Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
er dieses Verweichlichte, Zimperliche behalten. Er ist ein stark vergeistigter Mensch, der mit der Realität des Lebens konfrontiert wird und gezwungen ist, sich auch körperlich zur Wehr zu setzen. Wir wollten den Actionszenen eine bestimmte Eleganz verleihen, wie sie Christopher Lee, Peter Cushing oder Vincent Price ausstrahlen. Auch das geht wieder zurück auf den Disney-Film – wir wollten Action und Dynamik mit Schönheit und Eleganz verbinden. Johnny schafft das sehr gut. Er nimmt Posen ein, die ganz natürlich aussehen, und bewegt sich elegant, ohne gleich wie ein Balletttänzer zu wirken.
Ichabod Crane (Johnny Depp) betrachtet das grausige Werk des kopflosen Reiters
J ohnny Depp sagt, dass er sich bei seiner Arbeit am Stil der Hammer-Filme orientiert hat: »Ein solcher Schauspielstil würde in einem normalen Film niemals durchgehen. Das ist ein ziemlicher Drahtseilakt. Dieser Stil grenzt schon an schlechte Schauspielerei. Aber das ist ja gerade das Interessante daran.« Burton hingegen sträubt sich wie immer dagegen, den Erzählton des Films zu kommentieren.
Ich glaube nicht, dass der Film zu trashig geraten ist, schließlich wollte ich eine authentische, ernste Geschichte erzählen. Natürlich wird er auch Humor enthalten. Wenn man einen Historien- oder Horrorfilm dreht, hat das immer etwas Absurdes. Das scheint in der Natur der Sache zu liegen, auch wenn ich nicht sagen könnte, warum. Wie beim Zeichentrickfilm kommt es auf die Mischung an. Wir haben keinen eindeutigen Humor-Schwerpunkt gesetzt, weil wir dem Geist des Horrorfilms treu bleiben wollten. Aber zugleich sollte es natürlich auch nicht todernst werden. Das ursprüngliche Drehbuch war relativernst, und ich würde sagen, dass wir es ein bisschen aufgehellt haben. Auch so ist zwar kein Merchant-Ivory-Horrorfilm daraus geworden, aber wir haben versucht, die Sache möglichst lebendig zu gestalten.
Des Öfteren wurde angemerkt, Johnny Depp würde Burtons Alter Ego spielen. Scott Rudin beispielsweise, Produzent von SLEEPY HOLLOW , sagt: »Johnny Depp spielt eigentlich in allen Burton-Filmen Burton selbst.«
So sehe ich das nicht. Ich mag es nicht, wenn das so ausgedrückt wird. Das ist nicht gut für die Arbeitsbeziehung. Ein Reiz des Filmemachens ist doch, dass bestimmte Dinge unausgesprochen bleiben. Es freut mich, wenn ein Schauspieler versteht, worauf ich hinauswill, und versucht, mir entgegenzukommen. Und natürlich besitzen die Figuren, die Johnny gespielt hat, gewisse Ähnlichkeiten. Aber sie unterscheiden sich auch in vielem voneinander. Ich mag Chamäleons – Leute, die sich gern verändern und verschiedene Sachen ausprobieren. Die Zusammenarbeit mit Johnny macht mir Spaß, weil er so offen für neue Ideen ist.
Meistens verbringt man Monate damit, mit den Leuten vom Studio das Drehbuch durchzugehen, es zu analysieren und jedes einzelne Detail genauestens zu durchdenken. Dabei kann man beim Filmemachen nie alles im Voraus planen. Es ist ein Entwicklungsprozess. Natürlich macht man sich anfangs seine Gedanken, damit man eine ungefähre Vorstellung davon hat, wo man hinwill. Aber wenn man zu viel nachdenkt, läuft man Gefahr, sich in etwas zu verrennen. Fellini zum Beispiel hat das sehr gut verstanden. Seine Filme besitzen eine ganz besondere Atmosphäre. Bühne und Beleuchtung bilden den Rahmen, innerhalb dessen etwas Magisches passiert, das man nicht so einfach steuern kann.
Eine Skizze von der finsteren Vogelscheuche
Die Schurken: Michael Gambon, Jeffrey Jones, Michael Gough, Ian McDiarmid, Miranda Richardson, Christina Ricci
W ährend Burton sich in EDWARD MIT DEN SCHERENHÄNDEN mit seinen Kommunikationsproblemen als Teenager auseinandersetzt und ED WOOD seine Beziehung zu Vincent Price widerspiegelt, schildert SLEEPY HOLLOW nach Johnny Depps Ansicht Burtons Kampf mit dem Studiosystem Hollywoods.
Lustig, dass er das so empfindet! Vielleicht stimmt es ja sogar. Scott Rudin hat während der Dreharbeiten zu mir gesagt: »Der kopflose Reiter ist für dich Jon Peters!« Und ich habe einen Moment gestutzt, bis mir klar wurde, dass er recht hat. Wie gesagt, ich treffe meine Entscheidungen eher unbewusst und denke nicht zu viel darüber nach, weil ich befürchte, sonst schnell in eine Sackgasse zu geraten. Das Jahr nach MARS ATTACKS! , als ich nicht arbeiten konnte, hat mich ziemlich stark mitgenommen. Vermutlich hatte ich da noch das eine oder andere Trauma zu verarbeiten.
Als Nebendarsteller hat Burton wieder eine bunte Mischung
Weitere Kostenlose Bücher