Tim (German Edition)
24. Januar um 5:30 Uhr. Ich stand auf, sprang unter die Dusche und zog mich dann zum Training an. Während ich mir ein kleines Frühstück machte, kam Mom in die Küche.
»Was hast du vor?«, fragte sie.
»Trainieren«, antwortete ich. War das nicht offensichtlich?
»Heute? Willst du nicht lieber auf Charlie warten?«
»Ich werde wahnsinnig, wenn ich den ganzen Tag nur hier herum sitze. Ich muss raus und etwas machen. Und das Training lenkt mich am besten ab.«
Mom nickte. »Macht Sinn. Wann bist du wieder da?«
»So gegen 2«, antwortete ich. Ich rechnete nicht damit, dass Charlie eher bei uns ankommen würde.
Nach dem Essen machte ich mich auf den Weg nach St. Paul. Coach John wusste, dass ich kommen würde, also war ich nicht alleine beim Training. Nachdem wir uns kurz begrüßt hatten, fragte er mich, was ich heute machen wollte.
»Schwebebalken«, sagte ich. »Da kann ich mich am besten entspannen und das habe ich heute dringend nötig.«
Coach John schmunzelte. »So schlimm?«
Ich nickte und begann mit meinen Übungen. Ich blendete alles um mich herum aus, vor allem meine Gedanken. Ich verbrachte Stunden damit, immer wieder das gleiche zu machen, ab und zu unterbrochen von kleinen Pausen, in denen ich mit Coach John plauderte. Wir sprachen über Belanglosigkeiten. Coach wusste, dass Charlie heute kommen würde. Er sprach das Thema aber nicht an, worüber ich sehr froh war.
Es war 13:30 Uhr, als ich mein Training beendete und Coach John sagte, dass ich die nächsten Tage wohl nicht zum Training kommen würde.
»Kein Thema. Ich freue mich, wenn ich mal ausschlafen kann«, sagte er und lachte.
»Wir sehen uns bei meiner Party«, sagte ich, umarmte ihn kurz und machte mich auf den Heimweg. Ich war wirklich um 14:00 Uhr wieder daheim.
Die letzten 2 Stunden waren eine reine Folter. Ich stand alle 5 Minuten auf und ging zum Fenster. Ich setzte mich wieder zu meinen Eltern auf die Couch. Kurz danach ging ich nach oben, um nachzusehen, ob ich in meinem Zimmer noch etwas finden würde, was ich aufräumen könnte. Dann saß ich wieder auf der Couch.
Das Spiel wiederholte sich so oft, dass Mom mich fast an der Couch festbinden wollte. Alle waren ein wenig genervt, deswegen ließen sie mich eine Weile alleine im Wohnzimmer. Die Klingel rettete mich endlich. Es war genau 16:00 Uhr. Mein Herz raste und meine Hände zitterten, als ich zur Tür ging.
Kapitel 75: Charlie
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Tim öffnete langsam die Tür und ich trat ein, ohne ein Wort zu sagen. Wir schauten uns gegenseitig von oben bis unten an, dann trafen sich unsere Augen. Er hatte sich kaum verändert. Tim war vielleicht 5 Zentimeter gewachsen und hatte noch immer ein kindliches Gesicht. Die dunkelblonden Haare waren genauso frech gegelt wie am ersten Tag im Camp, als ich ihn auf dem Parkplatz begrüßte. Es war Winter, deswegen fehlte ihm die perfekte Bräune, die ich vom Camp kannte. Tim trug Shorts und ein T-Shirt, nicht gerade passend für den Winter.
Als ob wir zur selben Zeit den gleichen Gedanken gehabt hätten, fielen wir uns in die Arme. Ich hielt Tim fest an mich gedrückt und seine Umarmung raubte mir einen Moment lang die Luft. Wir lösten die Umarmung gleichzeitig, nur für einen Augenblick, bevor wir uns küssten. Es dauerte bestimmt 10 Minuten, bevor wir uns wieder von einander lösten.
»Ich liebe dich«, sagte Tim mit feuchten Augen.
»Ich liebe dich auch«, war meine Antwort.
Tim kicherte, sprang in meine Arme und schlang seine Arme und Beine um mich. Wir küssten uns erneut. Dieses Mal nicht so lang, aber genauso leidenschaftlich.
»Ihr könnt jetzt alle raus kommen«, rief Tim, nachdem wir einen Moment Luft geholt hatten. »Charlie ist hier und wir lieben uns immer noch«, fügte er überglücklich hinzu.
Norman und Betsy kamen aus der Küche, ein Grinsen im Gesicht. Carl und Carol kamen die Treppe hinunter. Wir begrüßten uns alle, umarmten uns, küssten uns und schüttelten Hände. Was für eine Begrüßung. Wir gingen ins Wohnzimmer, Tim und ich setzten uns auf die Couch.
»Wir haben es geschafft«, sagte Tim triumphierend. »Alle haben daran gezweifelt, nur Charlie und ich nicht. Stimmt‘s?«
»Ich habe nie daran gezweifelt und jetzt sind wir hier«, bestätigte ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht. »Es fühlt sich so wundervoll an.«
»Moment mal«, unterbrach Carl die feierliche Stimmung mit einem Funkeln in den Augen. »Ihr wolltet euch doch nicht vor Tim‘s Geburtstag festlegen. Und der ist erst übermorgen.
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