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Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Titel: Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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Blick glasig wurde. Der Schal war nur noch ein bluttriefendes Stoffbündel. Erste Tropfen landeten auf dem Boden der Kutsche. Erschrocken schlüpfte Anna aus ihrem Mantel und wickelte das Kleidungsstück um Christophers Arm. Sie quetschte sich neben ihn auf die Bank und unterdrückte die Panik, die in ihr toben wollte.
    Christopher sank gegen sie.
    „Kit?“ Anna klopfte ihm auf die Wange. Seine Lider flatterten.
    „Zu viel Blutverlust“, murmelte er undeutlich. „Long Tian …“ Christopher verlor endgültig das Bewusstsein.
     

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    Kapitel 8
     
    Angst klopfte an. Vertrauen öffnete. Keiner war draußen.
    Aus China
     
    Christopher erwachte. Sein Mund war pelzig, sein Kopf schmerzte, und als er sich bewegte, stachen tausend glühende Nadeln in seinen Arm. Er drehte sich vorsichtig um. Sein Gedächtnis streikte. Er wusste nicht, was geschehen war. Hatte er ein Trinkgelage abgehalten?
    Langsam kam die Erinnerung zurück. Er hatte Anna aus den Händen einer Räuberbande befreit.
    Christopher setzte sich auf und besah sich seinen Arm. Ein Gauner hatte ihn mit seinem Messer verletzt. Seine Arm war vom Handgelenk bis zum Ellenbogen bandagiert. Es schmerzte höllisch. Dunkel erinnerte er sich, dass Anna ihn gemeinsam mit dem Kutscher zur Tür geschleppt hatte.
    Er schwang seine Beine aus dem Bett und griff nach dem Morgenmantel am Fußende. Sein Blick fiel auf den Sessel, und er stutzte.
    Dort saß, eingerollt wie eine schlafende Katze, Anna. Ihre Beine hatte sie an die Brust gezogen, und ihre Arme lagen auf der Armlehne. Ihr Kopf war in ihre Ellenbeuge gekuschelt.
    Christopher ging zu ihr und hockte sich neben sie. Ihre schwarzen Wimpern ruhten wie üppige Halbmonde auf ihren Wangen. Ihr Mund, rosenrot und sanft geschwungen, war im entspannten Zustand so verführerisch, dass er nicht widerstehen konnte und ihr einen Kuss raubte. Erschrocken fuhr sie auf.
    Sie blinzelte verwirrt, ehe sie ihn erkannte.
    „Kit!“ Sie richtete sich auf und setzte ihre Füße auf den Boden. „Wie geht es dir?“
    Er zuckte mit den Schultern. „Hast du hier etwa die ganze Nacht verbracht?“
    Anna hob ihre Hand und berührte seine Wange. „Fühlst du dich besser?“
    „Über Nacht muss mich eine Kutsche überrollt haben“, erklärte er leichthin.
    „Liegt vermutlich am Laudanum. Ich wollte nicht zulassen, dass Long Tian dir diese Nadeln unter die Haut sticht, wo du doch eine solch üble Verletzung hattest.“
    Christopher stöhnte. Er erhob sich und klingelte.
    Kurz darauf stand Long Tian im Raum. Er warf Anna einen bösen Blick zu.
    „Sie hat sich gebärdet wie eine Löwin, die ihr Junges verteidigt! Sie hat mir nicht erlaubt, meine Akupunkturnadeln anzuwenden!“, sagte er auf Chinesisch.
    „Tue es jetzt, die Schmerzen treiben mich an die Schwelle des Wahnsinns.“ Christopher legte sich auf das Bett, und Long Tian breitete die mitgebrachte Stoffrolle aus, in der unzählige hauchfeine Nadeln untergebracht waren.
    „Kit! Du erlaubst das doch nicht etwa?“
    „Ganz ruhig, Anna. Was Long Tian da vorhat, wird in China schon seit Urzeiten angewendet, um Krankheiten zu heilen und Schmerzen zu lindern.“
    „Indem man sich Nadeln in die Haut stecken lässt?“
    „Schau einfach zu!“
    Der kleine Chinese steckte geschickt eine größere Anzahl Nadeln in Christophers Gesicht, seine Schultern und andere Körperteile.
    Schaudernd beobachtete Anna die makabere Darbietung.
    „Tut das nicht weh?“
    „Kaum“, erklärte Christopher.
    Long Tian wandte sich an Anna. „Nadeln bleiben, wo sind! Komme wieder und mache raus!“ Er sah sie drohend an.
    Anna nickte.
    Christopher schwieg, bis Long Tian den Raum verlassen hatte.
    „Warst du etwa die ganze Zeit bei mir?“ Er musterte Anna.
    Ihre Augen waren gerötet, und die Augenringe zeugten von einer unruhigen oder kurzen Nacht.
    „Selbstverständlich!“ Annas Stimme klang schnippisch. „Ich musste mich doch darum kümmern, dass dein Diener mit seinen Stecknadeln fernbleibt. Wäre mir natürlich bekannt gewesen, dass du Gefallen an solchen Folterungen findest, hätte ich mir die Wache an deinem Bett erspart.“
    Christopher hatte Mühe, seine Mundwinkel unter Kontrolle zu bringen.
    „Du hast dir Sorgen um mich gemacht.“ Ein warmes Gefühl stieg in ihm auf.
    Anna runzelte ihre Stirn. Sie lenkte ihren Blick auf die Nadeln.
    „Und das soll helfen? Willst du nicht lieber etwas Laudanum gegen die Schmerzen?“
    „Unter keinen Umständen!“ Christophers Tonfall war barscher, als

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