Tim und Charlie (Tim: Teil 2) (German Edition)
Platz aufstand, um seinen Tisch herum ging und ihn fest umarmte. Coach Billings schaute mich verdutzt an.
»Tim, ich glaube das ist das erste Mal, dass mich ein Sportler umarmt hat. Abgesehen von Gruppenumarmungen nach einem Sieg. Ich muss zugeben, es fühlt sich gut an.«
»Coach Nelson umarmt uns die ganze Zeit. Das ist ein wichtiger Teil von dem, was unser Team zu einem Team macht.«
»Tim, du lebst in einer völlig anderen Welt. Ich kann es kaum erwarten, dein Trainer zu sein. Ich hoffe, dass es klappen wird.«
Ich umarmte ihn noch einmal, dann verabschiedeten wir uns von ihm.
Auf dem Weg zurück zu seinen Eltern berichtete mir Charlie, dass er seinen Eltern am Vorabend von unseren Coming-Out -Plänen erzählt hatte. Er sagte auch, dass sich seine Mutter wirklich Mühe gab, aber dass es ihr sichtlich schwer fiel, die Situation zu akzeptieren.
In einer Minute freute sie sich für uns, in der nächsten war sie eher abweisend. Er wusste nicht so recht, wie er damit umgehen sollte, hoffte aber, dass es sich bald normalisieren würde.
Am Abend aßen wir mit Charlie‘s Eltern, seinen Geschwistern und deren Frauen. Wayne und Gill reagierten auf unser Outing völlig gelassen. Auch Wayne‘s Frau Irma hatte kein Problem mit unserer Beziehung. Anders war es mit Gill‘s Frau, Anita. Sie konnte es kaum bis nach dem Essen in unserer Gegenwart aushalten. Gill und sie gingen sofort nach dem Essen.
Wir ließen uns den Abend jedoch nicht verderben und beantworteten viele Fragen, die Wayne und Irma über uns hatten.
Die Party am nächsten Abend war ein riesiger Erfolg. Charlie kannte die meisten Gäste aus seiner Kindheit und Jugend. Viele wollten mit mir fotografiert werden, was mich ein bisschen störte.
»Wenn sie wüssten, dass du auch eine olympische Medaille mit nach Hause bringen wirst, dann hätten sie dein Foto auch haben wollen«, sagte ich zu Charlie.
So wie er mich ansah, wusste ich sofort, was er dachte. Träume du ruhig weiter , sagte sein Blick. Ich hätte ihn in diesem Moment gerne geküsst. Ich hoffte, dass Charlie bald genauso an sich glauben würde, wie ich es tat.
Am Sonntag ging es für uns zurück nach Minneapolis. Dieses Mal fuhren wir die ganze Strecke an einem Tag und wechselten uns regelmäßig am Steuer ab.
Wir kamen gerade rechtzeitig zuhause an, um Mom und Dad kurz zu berichten, wie unser Besuch in Indianapolis gelaufen ist. Anschließend gingen wir sofort ins Bett.
9 Charlie
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Ich hatte nicht mitbekommen, dass Tim am Sonntag Abend den Wecker gestellt hatte. Er klingelte wie gewohnt um 5:42 Uhr. Tim hüpfte aus dem Bett, schüttelte mich und zog sich an.
Er war zurück in seiner Routine, als hätte es die vergangene Woche nicht gegeben. Und er erwartete, dass ich mit ihm zur Schwimmhalle fahren würde. Ich schleppte meinen Hintern aus dem Bett und zog mir blind irgendetwas an. Dann folgte ich Tim die Treppe hinunter. Er stand schon in der Küche und trank seinen Saft.
»Hast du Kleidung zum umziehen?«, fragte er mich, kannte aber die Antwort bereits. »Los, hol sie«, sagte er ohne auf meine Antwort zu warten.
Ich schleppte mich die Treppe zurück nach oben, packte ein paar Sachen in eine Tüte und ging wieder nach unten. Mit wurde ein Pappbecher mit Saft in die Hand gedrückt und wir gingen zum Auto. Tim setzte sich hinters Steuer.
»Wir haben schon wieder 2 Minuten verloren«, beschwerte sich Tim, als er aus der Einfahrt zurück setzte.
Er hatte recht. Es war genau 6:02 Uhr, als er zum ersten Mal ins Wasser sprang.
Sein Trainingsablauf war fast immer der gleiche. Der einzige Unterschied war, dass er an verschiedenen Sprüngen arbeitete. Ich verbrachte die Zeit damit, ein paar Runden zu schwimmen, zum einen um selbst in Form zu bleiben, zum anderen um wach zu werden. Ich hatte aber immer ein Auge auf Tim. Schließlich war ich als Rettungsschwimmer dort.
Pünktlich um 8:00 Uhr beendete er sein Training und wir gingen zusammen duschen.
Auf dem Weg von der Schwimmhalle zum Schulgebäude aß er im Gehen ein Speck-Sandwich als Frühstück. Ich verabschiedete mich von ihm und fuhr zurück nach Hause. Als ich dort ankam, saßen Norman und Betsy in der Küche und frühstückten.
»Im Ernst, ein Speck-Sandwich?«, fragte ich sie.
»Das ist sein Lieblingsfrühstück«, sagte Betsy und lachte. »Oft ist es auch kalte Pizza. Ich habe es vor langer Zeit aufgegeben, seine Frühstücksgewohnheiten ändern zu wollen.«
»Wir müssen uns um die Details für unser Coming Out und die
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