Tim (German Edition)
Grinsen im Gesicht. Er war einfach atemberaubend, seine Bräune war beneidenswert, die dunkelblonden Haare frech gegelt und zerzaust. Ich wusste sofort, dass ihn jeder mögen würde, denn in seinen blau-grauen Augen funkelte ein schelmisches Glitzern. Es war nicht einfach, den Blick von ihm abzuwenden.
Seine Eltern, die sich mir als Norman und Betsy vorstellten, waren charmant und an allem sehr interessiert. Sie stellten mir Fragen über mich selbst, das Camp, die anderen Camper und die Umgebung. Tim‘s Bruder, Carl, würde ebenfalls die nächsten beiden Wochen im Camp White Elk verbringen. Er war bereits 16 und gehörte zu einer anderen Gruppe, die sich allerdings mit uns die Hütte teilte. Sofort fiel mir auf, dass zwischen Tim, Carl und ihren Eltern nicht die üblichen Spannungen herrschten, wie sie bei Familien mit Teenagern oft anzutreffen sind. Betsy und Norman behandelten ihre Kinder wie junge Erwachsene und der Respekt, den Tim und Carl ihren Eltern entgegen brachten, war spürbar. Nach ein paar Minuten Smalltalk verabschiedeten sich Norman und Betsy und machten sich auf den Weg zurück nach Minneapolis. Weder Carl noch Tim zeigten die gewohnte Verlegenheit, die man bei vielen Teenagern sieht, wenn ihre Eltern in der Öffentlichkeit ihre Zuneigung zeigen. Beide küssten ihre Söhne — Norman allerdings nur ganz kurz — bevor sie ins Auto stiegen. Wie ungewöhnlich und faszinierend diese Familie wirklich war, sollte ich erst wesentlich später begreifen.
Nachdem ihre Eltern außer Sichtweite waren, zeigte ich den Jungs unsere Hütte und stellte ihnen die anderen Camper und Betreuer vor. Immer wenn ich Tim ansah, schaute er schnell woanders hin. Dieses Spielchen machte mich aus einem nicht greifbaren Grund ein bisschen nervös, aber ich dachte mir nichts weiter dabei. Tim verstand sich mit allen sofort richtig gut, besonders mit Tom. Schon nach wenigen Minuten unterhielten sie sich wie alte Freunde, die sich eine Weile lang nicht gesehen hatten. Was mich am meisten beeindruckte war, dass sie versuchten, die anderen mit einzubeziehen, sogar Hal. Dieser schätzte die Aufmerksamkeit sehr und erstmals sah ich den Anflug eines Lächeln auf seinen Lippen.
Tom und Tim zeichneten sich schnell als Anführer unserer Gruppe aus. Sie überredeten die anderen zu einem Basketball-Spiel und beide wählten die anderen Spieler aus. Auch das fand ich bemerkenswert, denn für gewöhnlich spielen die Anführer gerne in einem Team zusammen. Als Tom zuerst Hal wählte und Tim sofort Ronnie in seinem Team haben wollte, schwoll meine Brust vor Stolz auf diese Jungs. Hal und Ronnie wuchsen ebenfalls ein paar Zentimeter.
Franklin, der durch seine Größe Vorteile in diesem Spiel hatte, war ein richtiger Mannschaftsspieler und gab den Ball lieber ab, anstatt selbst einfache Punkte zu werfen. So wurde jeder sofort einbezogen und es war nicht wichtig, wie gut jeder einzelne spielte. Sie hatten einfach Spaß zusammen. Ich hatte den Eindruck, hier eine besondere Gruppe vor mir zu haben. Wie es bisher aussah, sollten das ruhige und problemlose zwei Wochen werden. Am schwierigsten würde es sein, Tim nicht dauernd anzustarren. Besonders, wenn er, wie beim Basketball, mit freiem Oberkörper spielte.
Nach einer halben Stunde setzten sich die beiden Teams für eine Pause in den Schatten eines Baumes. Ich hörte nur mit einem Ohr halb bei ihren Unterhaltungen über Schule, Freunde und Sport zu. Hal und Ronnie hörten zwar aufmerksam zu, hielten sich aber größtenteils heraus. Nur ab und zu antwortete einer von beiden auf eine direkt an ihn gerichtete Frage.
Irgendwie kam Tim‘s Bräune schnell zur Sprache. Da spitzte ich ein bisschen die Ohren.
»Ich habe noch nie jemanden mit einer so perfekten Bräune gesehen«, sagte Jim. »Ist dein Hintern auch gebräunt?«, fragte er und alle lachten.
»Schnappt ihn und lasst uns nachsehen«, warf Andy ein, bevor Tim antworten konnte. Beide versuchten Tim zu packen, aber sie waren nicht schnell genug. Tim rannte lachend davon, dicht gefolgt von Andy und Jim, die aber keine Chance hatten, ihn einzuholen. Auch Franklin schloss sich der Jagd an und versuchte sein Glück. Aber immer wenn er kurz davor war, Tim einzuholen, wich dieser aus und bog in eine andere Richtung ab. In diesem Moment schlenderte Carl zu unserer Gruppe herüber und schmunzelte.
»Die werden ihn nie fangen«, sagte er zu mir. »Andy und Jim sind nicht schnell genug und Franklin braucht zwei Helfer, die Tim links und rechts
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