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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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so was vor? Warum sollte er sich das ausdenken?«
    »Keine Ahnung. Darüber zerbreche ich mir auch den Kopf. Vielleicht glaubt er wirklich, es sei was vorgefallen. Aus irgendeinem Grund will er das glauben. Vielleicht war er all die Jahre insgeheim eifersüchtig auf dich. Oder Gretchen hat ihn dermaßen um ihren kleinen Finger gewickelt, dass er alles tun würde, um ihr zu gefallen, selbst wenn er damit unser Leben zerstört.«
    »Aber was hat Gretchen denn gegen uns?«
    »Nichts Persönliches. Ich schätze, sie ist eifersüchtig auf jeden, der ihr und Ricky im Wege stehen könnte. Hast du vergessen, dass sie ihn mit dem Messer verletzt hat?«
    »Das war nicht Gretchen, das war Audra«, sagte ich.
    »Ach, egal. Die sind alle verrückt, wenn du mich fragst. Man muss sich dieses Gretchen doch nur mal angucken, dann weiß man sofort, dass sie nicht im Geringsten glaubwürdig ist. Sie hat so viele Piercings, dass es mich wundert, warum sie noch kein Leck hat. Als Gretchen vorbeikam, trug sie eine Perücke mit violetten Dreadlocks und ein Spitzenkorsett, aus dem ihr alles heraushing. Sie hatte sich schwarze Halbkreise unter die Augen gemalt und die Lippen schwarz geschminkt. Stell dir vor, wenn sie mit dieser Aufmachung einen Gerichtssaal betritt … die würde einfach ausgelacht werden. Aber weißt du, was mich fertigmacht? Inès glaubt ihr trotzdem! Ohne irgendeinen Beweis zu haben, fordert sie mich auf, zu gehen. Ich kann doch nirgends hin! Mein kleines Zimmer ist alles, was ich habe, das Zimmer und mein Auto. Ich fiel vor ihr auf die Knie und flehte sie an, mir Zeit zu geben, um die Anschuldigungen zu entkräften. Und obwohl ich den Lügendetektortest bestanden habe, kommt es mir vor, als wollte sie mich loswerden. Miguel hat mich letztens total böse angeguckt. Hat mich so lange angestarrt, bis ich mich weggedreht habe. Kann ihm keinen Vorwurf machen. Er muss ja seinem eigenen Bruder glauben. Wenn Inès mich rauswirft, weiß ich nicht, was ich tun soll. Wie soll ich mir bei einer monatlichen Rente von sechshundert Dollar eine Wohnung leisten?«
    Ich machte mir auch Sorgen: Wo würde er hingehen, so alt, krank und arm, wie er war? Dann fiel mir wieder mein Geld ein, und ich wurde zornig. Ich mied den Gedanken, was Peter Ricky möglicherweise getan hatte. Welch seltsamer Balanceakt das war, gewisse Gedanken auszublenden, weil man sonst von den Schlussfolgerungen überwältigt worden wäre.
    »Und weißt du was? Ich bin inzwischen so abhängig vom Veteranenkrankenhaus, dass ich diese Gegend gar nicht verlassen kann. Ich habe schon überlegt, ob ich nicht nach Florida oder Las Vegas ziehen soll, in die Wärme. Ich habe daran gedacht, dass wir uns kaum noch sehen werden, wenn du anfängst, Vollzeit zu arbeiten, und vielleicht mit Anthony zusammenziehst. Keine Ausflüge mehr. Deshalb habe ich überlegt, ob ich einen Neuanfang wage, aber ich kann einfach nicht weg von dem verdammten Veteranenkrankenhaus. Ich bin eh zu alt zum Umziehen. Wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat, stellt man fest, dass man keine Veränderung mehr will. Es macht zu sehr Angst.«
    Auch ich hatte jetzt Angst. Hin und wieder hatte mich der Wunsch überrascht, Peter würde an einem Herzinfarkt sterben. Ich konnte mir nicht vorstellen, ein neues Leben zu beginnen, mit ihm im Hintergrund, der immer älter, abhängiger und verzweifelter wurde. Wenn ich je Kinder bekommen würde, könnte ich sie nicht in Peters Nähe lassen. So wie Gretchen ihre Kinder nicht zu ihm lassen würde, selbst wenn er den Lügendetektor bestanden hatte.
    ***
    Einige Tage nach meinem Geburtstag gab die Kupplung des Escorts endgültig ihren Geist auf. Peter flehte mich an, Poppa zu fragen, ob er ihm fünfhundert Dollar leihen könne, er sei zu nervös, um ihn selbst anzusprechen. Ich schärfte ihm ein, dass er uns beiden das Geld zurückzahlen müsse, was er versprach, selbst wenn er dafür mit dem Rauchen aufhören müsste. Immerhin ersparte er mir mehrere hundert Dollar pro Jahr, weil ich meinen Wagen über ihn versichert hatte; aufgrund seines Alters und fehlender Verkehrssünden zahlte er nur sechshundert im Jahr, wenig für New Jersey. An einem Tag, als Poppa bester Laune war, weil er gerade eine beachtliche Steuerrückzahlung bekommen hatte, beschloss ich, ihn auf das Geld anzusprechen. Er war in der Küche, kochte Reis und summte dabei Across the Universe von den Beatles.
    Ich war überrascht, als Poppa sich sofort einverstanden erklärte. »Ich sag dir was, ich habe

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