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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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dachte, das Blutvergießen würde sich auf New York beschränken, zwischen den beiden Familien bleiben. Ich wollte dir nicht wehtun.«
    »Das kann die ganze Sache nicht rechtfertigen! Du hast mich benutzt, um ein Kind zu töten! War es das wert? War die Rache wirklich so süß, Adam? Ich kann mir nicht vorstellen, wie du gelitten hast, aber woran erinnerst du dich jetzt? Wenn du an deine Familie denkst, was siehst du dann? Sie - oder dieses Kind, das du ermordet hast? Wie klingen seine Schreie in deinem Kopf?«
    Die Schreie des kleinen Mädchens mussten furchtbar klingen, wenn man Adams Miene trauen konnte. Hari kannte diesen Blick, er hatte ihn bereits in den Augen von Männern gesehen, Männern, die Befehle befolgt hatten, die Hari mit jeder Faser seines Wesens bekämpft hatte. Es war das Antlitz von leerer Verzweiflung, von Selbstverachtung.
    Adam stöhnte und wiegte sich vorwärts, gegen die Klinge, während ihm Tränen die Wangen herunterliefen. »Ich dachte, es wäre die Sache wert... aber das war es nicht. Das war es wirklich nicht. Als ich entdeckte, dass dir die Zhangs ihre Leute auf den Hals hetzten, wusste ich nicht mehr, was ich tun sollte. Ich habe die Stadt verlassen, wie du wolltest, aber ich konnte meine Schuld nicht ertragen. Ich bin hierher gekommen, um alles zu gestehen. Ich habe den Zhangs einen Brief geschickt und ihnen die Wahrheit gestanden, ich habe ihnen geschrieben, dass du an dem Mord nicht beteiligt warst.«
    Dela brach in Tränen aus, aber die Klinge schwebte weiterhin ruhig vor Adams Hals. Hari bemerkte das Unbehagen der anderen Männer. Sie schienen von dem plötzlichen Zuwachs ihrer Macht beunruhigt. Vielleicht fürchteten sie aber auch ihre Kontrolle.
    Hari empfand keine Furcht.
    »Ich dachte, du wärst mein Freund«, flüsterte Dela. »Ein guter Mensch. Ganz gleich, was dir angetan wurde, wie konntest du ein Kind ermorden? Wie konntest du das tun?«
    »Sie haben ihn gebrochen«, erklärte Hari. Er wusste, dass Adam niemals seine Handlungsweise würde erklären können, jedenfalls nicht zufrieden stellend, nicht einmal vor sich selbst. Hari hockte sich hin und sah den Mann an, ohne Mitleid, aber auch ohne Verachtung. »Ich will Ihnen jetzt etwas sagen, Adam Yao. Ich war auch ein Sklave, und obwohl mir verboten war, Befehle zu missachten, gab es Dinge, die ich nicht tun wollte und nicht tun konnte, ganz gleich, wie groß der Zwang war oder die Strafe. Was diese Zhangs Ihnen genommen und was Sie vergessen haben, ist, dass es Schlimmeres gibt als Schmerz und Tod. Einige Taten kann man nicht verzeihen.«
    Hari stand auf, trat vor Dela hin und blockierte so ihren Blick auf Adam. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und sah ihr tief in ihre schmerzerfüllten Augen.
    »Er ist bereits ein toter Mann, Delilah, und du bist keine Mörderin. Geh nicht seinen Weg. Lass ihn.«
    Ihre Augen wirkten riesig, angefüllt mit Leid. Seine Worte lösten aber eine Reaktion darin aus, und er erkannte ihre Antwort. Er musste sich nicht umdrehen und sich überzeugen, dass das Messer zu Boden sank. Er vertraute Dela. Er nahm sie in die Arme, und sie nickte an seiner Schulter, in Tränen aufgelöst.
    »Dela.« Adam hielt die Klinge wieder in der Hand. »Verzeihst du mir?«
    Dela trat einen Schritt von Hari weg, hielt jedoch seine Hand fest umklammert. »Ich vergebe dir, dass du mich hintergangen hast. Aber ich kann dir nicht verzeihen, dass du dieses Kind umgebracht hast. Niemals.«
    Adam nickte und blickte auf die Klinge herab. »Es tut mir leid«, murmelte er, und bevor ihn jemand aufhalten konnte, rammte er das Langmesser bis zum Heft in seine Brust.
    Dela schrie auf und stürzte zu Adam. Aber er hatte ganze Arbeit geleistet. Als Dela neben ihm kniete, holte er noch einmal rasselnd Luft. Ihr Gesicht war das Letzte, was er sah, bevor seine Augen brachen.

11
    Dieses Haus hat wirklich eine verdammt hohe Todesrate«, murmelte Dean, als Artur und er zurückkamen, nachdem sie Adam »entsorgt« hatten. Sie hatten bereits in New York angerufen und eine Nachricht bei einem Restaurant-Besitzer hinterlassen, der Arturs Kontaktleuten zufolge Wen Zhang kannte. Falls Zhang Adams Überreste als Beweis für seinen Tod sehen wollte, würden sie ihm sagen, wo sich die Leiche befand.
    Falls nicht, auch gut. Adam würde eingeäschert und seine Asche verstreut werden. Keiner der Männer machte sich große Sorgen, dass die Polizei nach Adam suchen würde. Artur hatte seine Quellen sehr genau recherchieren lassen. Adam war ein

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