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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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sie innig geküsst und es sich dann auf seinem improvisierten Bett vor der Tür bequem gemacht. Zwei Meter zehn eines hinreißenden, magischen Mannes, der sie bewachte. Und dazu ein Gentleman.
    Die Veränderung, die mit ihnen beiden vorgegangen war, erstaunte sie. Dela vermochte nicht lange darüber nachzudenken, ohne von ihren Gefühlen beinahe überwältigt zu werden. So viel hatte sich an diesem kurzen Tag verändert, und zwar nicht nur in ihrem Leben, sondern auch in Haris. Jedenfalls vermutete sie das.
    Magie existiert tatsächlich. Flüche, Unsterbliche, Gestaltwandler, ihr fiel in diesem Moment der Magier ein, und Grausamkeit. Echte Gleichgültigkeit. Das Böse.
    Das Böse und sein Gegenteil. Dela fühlte, wie ihre Wangen warm wurden, als sie an Hari und ihre erste Begegnung dachte. Trotzdem, irgendwie hatten sich ihre Rollen ganz heimlich verändert: von Fremden zu Freunden. Und jetzt waren sie in einem noch tieferen Gewässer, süß und geheimnisvoll.
    Dela vermisste Haris Berührung. Sie überlegte sogar, ob sie sich neben ihn legen sollte, nur um seinen Körper an ihrem zu fühlen. Dieses Bedürfnis war verrückt und verwirrend, unerklärlich, und ihre Gefühle waren so anders als alles, was sie bisher empfunden hatte, dass sie sich fast lächerlich vorkam.
    Aber an Hari zu denken war erheblich angenehmer, als über die Person - oder die Personen - nachzudenken, die ihr offensichtlich nach dem Leben trachteten.
    Dela starrte an die Decke, während sie die letzten zehn Jahre ihres Lebens Revue passieren ließ. Sie ging jeden größeren Streit oder jede merkwürdige Begegnung durch, aber nichts davon schien ihr wichtig genug zu sein, um sie deshalb töten zu wollen. Nichts war ihr Leben wert. Nichts, außer der Agentur.
    Aber sie alle lebten mit dem Risiko, dass die Regierung oder das Militär ihre Macht möglicherweise entdeckten, dass die Medien Wind von dem eigentlichen Zweck der Agentur bekamen und ihnen allen Feuer unter dem Hintern machten, indem sie sie genauer unter die Lupe nahmen. Niemand wollte in einem Labor oder auf der Titelseite des National Enquirer landen.
    Doch Roland hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass die Dirk &  Steele sicher war und ihre Tarnung nach wie vor funktionierte. Was bedeutete, dass sie sich die Lage, in der sie sich befand, irgendwie selbst eingebrockt hatte.
    Gereizt stieß Dela die Luft aus. Sicher, sie hatte ein Talent, Leute gegen sich aufzubringen, das wusste sie. Sie war zu direkt, vollkommen undiplomatisch, und wenn sie jemanden nicht mochte, war das unübersehbar. Aber würden diese Leute deshalb einen Killer engagieren?
    »Du kannst nicht schlafen.« Haris Stimme schwebte im Raum.
    »Habe ich dich geweckt? Das tut mir leid.«
    »Ich habe auch nicht geschlafen. Du denkst immer noch darüber nach, wer dich umbringen will?«
    »Ja. Aber mir fällt einfach niemand ein.«
    »Du kennst die Antwort, auch wenn du dir ihrer noch nicht bewusst bist. Lass dir Zeit.«
    »Ha. Damit deutest du an, dass ich tatsächlich etwas getan habe, wodurch ich den Tod verdient hätte.«
    »Das ist unfair«, erwiderte er.
    »Vielleicht«, räumte sie ein. »Aber trotzdem ist es wahr.«
    Er schwieg einen Moment. »Es fällt mir schwer, mir vorzu-stellen, dass du Feinde haben könntest, Delilah. Nichts an dir, was ich kenne, würde einen solchen Hass erklären. Aber vielleicht hat es ja etwas mit Eifersucht auf dich zu tun. Männer und Frauen haben schon aus geringeren Gründen getötet. Gab oder gibt es vielleicht einen Liebhaber, der dir schaden wollen könnte?«
    »Nein«, erwiderte Dela. »Es gab zwar ein paar Männer in meinem Leben, aber das hat nie lange gedauert. Außerdem hätten sie auch keinen Grund gehabt, mir etwas anzutun. Unsere Trennungen waren immer recht einvernehmlich.« Vor allem deshalb, weil Dela und ihre wenigen Freunde von Anfang an gewusst hatten, dass ihre Beziehung zeitlich begrenzt war. Dela erlaubte sich nie mehr.
    Sie glaubte, Hari seufzen zu hören, aber vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet.
    »Schlaf«, sagte er. »Ich werde auf dich aufpassen.«
    Dela lächelte. »Und ich auf dich.«
    »Von einem solchen Geschenk würde ich nicht einmal zu träumen wagen«, murmelte er. Danach sprachen sie für den Rest der Nacht nicht mehr.
    Schließlich gelang es Dela, endlich einzuschlafen, und als sie beide früh am nächsten Morgen aufstanden, um zum Dreckmarkt zu gehen, fühlte sich Dela fröhlicher. Haris falsche Ausweispapiere waren unterwegs, und

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