Tiger Eye
dachte, aber sie traute ihm so sehr, dass sie ihn nicht danach fragte.
Und du bist ein Mädchen, das nicht vielen Menschen traut.
»Das war nicht der Tag, den du erwartet hast«, sagte Hari sanft, während er sich jetzt auf den Rand der Wanne hockte. Er sah ihr tief in die Augen, mit einem fast schon hypnotischen Blick, und strich ihr mit seinem schlanken Finger über das Kinn. Ihr Körper reagierte auf seine Berührung. »Du musst ausruhen, Delilah. Vergiss alles, nur dich selbst nicht. Denk nicht an heute oder morgen. Nur an das Wasser, das deinen Körper wärmt.«
Der Klang seiner Stimme wirkte beruhigend auf sie, ihre Augenlider wurden schwer. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart sicher, vollkommen wohl. Die Ereignisse des Tages entglitten ihrem Bewusstsein, und ihr war nur noch wichtig, dass sich Hari bei ihr befand. Sie war nicht allein, und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sich das gut an.
Sie mochte ihn noch nicht lange kennen, und es gab möglicherweise endlose Geschichten, die noch unerzählt waren, Wutausbrüche, die noch kommen würden - aber sie wusste trotzdem genug. In ihrem Herzen, in ihrem Verstand. Hari war der beste Mann, den sie jemals kennengelernt hatte. Furcht einflößend und wundervoll. Sie wollte weder über Liebeskummer nachdenken noch über Gefahren für Leib und Leben. In diesem Augenblick spielte die Zukunft keine Rolle. Das mochte zwar dumm sein, aber es war ihr egal.
Hari drückte seine Lippen auf ihre Stirn und küsste sie dann sanft auf den Mund. »Bade«, flüsterte er. »Ruh dich aus. Denk an nichts anderes. Nach einer Weile sehe ich wieder nach dir.«
Er ließ sie allein, und nach kurzem Nachdenken zog sich Dela aus und stieg in das heiße Badewasser. Sie ruhte sich tatsächlich aus und dachte dabei nur an Hari. Als sie allmählich eindöste, träumte sie auch von ihm.
Der Traum wurde zu einem Albtraum.
*
Während Dela badete, machte sich Hari ein Bett auf dem Boden vor der Zimmertür. Er legte sein Schwert neben die Decke, seine Messer neben das Kopfkissen. Ein Kopfkissen und eine Decke, welch Luxus! Alles in unmittelbarer Reichweite.
Sie würde dich vielleicht auch in ihrem Bett schlafen lassen!
Schon die Erinnerung an Delas Körper, der sich in ganzer Länge an den seinen drückte, genügte, um ihn aufzuregen. Aber er wusste, dass sie sich, wenn er neben ihr lag, nicht nur küssen würden. Und das war zu viel und zu schnell. Für sie beide.
Außerdem war ihr Bett weit von der Tür entfernt. Jeder, der Dela etwas antun wollte, musste durch diese Tür kommen, und dahinter würde Hari warten.
Er war nicht ganz sicher, wann genau ihm Delas Sicherheit wichtiger geworden war, als einfach nur nicht mehr in die Schatulle zurückzumüssen, aber es war ein merkwürdiger Tag gewesen, und die Ereignisse, sowohl die äußeren als auch die in seinem Inneren, in seinem Herzen, waren zu rasch geschehen, als dass er ihnen hätte folgen können. Es genügte, dass er sie beschützen wollte, und zwar unbedingt. Dela weckte Gefühle von Zärtlichkeit in ihm, von denen er nicht wusste, dass er sie überhaupt ausdrücken konnte. All die Jahre brutalster Folter... und immer noch empfand er etwas für Menschen. Das erstaunte ihn.
Er erinnerte sich an ihren schlanken Körper, nah an seinem eigenen, an ihre Stimme, ihre weiche Stimme, und ihre Lippen, die sich so süß und seidig anfühlten. An die fast überwältigenden Emotionen, die durch ihr Mitgefühl ausgelöst worden waren, und an ihre Worte. Alles Wissen, das Hari darüber besaß, wie man Frauen erfreuen konnte, hatte er durch Er-niedrigung und Sklaverei erlernt. Er hatte nie mit seinen Meistern oder ihren Freundinnen zusammen sein wollen, aber er hatte gelernt, sie auf die verschiedenen Arten zu erfreuen, die ihnen gefielen. Er hatte es gelernt, weil sie es ihm befohlen hatten.
Seine Verlegenheit drang immer noch durch, der Hohn hallte weiter in seinen Ohren, als er zwischen den Schenkeln einer Frau kniete und in eine widerliche, ekelhafte Hitze glitt, die nur ein leeres Vergnügen bot, eine wertlose Mühe, die nichts als Ausdauer erforderte. Ausdauer gegen Erniedrigung.
Bei Dela war es anders. Zum ersten Mal in seinem Leben begehrte er. Er wollte sie, und es spielte keine Rolle, wie oder warum. Ihr Vergnügen war von höchster Wichtigkeit, ihre Bequemlichkeit und Sicherheit von allergrößter Bedeutung. Und er wollte das in seinem Herzen, nicht nur mit dem Körper.
Ich habe Angst. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Es
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