Tijuana Blues
heute und morgen geschlossen. Termine ab nächsten Montag.«
Der Verteidiger der Menschenrechte gab sich nicht geschlagen. Er erinnerte sich an alte Lektionen und wählte aus seinem Schlüsselbund einen professionellen Dietrich. Er tat so, als hätte er den falschen Schlüssel genommen, und drückte mit seinem gesamten Gewicht auf den Dietrich. Das Metallschloss drehte sich knirschend. Dann ließ sich die Tür ohne weiteres öffnen.
Morgados Nase ließ die erste Alarmglocke läuten. Das ganze Krankenhaus roch nach Benzin. Einen Moment lang wollte er sich einreden, es handle sich um ein Desinfektionsmittel. Aber der Geruch war unverwechselbar und penetrant. Sosehr er sich auch bemühte, den Reiz zu unterdrücken, er musste ein paar Mal husten. Sein Husten wurde durch ein Heulen in irgendeinem Winkel des Krankenhauses beantwortet, dann gingen ohne Vorwarnung alle Lichter aus. In dem Gebäude war es plötzlich dunkel, weil alle Fenster mit Zeitungen abgeklebt waren und das Tageslicht nur mehr ein ferner gelblicher Schein war.
Um das Ganze noch weiter zu verkomplizieren, drang eine Stimme aus dem zweiten Stock an sein Ohr. »Wer bist du, Eindringling? Was zur Hölle machst du in meinem Reich?«
Es war eine Grabesstimme, dachte Morgado erschreckt, und sie klang amüsiert. Dazu gemacht, sich mit ihrer Stärke und Macht durchzusetzen. Er beschloss, nicht zu antworten. Er suchte nach einem Werkzeug, das ihm als Waffe dienen konnte, aber er fand nur eine Tasche voller Golfschläger. Er nahm den längsten und ging mit unsicherem Schritt die Treppe hinauf.
» Stairway to heaven or stairway to hell? Was denkst du, toter Mann?«
Wieder sagte Morgado kein Wort. Er wusste, dass der Mann jede seiner Bewegungen beobachtete und dass er ihn sofort umbringen würde, wenn er versuchte zu fliehen oder den Rückzug anzutreten. Es war ihm völlig klar, dass es ausgesprochen dumm war, sich einem Verbrecher mit einem Golfschläger als einziger Verteidigungswaffe zu nähern, aber … vielleicht war dieser Mann pervers genug, Morgado, den Eindringling, eigenhändig und Auge in Auge töten zu wollen.
»Schön, schön«, heulte die Stimme, »ein mexikanischer bandido. «
Loverboy packte Morgado am Hemd und warf ihn über den Flur des zweiten Stockwerks. Er knallte gegen eine Mosaikwand, und der Golfschläger fiel ihm aus den Händen.
»Schau dich an, Eindringling.«
Morgado, dem der Kopf dröhnte, schätzte, dass die Stimme von rechts aus ungefähr fünf Meter Entfernung kam. Er ging in Duckhaltung an der Wand entlang zurück.
»Geh noch nicht, frito bandido. Es gibt gleich Essen.«
Morgado tastete auf dem mit Zeitungen bedeckten Boden nach etwas, das er gegen seinen Angreifer verwenden konnte. Ein Schlag gegen die Brust schleuderte ihn zwei Meter weit.
»Bist du ein Cop, mit deinem geilen Anzug?«
Morgado schaffte es kaum, sich hinzuknien. In seinem Kopf drehte sich alles wie in einem wilden Karussell. Er kehrte an die sichere Wand zurück und stolperte über ein Bierfass voller Benzin. Seine Hand umklammerte den Zapfhahn und berührte die Druckpumpe.
»Bist du ein Bohnenfresser?«
»Ja, Skinhead«, erwiderte Morgado und sprühte Loverboy das Benzin mitten ins Gesicht. Der Junge legte die Hände auf die Augen und fing an zu husten, weil die Flüssigkeit in seine Nasenlöcher und seine Kehle eingedrungen war. » Shit! Shit! Shit! «
Diesmal stürzte sich Morgado mit seinem gesamten Körpergewicht auf den Riesen und drängte ihn auf die andere Seite des Flures. Er suchte den Boden ab, bis er den Golfschläger wieder gefunden hatte, und schlug dann zweimal auf den Jungen ein, der wie ein nasser Sack zu Boden fiel.
Er kontrollierte die Taschen seines Angreifers. Er fand ein Päckchen Streichhölzer, ein Päckchen Kondome, eine Minitaschenlampe, eine Automatikpistole und eine Brieftasche mit einem Pass. Er hieß John S. Trower und war fünfundzwanzig. Außerdem fand er noch einen Kontoauszug mit einem Guthaben von einhundertzwanzigtausend Dollar und das Foto eines Paares, das sich vor einem Hotel in Las Vegas küsste.
»Bingo!«, rief Morgado.
»Die Frau ist von heller Hautfarbe und trug eine rosafarbene Perücke.« Morgado erinnerte sich an die Worte des Comandante, als er die Aussage der Mixtekin zitierte, die die Ranch des Massakers beobachtet hatte. Die Besitzerin des Hauses und die Frau von dem Foto wiesen eine starke Ähnlichkeit auf. Vielleicht war dieser Skinhead der gesuchte Mörder.
»Du bist ein Narr. Vampire wie ich
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