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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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da eine Andeutung gemacht? Aber es gab keinen Grund, warum er so etwas tun sollte, noch würde Anthony jemals von allein auf die Wahrheit kommen, wenn man Peters Aussehen bedachte. Sein Haar war inzwischen schlohweiß, und anstatt es sich schneiden zu lassen, hatte er es zu einem Pferdeschwanz nach hinten genommen, was nicht gerade schmeichelhaft aussah, weil es seine tiefen Falten noch unterstrich. Außerdem hatte er beschlossen, sich einen Schnäuzer stehen zu lassen, ohne zu merken, dass er wie ein Milchbart aussah, den er vergessen hatte abzuwischen. Wenn Anthony Peter betrachtete, sah er einen vierundsechzigjährigen Mann, der wie vierundsiebzig aussah. Peter glaubte, das Billardspiel gewonnen zu haben, doch Anthony vertraute mir später an, dass er ihn absichtlich habe gewinnen lassen.

Dritter Teil

29
    Rivalen
    In jenem Winter machte ich den Führerschein und bekam mein erstes eigenes Auto, einen Toyota, mit dem wir ebenso oft Spazierfahrten unternahmen wie mit Peters Wagen. Eines Tages musste ich Peter zum Veteranenkrankenhaus fahren, weil ihm unerwartet das Lorazepam ausgegangen war. Er war inzwischen so abhängig, dass er bei der kleinsten Beunruhigung Tabletten einwarf. Zitternd und schwitzend umklammerte er meine Hand, während wir drei Stunden in der Notaufnahme auf Nachschub warteten.
    Als ich ihn abends nach Hause fuhr, stellte ich die Anlage aus, um mich besser auf die Straße konzentrieren zu können, doch dann lenkte mich ein hohles Pfeifen ab, als würde jemand in einen Plastikbecher pusten, der unten ein Loch hatte. Nachdem ich das Fenster geschlossen und den Wind ausgesperrt hatte, merkte ich, dass das unheimliche Geräusch aus Peters Lunge kam.
    ***
    Einer meiner Professoren in Kreatives Schreiben hatte mich eingeladen, an einem Abend unter der Woche bei Barnes & Noble einige meiner literarischen Arbeiten vorzulesen. Peter beschloss, in Anthonys Firebird mitzufahren, weil er meine große Stunde nicht verpassen wollte, wie er sagte. Eigentlich wollte ich Peter nicht dabeihaben, doch ebenso wenig wollte ich ihn verletzen, indem ich ihn bat, zu Hause zu bleiben. Die Lesung war ereignislos, abgesehen davon, dass ein Junge aus meinem Kurs dauernd mit mir flirtete. Auf der Rückfahrt bedankte sich Anthony mehrmals bei Peter, dass er ihm geholfen hatte, ruhig zu bleiben.
    Als ich am nächsten Tag auf die Tonnele Avenue fuhr, sagte Peter mit einem seltsamen Lächeln: »Er hat mir eine Nachricht geschickt.«
    »Was? Wer?«
    »Dein Freund. Anthony.« Peter sah aus dem Fenster. »Wenn es eins gibt, was ich gelernt habe, dann ist es, dass man das Verhalten von Menschen, die man nicht kennt, nicht vorhersehen kann. Sei ehrlich! Hast du ihm irgendwas von mir erzählt? Ich will nicht, dass er irgendwann nachts an unsere Tür hämmert und Inès Angst einjagt …«
    »Zum tausendsten Mal: Warum sollte ich ihm das sagen? Damit er mit mir Schluss macht?«
    »Du solltest mal irgendwann nebenbei erwähnen, dass ich immer noch Kung Fu kann. Wenn man das einmal gelernt hat, vergisst man es nicht mehr. Egal, wie alt man ist.«
    »Sieh mal, Anthony mag dich so gern, dass er dich davor bewahren will, deinen Wagen kaputt zu fahren. Ich habe ihm erzählt, dass du den Escort in letzter Zeit richtig getreten hast, und er meinte, das wäre echt nicht gut fürs Getriebe.«
    Peter warf seine Zigarette aus dem Fenster, das erste Mal, dass ich ihn so etwas tun sah. »Er hat keine Ahnung, was er da redet. Das pustet den Vergaser durch.«
    »Ach, ich bitte dich, Peter! Du hast doch keine Ahnung von Autos.«
    Eine Weile war er still, dann sagte er leise: »Nur weil du mit dem Kerl schläfst, heißt das, dass er alles weiß, ja?«
    Am liebsten hätte ich ihm in die Magengrube geschlagen. Aber ich hatte Angst, dass er mir die Nase diesmal brechen würde. Deshalb sagte ich nur: »Hör mal, du weißt ja gar nicht, ob wir das tun, also halt einfach die Klappe und kümmer dich um deinen eigenen Kram.« Dann fügte ich hinzu: »Er ist mein Freund . Was glaubst du eigentlich?«
    Peters Lächeln erstarb, sein Gesicht verzerrte sich so, dass es fast nicht mehr menschlich aussah. »Und, kann er dich glücklich machen? Die unmöglichste Aufgabe der Welt!«
    »Unmöglich nur, wenn man egoistisch ist.«
    »Was soll das heißen?«
    »Sagen wir mal so: Er hatte in seinem Leben noch keinen Kontakt zu Stepptänzerinnen, keiner einzigen, und glaub mir, das macht sich bezahlt.«
    Es dauerte einen Moment, bis Peter verstand, was ich gesagt hatte, doch

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