Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
so durchmogeln, ohne große Aufmerksamkeit zu erregen. Später wird man dann in irgendwelche Schubladen gesteckt: »Ach, der macht so düstere Sachen« oder »Der gibt zu viel Geld aus«. Was den Leuten grad so in den Kopf kommt. In Hollywood hat man schnell einen bestimmten Ruf weg, und der bleibt einem so lange erhalten, bis man sich einen neuen erwirbt.
B ei SLEEPY HOLLOW war Burton der Handlungsort genauso wichtig wie seine Identifikation mit Ichabod Crane.
In den vergangenen sieben Jahren bin ich des Öfteren im Norden New Yorks gewesen. Mein ganzes Leben lang habe ich versucht, aus L . A . herauszukommen. Wenn ich zu viel Zeit in dieser Stadt verbringe, neige ich dazu, mich von der Außenwelt abzuschotten. Im Norden New Yorks hatte ich ein kleines Farmhaus angemietet – Freunde von mir wohnen in der Gegend –, in der Nähe von Poughkeepsie, wo Ed Wood gewohnt hat. Ich hatte ein kleines Atelier zum Zeichnen, und manchmal bin ich einfach nur so durch die Apfelgärten spaziert. Es war eine schöne Zeit, und ich habe viel nachgedacht. Es war fast wie damals, als ich nach London gegangen bin, um BATMAN zu drehen. Ich mag die Jahreszeiten, besonders den Herbst. Und das Hudson Valley hat etwas unheimlich Faszinierendes an sich. Es ist voller kleiner Städtchen und Kirchen. Die Geschichte von SLEEPY HOLLOW hat für mich die verwunschene Atmosphäre dieses Ortes sehr gut widergespiegelt. In Europa gibt es viele solcher Stätten, aber in Amerika sind sie eher selten.
Ursprünglich sollte der Film vorwiegend an Originalschauplätzen gedreht werden, weshalb überall im Norden New Yorks und im Hudson Valley – darunter auch in Tarrytown – nach möglichen Drehorten gesucht wurde. Die Filmemacher zogen sogar in Betracht, einige Nachbildungen holländischer Dörfer und Kleinstädte aus der Kolonialzeit als Kulisse zu benutzen. Als jedoch keine passenden Drehorte gefunden werden konnten und sich herausstellte, dass es vor Ort auch keine Möglichkeit gab, die zahlreichen für den Film benötigten Studiokulissen aufzubauen, sah man sich gezwungen, nach anderen Lösungen zu suchen. Rudin war derjenige, der schließlich vorschlug, sich in England umzusehen. »Wir hatten gehofft, in England die ideale Kleinstadt zu finden«, erinnert sich Produzent Adam Schroeder, »aber letzten E ndes mussten wir sie doch selbst bauen.« Die Dreharbeiten begannen am 20. November 1998 und dauerten bis April 1999. Einen Monat lang wurde im Lime Tree Valley auf dem Hambleden-Estate in der Nähe von Marlow, Buckinghamshire, gedreht, wo die Kulisse des Städtchens Sleepy Hollow um einen kleinen Ententeich herum aufgebaut wurde. Den Stil der Bauten bezeichnete Szenenbildner Rick Heinrichs als einen Dr. Seuss nachempfundenen »kolonialen Expressionismus«.
Christopher Lee in Draculas Rückkehr (1967)
Barbara Steele in Mario Bavas Die Stunde, wenn Dracula kommt (1963)
Der Handlungsort ist für die Geschichte sehr wichtig. Und deshalb war es auch so seltsam, hier in Großbritannien zu drehen. Aber das Lime Tree Valley, wo wir die Kulisse der Stadt errichtet haben, hat mich an das Hudson Valley erinnert. Auch der Wald, den wir auf der Studiobühne nachgebaut haben, weckte in mir Erinnerungen an den Norden New Yorks. Wobei ich mir das möglicherweise auch nur einbildete. Wir hatten schon vor längerer Zeit ein Modell des Städtchensgebaut, und die fertige Kulisse kam dem wirklich sehr nahe. Es ist toll, wenn man einen Außendrehort so aussehen lassen kann wie eine Studiobühne und andersherum, zum Beispiel indem man eine Menge Rauch in die Luft bläst. In den Hammer-Filmen wurde das oft so gemacht. Deren Horrorfilme hatten eine wunderbare Atmosphäre.
Obwohl Hammer Films in den 1930er-Jahren als Vertriebsfirma gegründet wurde, ist die Filmgesellschaft heute vor allem für ihre Neuverfilmungen von Horrorklassikern mit Figuren wie Dracula, Frankenstein, Wolfman oder der Mumie bekannt. Frankensteins Fluch hatte 1957 den Anfang gemacht. Blutig und voller unverhohlener sexueller Spannung spielten die Filme damals ein Vermögen ein und machten Schauspieler wie Peter Cushing und Christopher Lee (in der Rolle des Dracula) zu Stars.
Diese Filme waren sehr blutrünstig und gewagt. Sie besitzen eine gewisse emotionale Schlichtheit, die mir gut gefällt. Außerdem macht es Spaß, sie anzuschauen. Wenn man die Hammer-Filme heute sieht, sind sie eigentlich gar nicht so gruselig. Das ist wie mit den Disney-Filmen – die wirken in der Erinnerung stärker
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