Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger
Leute hast! Ich achte auf meine Sachen; deshalb habe ich auch lange was davon! Beim nächsten Mal reißt du dich zusammen! Ich gehe jetzt wieder ins Bett! Ich muss arbeiten! Ich habe eh schon Schlafprobleme. Es gibt keinen Grund, mich wachzuhalten! Du bist einfach nur eine selbstsüchtige Göre und lebst in deiner eigenen Welt! Denk auch mal an andere Menschen und deren Bedürfnisse, nur einmal, einmal im Leben!« Langsam ging er die Treppe hinauf, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.
Kaum war er außer Sicht, staubte ich die Marienkäfer ab und legte sie in ihr neues Heim, einen Milchkarton. Dann stellte ich den Milchkarton zu meinen übrigen Spielsachen in die Kiste. Peter hatte recht gehabt; es war besser, die Marienkäfer bei mir aufzubewahren, so konnte Karen sie nicht zerstören; außerdem war er ein erwachsener Mann, und ich zweifelte langsam daran, dass er wirklich damit spielen würde, wenn ich nicht da war.
***
Peters Geburtstag fiel auf einen Mittwoch, so dass wir ihn an einem Tag besuchen wollten, an dem wir sonst nicht hingingen. Ich hätte froh sein sollen, ihn einen Tag mehr als sonst zu sehen, doch stattdessen wachte ich mit furchtbaren Bauchschmerzen auf. Mommy entschied, ich sei zu krank für die Schule, und fütterte mich im Bett mit einem Teller Hühnersuppe und Salzstangen, wobei sie laut überlegte, ob wir trotzdem am Nachmittag zu Peter gehen sollten.
»Wir können nicht hingehen, wenn du krank bist, das verstehst du doch, oder?«, fragte Mommy. »Peter muss dafür auch Verständnis haben. Wir können ja am Freitag nachfeiern.«
»Ich glaube, ganz so schlecht ist mir nicht mehr. Ich glaube, ich mache mir eigentlich nur Sorgen.«
»Worüber? Worüber machst du dir Sorgen?«
»Ich will nicht ohne Geschenk zu Peter gehen. Aber wir haben kein Geld. Hättest du Poppa nicht nach Geld fragen können? Hättest du ihm nicht erklären können, dass es für Peters Geburtstag ist?«
»Du weißt doch, wie dein Vater ist. Momentan ist er nicht so gut auf Peter zu sprechen. Vielleicht ist er ein bisschen eifersüchtig auf Peter.«
»Warum ist er eifersüchtig?« Ich grinste einfältig.
»Auf deine Aufmerksamkeit. Dein Vater ist ein sehr eifersüchtiger Mann. Er möchte jedermanns Liebling sein. In der Bar gibt er den Leuten Getränke aus, nur um beliebt zu sein. So ist dein Vater.«
»Ich bin ihm egal. Hast du gehört, wie er mich letzte Nacht angeschrien hat?«
»Ich habe geschlafen. Wenn ich Schlaftabletten nehme, bin ich immer im Reich der Toten. Aber er hat dich nicht geschlagen, oder?«
»Nein. Er hat ganz laut geschrien, und das nur, weil ich Papier auf den Boden geworfen habe.«
»Papier auf den Boden? Warum läuft er überhaupt nachts durch die Gegend? Er sollte im Bett liegen und schlafen wie jeder andere Mensch auch. Der Mann müsste Beruhigungsmittel nehmen wie ich. Wirklich.« Sie dachte nach. »Ist dir deshalb schlecht? Geht es dir schlecht, weil er dich angeschrien hat?«
»Nein! Er schreit ja immer. Das ist mir egal.« Gereizt wandte ich mich ab. »Ich hab dir gesagt, warum.«
Wir schwiegen, dann schlug meine Mutter vor: »Ich habe zwanzig Dollar für den Notfall. Die könnte ich nehmen, später müsste ich mir dann eine Ausrede einfallen lassen. In Ordnung?«
Zuerst sagte ich nichts. »Ich weiß nicht, was Peter sich wünscht. Ich habe keine Ahnung, was man in seinem Alter mag. Vielleicht bleiben wir doch besser zu Hause – du kannst ihn ja anrufen und sagen, ich wäre krank.«
»Soll ich das machen? Ich kann jetzt sofort anrufen.«
»Nein, warte noch. Fällt dir denn nichts ein? Über was er sich wirklich freuen würde?«
»Wie wäre es, wenn wir ihm eine schöne Geburtstagstorte mitbringen würden? Er nascht doch so gerne. Wir gehen in die Bäckerei und holen ihm eine leckere Schokoladentorte mit Erdbeerfüllung. Und sie sollen mit rotem Zuckerguss ›Happy Birthday, Peter, wir lieben dich‹ draufschreiben.«
»Mit rosa Zuckerguss. Peter mag Rosa.«
Mommy lachte. »Na gut, dann mit rosa Zuckerguss.«
***
Als Peters Geburtstagsfeier vorbei war, wollte Karen E.T. gucken, also setzten wir uns ins Wohnzimmer, und Peter schob die Kassette in den Videorekorder. Inès, Miguel und Ricky schauten mit uns zu, wohl nur aus Höflichkeit. Nacheinander schlichen sie sich dann davon. Karen lag auf dem Bauch, die Füße verschränkt. Eine Zeitlang legte ich mich neben sie; sie hakte ihren Fuß unter meinen. Mommy ruhte wie immer auf dem roten Samtsessel, sie liebte E.T.
Peter
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