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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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gute Laune. Ich leihe ihm das Geld, damit er sich ein vernünftiges Auto holen kann. Er kann seine alte Karre verkaufen und mir das Geld in Raten zurückzahlen. Aber ich werde den Wagen für ihn aussuchen! Und es wird mit Sicherheit kein Ford sein!«
    Poppa fuhr mit uns zu Gebrauchtwagenhändlern, wo er sich auf Spanisch mit den Verkäufern unterhielt; er war überzeugt, dass niemand in dieser Gegend ein ordentliches Fahrzeug fand, der nicht Spanisch sprach. Doch wir kamen mit Poppa nicht weiter, weshalb Peter mich schließlich beauftragte, meinen Freund, den Autofachmann, zu fragen. Anthony hatte einen Freund, der einen schwarzen Mazda für 1.400 Dollar verkaufen wollte, ihn aber Peter schließlich für tausend überließ. Peter erklärte sich einverstanden, Poppa monatlich hundert Dollar zurückzuzahlen. Doch aus welchem Grund auch immer bekam er am Ende des Monats nie die volle Summe zusammen.
    Wie erwartet, bekam Poppa schließlich eines Sonntagmorgens einen Wutausbruch, nachdem er einige Monate lang in sich hineingeschwiegen hatte. »Dieser Mann hat mich reingelegt! Er hat meine Gutmütigkeit ausgenutzt! Er hat mich belogen! Und du warst sein Komplize! Ihr beiden habt mich getäuscht! Ich hätte es wissen müssen! Ihr lebt in eurer eigenen Welt, ihr fahrt ziellos durch die Gegend, ich kann keinen Sinn darin erkennen. Ich habe den Kilometerstand im Escort gesehen, der war ja Wahnsinn! Man könnte meinen, ihr wärt einmal um die ganze Welt gefahren! Dieser Mann hat nicht das geringste Verantwortungsgefühl, und du genauso wenig! Ihr beiden lebt in einer Fantasiewelt! Und ich will dir eines sagen, zu deinem eigenen Wohl, hör gut zu: Dieser Mann sieht nicht gesund aus. Jedes Mal, wenn ich ihn sehe, sieht er schlimmer aus. Er kann ja kaum noch gehen! Hörst du mich? Verstehst du, worauf ich hinauswill? Mach besser mal die Augen auf!
    ***
    Jeden Donnerstag fuhren wir achtzig Kilometer in den Norden nach Bear Mountain, setzten uns dort auf die großen Felsen und betrachteten die Landschaft unter uns, die Peter »die Felder der Ewigkeit« getauft hatte. Sumpfbinsen, Pechkiefer, Wachtelweizen, Traubenkirsche und Zaubernuss. Eichen und Tulpenbäume. Hin und wieder tauchten Weißwedelhirsche auf und standen so aufrecht da wie eine Gänsehaut. Ein weiterer Sommer war vergangen, für Peter beunruhigend verdüstert durch Gretchens Anschuldigungen. Der nächste Herbst stand uns bevor.
    »Inès hat mich gestern Abend angesprochen«, sagte Peter, als wir auf einem weißen Felsen saßen. Die Landschaft breitete sich vor uns aus, der Abendhimmel war von rosa Streifen durchzogen. »Sie sagte, sie hätte Gretchen jetzt endlich in einem Café getroffen und ihr die Ergebnisse des Lügendetektortests gezeigt. Gretchen beharrt jedoch darauf, Ricky hätte ihr gesagt, er sei belästigt worden. Sie hat zu Inès gesagt: ›Wem glaubst du eher – einem Test oder deinem eigenen Sohn?‹ Ich habe Inès gesagt, sie könnte die Wahrheit nur herausfinden, wenn sie selbst mit Ricky redet.«
    »Und, tut sie das?«
    »Inès hat eine irrationale Angst vor Konfrontationen. Sie lässt die Dinge lieber laufen, als sich einer Sache zu stellen. Ich sagte ihr, sie müsste ihn einfach persönlich zur Rede stellen. Gretchen steckt dahinter, nicht Ricky. Davon bin ich überzeugt.«
    »Aber wenn er es doch sein sollte, warum behauptet er dann so was?«
    »Darüber habe ich nachgedacht. Ich habe mir den Kopf zermartert und habe jetzt, glaube ich, eine Theorie. Seit Jahren wissen alle über dich und mich Bescheid, zumindest so halb bewusst. Sie haben gesehen, dass wir allein in meinem Zimmer waren, sie haben uns streiten hören. Sie wissen Bescheid, natürlich wissen sie das.«
    In mir explodierte ein derart heftiges Gefühl der Scham, dass mir fast übel wurde. Mir war klar, dass sie es wussten, aber ich konnte die Vorstellung nicht ertragen.
    »Sie wissen es, aber sie verstehen es nicht, das tut niemand. Inès versteht es vielleicht ein bisschen, weil sie in einen Drogensüchtigen verliebt ist. Jahrelang haben sie zugesehen, wie du in mein Zimmer geschlüpft bist und stundenlang dort bliebst. Dann kam diese Sozialarbeiterin …«
    »Aber sie haben uns alle geschützt. Wenn sie Bescheid gewusst hätten, hätten sie doch was gesagt, oder?«
    »Weißt du, ich hab mir gedacht … Gretchen hat ihren kleinen Sohn einige Male zum Spielen im Garten mitgebracht, weißt du noch? Inès hat ein paar Mal auf ihn aufgepasst. Vielleicht dachte Ricky, weil er uns so viele

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