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Tigermilch

Tigermilch

Titel: Tigermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie de Velasco
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dahersagt und gar nicht so meint, aber Amir lacht nur, er haut mir seinen Stoffbeutel um die Beine und sagt, ich schwöre, ich schwöre auf meine Mutter, heute springe ich vom Zehner.
     
    Im Freibad sehe ich schon von Weitem Nico, Tobi und Nadja an unserem Stammplatz liegen.
    Alter, ruft Nico und kommt uns entgegengelaufen, schön, dich wiederzusehen.
    Amir schlägt ein.
    Hallo, sagt Nico und schaut mich an.
    Ohne ihn zu beachten, lege ich mein Aladdin-Handtuch neben Tobi und Nadja.
    Willst du was vom Kiosk, frage ich Amir.
    Nein, sagt er, ist doch Ramadan.
    Fastest du so richtig, fragt Nadja.
    Ich versuche es, sagt Amir.
    Sie zieht an ihrer Kippe.
    Ist das nicht gesundheitsschädlich?
    Ist doch seine Sache, sage ich.
    Ich weiß, aber den ganzen Tag nichts essen und trinken, das stelle ich mir echt schwer vor. Da braucht man wirklich eisernen Willen.
    Ich habe eisernen Willen, sagt Amir und holt sein Star-Wars-Handtuch aus dem Stoffbeutel.
    Und jetzt, fragt Tobi, wohnst du erst mal bei Jameelah?
    Amir nickt.
    Sauerei, sagt Tobi, dass sie dich einfach so in U-Haft gesteckt haben.
    Ich krame nach meinem Portemonnaie.
    Kommst du mit zum Kiosk, frage ich, danach können wir zum Springerbecken.
    Amir steht auf. Gemeinsam gehen wir über die Wiese, da bleibt Amir plötzlich stehen.
    Was ist, sage ich.
    Da hinten, sagt er und zeigt mit dem Kopf in Richtung Nichtschwimmer.
    Hinterm Nichtschwimmer sitzt Dragan. Er trägt seine lila Badehose, wie immer, und wie immer sitzen ein paar seiner Freunde um ihn herum, spielen Karten und trinken Slibowitz. Jemand schlägt Dragan auf die Schulter, er lacht, aber nicht mit den Augen, sondern nur mit dem Mund. Der Wittner hat mal gesagt, an einem echten Lachen sind normalerweise dreizehn Gesichtsmuskeln beteiligt, und wenn die nicht alle zum Einsatz kommen, dann ist es kein echtes Lachen, aber was ist schon normalerweise, denke ich.
    Er hat gestern geklingelt, sagt Amir.
    Wer, Dragan?
    Ja, hat Noura erzählt. Er wollte zu mir.
    Warum?
    Er will wissen, wo sie Jasna beerdigt haben.
    Und?
    Sie haben sie in Wischegrad beerdigt, da wo auch mein Vater liegt.
    Warum sagst du es ihm nicht?
    Ich weiß nicht, sagt Amir, nicht jetzt. Vielleicht irgendwann mal.
    Am Kiosk kaufe ich mir eine Bulette mit Senf. Ich setze mich auf die warmen Steine vorm Springerbecken und schaue dabei zu, wie Amir auf den Zehnmeterturm klettert. Mein Gesicht brennt immer noch von Jameelahs Fingernägeln, aber die Wunden von den Weisheitszähnen tun zum Glück nicht mehr weh, der Chef hat die gerissenen Fäden rausgemacht und neue reingezogen, die neuen Fäden sind auch schon wieder raus, aber es ist alles nicht so gut verheilt, sagt der Chef, und dass ich vorsichtig sein soll mit Hartem und Scharfem. Ich beiße in meine Schrippe. Amir winkt mir zu, ich winke zurück, da tippt mir jemand von hinten auf die Schulter.
    Darf ich mich setzen, fragt Nico.
    Lass mich, sage ich, aber Nico setzt sich trotzdem.
    Sag mal, kapierst du es nicht?
    Nein, sagt er, ehrlich gesagt nicht. Ich verstehe, dass du sauer bist, dass ich das einfach allein durchgezogen habe, aber ich hatte keine Wahl.
    Keine Wahl? Du bist aus dem Krankenhaus weg und sofort dahin! Von wegen überlegs dir, ich hatte ja gar keine Zeit zu überlegen!
    Ich habe dir gesagt, ich gehe zu den Bullen.
    Du hast gesagt, du gehst, wenn ich nicht gehe.
    Du warst im Krankenhaus, sagt Nico.
    Wir hatten eine Abmachung, sage ich.
    Abmachung, was für eine Abmachung?
    Dass du gehst, wenn ich nicht gehe, sage ich, aber ich hatte ja gar nicht die Möglichkeit zu gehen.
    Amir, unschuldig in U-Haft, sollte ich da einfach so zusehen?
    Trotzdem, Abmachung ist Abmachung! Du kannst nicht einfach so zur Polizei gehen, ohne das mit mir abzusprechen.
    Abmachung! Absprechen. Am besten noch ein Formular ausfüllen oder was, sagt Nico.
    Du hättest mit mir reden sollen!
    Habe ich doch, aber du Sturkopf hast davon nichts hören wollen. Wenns nach dir ginge, dann würde Amir doch immer noch im Gefängnis sitzen.
    Na klar, jetzt bin ich die Böse.
    Etwa ich, sagt er.
    Ich schweige.
    Sollen wir jetzt deswegen den Rest unseres Lebens verkracht bleiben?
    Ist mir egal! Dass du vorher nicht mit mir geredet hast, das werde ich dir nie verzeihen, und deinen Ring, den kannst du übrigens auch wiederhaben. Ich will ihn nicht.
    Na, dann gib mal her, sagt Nico.
    Meinst du etwa, den trage ich noch? Den hab ich irgendwo in mein Zimmer gepfeffert, hoffentlich erwischt der Staubsauger ihn bald!
    Wütend schaut

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