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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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ist zu viel, zu schnell.
    Zu viel, zu schnell. Wie bei dem Magier.
    Die Wärme, die der Gedanke an Dela in seinem Verstand erzeugt hatte, verschwand. Hari erinnerte sich, wie er sich drehte, immer wieder drehte, und plötzlich war der alte Albtraum wieder da und nahm Gestalt an... Ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du ihr und dem Kind nichts antust, immer wieder, ein Leben für ein Leben, und sein Kopf, so voll von Erinnerungen und Wut, schien zusammengequetscht zu werden.
    Eine Vision tauchte vor seinen Augen auf, goldene Augen in einem lächelnden Gesicht, lange, kräftige Glieder, über die die Sonne spielt. Eine elegante Hand, die einen schwellenden Bauch hält.
    Ich trage ein Kind in mir, Hari. Der Vater ist ein Reisender aus den Bergen. Ich werde seine Partnerin sein.
    Und wo ist er jetzt, Suri? Ich habe den Mann nicht gesehen?
    Gelächter. Er wird mich stehlen, und du wirst ihn sehen, nachdem unser Kind geboren ist. Du weißt, dass dies der Weg ist. Aber ich werde dir ein Geheimnis verraten. Er ist in die Berge zurückgekehrt, um uns ein Heim zu bauen.
    Wenn es doch nur dazu gekommen wäre. Hätten sich die Träume seiner Schwester doch so verwirklicht, wie sie es gedacht hatte. Wenn der Magier ihren Liebhaber nicht gefangen hätte. Wenn Suri nicht in die Blutrunst gelockt worden wäre, beim Anblick seiner abgezogenen Haut. Wenn doch...
    Doch der Magier lebte. Hier und jetzt. Es war unmöglich und auch unerklärlich, aber er war keine Illusion. Hari würde seinen Geruch niemals vergessen, heiße Kohlen, Eisen, Gewürze. Er würde diese gerissene Stimme niemals vergessen - oder das breite, strahlende Lächeln. Kein anderer Mann konnte diesen wissenden Hohn imitieren.
    Haris Bauch krampfte sich vor Wut so stark zusammen, dass er seine Nägel unwillkürlich in die Handflächen grub, um nicht zu knurren. All das Blut, das er vergossen hatte, in den Jahrtausenden, und keines würde so süß schmecken wie das des Magiers.
    Das hatte er gedacht, als er ihn gesehen hatte. Und er hatte es vorgehabt.
    Bis sich Dela an ihn gehängt hatte. Bis sie ihn geküsst hatte, so wild, dass ihre Hitze und ihr Duft selbst seine Blutrunst durchdrungen und den Killer in ihm beruhigt hatten. Es war Wahnsinn, sich zwischen einen Tiger und seine Beute zu stellen, und Dela hatte es ohne jede Überlegung getan und darauf
    gebaut, dass er sie nicht verletzen würde, dass er ihre Stimme irgendwie wahrnehmen und auf sie hören würde.
    Und ich habe es getan. Nicht weil sie es mir befohlen hätte, sondern weil ich auf sie hören wollte. Zweitausend Jahre Schlaf und Traum von Vergeltung, und ich habe aufgehört, weil sie mich darum gebeten hatte. Weil sie mir zugetraut hat, dass ich ihr vertraue.
    Doch der Magier lebte noch immer, auch wenn das Wie unerklärlich sein mochte, und er wollte, dass Hari ihm half. Hari machte sich keine Illusionen über Freiheit oder Freilassung. Der Magier wollte einen Sklaven, den Sklaven, den er selbst geschaffen hatte.
    Aber für welchen Zweck? Dela hatte recht: Der Magier hatte seine schlimmste Rache bereits ausgeübt. Warum sollte er Hari nach all dieser Zeit noch aufsuchen? Vor zweitausend Jahren hatte der Magier nach einem Kind verlangt und Haris Schwester als Mutter auserkoren. Was er jetzt wollen mochte, konnte nur unvorstellbar sein.
    Aber es war merkwürdig für Hari gewesen, seine Muttersprache aus dem Mund des Magiers zu hören. Von jedem anderen, ungeachtet der Worte, hätte er für einen Moment den Klang dieser uralten Sprache genossen. Aber nein, der Magier hatte ihn selbst dieses Vergnügens beraubt.
    Ein feines Zuchttier, hatte der Magier gesagt und damit Dela gemeint, die ihren schlanken Körper an Hari gedrückt hatte. Wenn du sie nicht nimmst, dann nehme ich sie vielleicht. Ich werde ihre Haut mit meinem Samen glänzen lassen, wie ich es bei deiner Schwester getan habe.
    Vorher werde ich dich töten!, hatte Hari erwidert. Und dir deine Eier in den Mund stopfen.
    Er presste bei der Erinnerung an diesen Wortwechsel die
    Augen zusammen. Für Feinheiten besaß er kein Talent. Der Magier hatte ihn zu gut durchschaut, die Tiefe seines Gefühls für Dela erkannt, und hatte ihn dazu gebracht, diese Gefühle zu bestätigen. Wäre er vorsichtiger gewesen, so hätte er Verachtung geheuchelt, und vielleicht hätte der Magier seine Macht dann nicht gegen sie gewendet. Er hätte nicht darauf gesetzt, dass Hari Dela seiner Vergeltung vorzog.
    Wenn der Magier Delilah in die Hände bekommt, wird er

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