Tiger Eye
auf.
Jetzt weinte Dela wirklich und nicht aus Freude.
»Delilah«, sagte Hari leise. Schmerz verzerrte seine Miene. »Ich kann nicht zu dir kommen, bis du mich von deinem Befehl entbindest.«
Sie keuchte erstickt. »Du sollst tun, was du willst.«
Sofort entspannte sich Hari, trat zu Dela ans Bett, schlang seine Arme um ihre Taille und zog sie auf seinen Schoß. Sie umarmte ihn und drückte ihn dicht an sich. Eine Weile saßen sie nur eng umschlungen da.
»Ich dachte, deine Haut wäre der Schlüssel«, stieß Dela schließlich atemlos hervor.
»Das dachte ich auch.« Hari sah ihr ins Gesicht. Ein weicher Ausdruck zuckte durch seine sorgenvollen Augen. Er küsste mit fast schmerzhafter Zärtlichkeit ihre Handfläche, ihr Handgelenk.
»Du hast mir ein großes Geschenk gemacht«, sagte er. »Meine Haut ist noch das Geringste. Solange ich als dein Partner mit dir leben kann, spielt es keine Rolle, ob ich von der Schatulle gebunden bin.«
»Aber ich möchte, dass du deine Freiheit wiederbekommst, Hari. Mehr als alles andere in der Welt will ich das.«
»Du hast mir meine Freiheit bereits wiedergegeben.« Er drückte sie sanft auf das Bett herunter und liebkoste ihr Ge-sicht. »Wir haben so viel zu feiern, Delilah. Es gibt so viel, wofür wir dankbar sein können. Das andere ist nicht von Bedeutung.«
Das ist es nicht, und wir wissen es beide. Aber sie sprach es nicht laut aus. Es würde nur alles noch trister machen, und Hari versuchte so sehr, es zu vergessen - und es sie vergessen zu machen.
Dela küsste ihn, verzweifelt und etwas ungelenk, und er erwiderte den Kuss ebenso leidenschaftlich. Er umklammerte sie und liebkoste sie mit den Händen, die über ihren Körper glitten und eine Wärme in ihr verbreiteten, die ihre Knochen fast zum Schmelzen brachte.
Schließlich strich Hari Dela das Haar aus dem Gesicht. »Lebten wir zu meiner Zeit, ich würde dich entführen, an einen geheimen Ort. In ein Zuhause, das ich nur für dich errichtet hätte. Ich würde dir die Wunder des Waldes und der Berge zeigen. Und jeden Tag wäre es mein einziges Ziel, dich glücklich zu machen und dich zu beschützen.«
»Das kannst du hier auch tun«, erklärte Dela.
»Das werde ich auch.« Hari seufzte und strich sich mit der Hand über das Gesicht. »Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit für uns allein. Wir müssen über so vieles reden.«
»Und so viel tun«, ergänzte sie spitzbübisch.
Hari lachte, und die dunklen Schatten wichen aus seinen Augen. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich erschreckt habe, als ich aufwachte und feststellen musste, dass ich nicht nur meine Gestalt gewandelt hatte, sondern dass du mich immer noch als einen Mann betrachtetest.«
Dela errötete. »Ich habe erwartet, dass du zurückweichst.«
»Aber nein.« Hari umarmte sie fest. »Das war geradezu ein Fest. Du weißt nicht, wie selten Gestaltwandler menschliche
Partner finden, die sich nicht vor dem Tier in ihnen fürchten.«
»Warum sollte ich das tun?«, fragte Dela. »Du bist doch immer noch... du selbst. Nur eben im Fell.«
»Ich weiß nicht, Delilah. Vielleicht wird es uns am Ende klar, dass wir keine Menschen sind, wenn wir dem Tier in uns begegnen. Sondern dass wir den Samen von etwas Fremdem und Gefährlichem in uns tragen. Es kann Angst einflößen.«
»Oh, du wirkst auch gefährlich. Nur nicht auf mich.«
Hari lächelte sie unendlich zärtlich an. »Du hattest nie Angst vor mir, Delilah. Du hast hinter die Maske von zweitausend Jahren Schmerz geschaut und den Mann gesehen, der darunter verloren war.«
Dela wurde vor Verlegenheit über und über rot. Hari lachte über ihr Unbehagen und küsste ihre Schulter. »Ich war so wütend, dass ich wieder gerufen wurde, und dann standst du vor mir, in den kleinsten Tuchfetzen gehüllt, den ich je gesehen hatte, und hast mir getrotzt und mich dabei gleichzeitig respektiert.«
»Die beste Enttäuschung, die du jemals erlebt hast, stimmt’s?«
»Ein Wunder.« Er küsste sie, und sie grub ihre Finger in sein Haar, fuhr dann hinab zu seinen Schultern und bohrte ihre Fingernägel in seine Haut. Er grollte, und sie fühlte, wie sich unter ihren Handflächen das Fell ausdehnte, und spürte es dann an ihrem ganzen Körper. Seine Erektion drückte gegen Delas Schenkel. Sie ließ die Hand sinken und umfasste ihn.
»Willst du mich als Tiger oder als Mensch?« Haris Stimme klang heiser und verlangend. Seine Augen glühten.
»Ich liebe beides in dir«, erwiderte Dela und streichelte ihn.
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