ich, dass die Zeit gekommen war. Ich konnte zwei Probleme auf einmal erledigen. Ich konnte dafür sorgen, dass sie litten.«
    Hari fühlte die Wut und Enttäuschung, die Dela erfüllte. Sie stieg ihm scharf und bitter in die Nase. In ihrem Kopf schien sich eine Gewitterwolke zusammenzuziehen, und er fühlte, dass die Macht in ihr wie eine Schlange den Kopf hob.
    Die Klinge in Adams Händen schoss plötzlich in die Luft, und die rasiermesserscharfe Spitze der Klinge drückte sich gegen seine Kehle.
    »Dela«, warnte Blue sie, aber sie beachtete ihn gar nicht.
    »Du hättest es mir sagen können, Adam. Wir hätten einen anderen Weg gefunden.« Ihre Stimme war sanfter als der Blick ihrer Augen, das wütende Klopfen eines Muskels in ihrer Wange. Es war ein Furcht erregender Anblick, und selbst Hari war froh, dass nicht er das Ziel ihres Zorns war.
    Adam brauchte einen Moment, bis ihm seine Stimme wieder gehorchte. Hari war nicht sicher, was den vor Angst gekrümmten Mann mehr entsetzte: das schwebende Messer oder Delas Augen.
    »Welchen Weg?«, keuchte er schließlich. »Den des Gesetzes? Die Regierung weiß von den Misshandlungen und dem Missbrauch. Die Polizei weiß es. Aber es wird nichts unternommen. Niemals. Die Kriminellen sind zu mächtig, und die Menschen in Chinatown haben zu viel Angst. Niemand wird reden.«
    »Du hättest reden können. Stattdessen gabst du alle auf, die du zurückgelassen hast. Auch mich hast du aufgegeben.«
    Adam schüttelte den Kopf. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass du es herausfinden würdest, Dela. Ich hätte nie erwartet, dass sie das Messer zurückverfolgen könnten oder dich für den Mord verantwortlich machen würden. Ich

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