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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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irgendeinem endgültigen Ende. Du kannst mich genauso wenig ignorieren, wie du sterben kannst.«
    »Wie melodramatisch!« Dela steckte den Kopf hinter Haris Rücken hervor. »Wollen Sie auch auf etwas hinaus?«
    Das Lächeln des Magiers wirkte gezwungen. »Allerdings. Ich habe eine Aufgabe für Hari. Erfüllt er sie, werde ich ihn freigeben.«
    »Nur meine Haut kann mich befreien.« Hari kniff die Augen zusammen. »Jedenfalls hast du mir das erzählt, damals.«
    »Ich besitze deine Haut. Hilf mir, und ich gebe sie dir zurück.«
    Dela unterdrückte ein Keuchen, als Hari den Kopf zurückwarf und laut lachte. Es war ein kaltes Lachen, eiskalt. »Eher würde ich auf ewig Sklave bleiben, als dir zu helfen. Eidbrecher. Mörder. Ich will nichts mit dir zu schaffen haben, es sei denn, ich schneide dir die Gurgel durch.«
    In den Augen des Magiers veränderte sich etwas, eine helle, grausame Gier leuchtete darin auf. »Ein Leben für ein Leben, Hari. War dieser Handel so schwierig?«
    »Solche Geschäfte macht der Teufel«, bemerkte Dela.
    Die sorgfältige Fassade des Magiers bröckelte, als echte Wut seine Miene verzerrte. Sein Gesicht wirkte plötzlich hohl und eingefallen: ein atmender Kadaver. Dela roch erneut
    Knoblauch und Pfeffer. Der Magier trat einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. Sein Blick wirkte düster und drohend.
    »Ich bin fertig«, sagte er leise. »Vergiss diesen Tag nicht, Hari. Und auch Sie nicht, Herrin. Ich habe es mit Liebenswürdigkeiten versucht. Ich hätte mich an den Schmerz halten sollen.« Er sah Dela an. »Ich hätte Sie nach der Schatulle gefragt. Sie können sich gewiss denken, wie ich sie mir jetzt holen werde.«
    Hari grollte drohend, aber Dela schüttelte den Kopf. »Ich wüsste es nicht einmal, wenn Sie mich beißen würden.«
    Der Magier fletschte die Zähne zu einem Grinsen. »Vielleicht werde ich genau das tun.«
    Für einen Mann, der angeblich die Macht besaß, mit der Realität herumzuspielen, war der Abgang des Magiers enttäuschend unauffällig. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, schlenderte er den Gang entlang, an einem überfüllten Starbucks-Cafe vorbei, und stieß die großen Glastüren auf, die hinaus zum Taxistand führten.
    Hari stieß einen erstickten Schrei aus und lief hinter dem Magier her. Der Gestaltwandler bewegte sich erstaunlich schnell, wie ein goldäugiges Inferno, und Dela, als sie ihm zu folgen versuchte, kurvte um erschreckte Passanten herum, die er in seinem Kielwasser zurückließ.
    Der Magier war fast draußen, als er einen Blick über die Schulter warf und lächelte. Und seine Hand hob.
    Dela schrie auf, als so etwas wie ein Schlag ihren Magen traf. Der Schmerz war beinahe unerträglich. Sie krümmte sich zusammen und stürzte zu Boden, während scharfe Klauen ihren Brustkorb von innen zu zerfetzen schienen.
    Durch einen Schleier aus Schmerz bemerkte sie, wie der Ma-gier floh. Seine Schultern schienen zusammengesunken, auch er hielt sich den Bauch.
    Fremde Hände berührten sie. Dela wollte, dass sie verschwanden, all diese unbekannten Stimmen und Hände, die sich gegen ihren nutzlosen Körper drückten. Dann war Hari da, schob alle zur Seite und hob sie in seine starken, warmen Arme. Er sagte ihren Namen, aber sie war nicht in der Lage, ihm zu antworten.
    Dann verschlang die Dunkelheit sie.
    *
    Dela träumte, ganz gewöhnliche Träume, die keine Geheimnisse aus der Zukunft verrieten. Ein Tiger aß einen Schokoladenriegel, und sie war gekleidet wie Alice im Wunderland, hockte mit gekreuzten Beinen auf einem gepunkteten Pilz und versuchte, eine gemein grinsende Raupe zu überlisten. Dela dachte sich gerade eine schlagfertige Antwort auf eine beleidigende Bemerkung der Raupe über ihre schneckenförmigen Tanzschuhe aus, als sie aufwachte.
    Sie war orientierungslos, ihre Augenlider fühlten sich wie Gummi an, und sie brauchte einen Augenblick, bis sie merkte, dass sie im Bett lag.
    Neben ihr befand sich ein warmer Körper, und ein schwerer Arm ruhte auf ihrer Taille.
    Dela sog tief das schwache, unbeschreibliche Aroma eines Waldes nach einem schweren Sommerregen ein, das den Duft nach Leder und Mann kaum überdecken konnte. Hari. Sie hatte auch niemanden anders erwartet. Sein Gewicht um ihren Körper herum wirkte unerwartet tröstlich. Beruhigend. Sie wagte es nicht, sich zu rühren, weil sie nicht wollte, dass er von ihr abrückte. Er gab ihr ein Gefühl der Sicherheit, ein kostbares Geschenk nach diesem so beunruhigenden Tag.
    Vielleicht hatte sie

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