Time Travel Inc. - Fast Forward (Die Zeitreise Chroniken) (German Edition)
schon an ihm vorbeigelaufen sind. Wer weiß?«
»Wahrscheinlich hast du recht«, erwiderte ich ein wenig geknickt. Ich hätte seinen Vater gerne gesehen und ich konnte mir vorstellen, dass es auch für John verlockend war. Soweit ich wusste, waren seine Eltern 1910 bei einem Autounfall ums Leben gekommen und er und seine Schwester waren zu ihrem Onkel gezogen. John wusste, dass wir in die Geschehnisse nicht eingreifen durften, aber ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie sehr er sich danach sehnte, seinen Vater noch einmal zu sehen und ihn womöglich vor dem tödlichen Unfall zu warnen.
»Na komm, du kleine Zeitreisende. Gehen wir und schauen uns einen Zweizylinder-V-Ottomotor an.«
Wir schlenderten eine Weile durch die große Halle und sahen uns die einzelnen Erfindungen an. Es war wirklich faszinierend. Die Menschen begutachteten neue technologische Errungenschaften und rissen die Augen auf, wenn es Live-Vorführungen gab. Es war das reinste Spektakel.
Irgendwann verließen wir die Maschinenhalle wieder und begaben uns in Richtung Eiffelturm. Kurz nach unserer Ankunft in Paris hatten wir die feierliche Eröffnung miterlebt. Gustave Eiffel höchstpersönlich hatte den frisch errichteten 7000-Tonnen-Stahlkoloss bestiegen und an dessen Spitze die französische Trikolore gehisst. Einen Fahrstuhl gab es noch nicht, somit war das Unterfangen sicher ziemlich anstrengend gewesen. Mir war nicht klar gewesen, dass die Pariser Bevölkerung den Turm nicht ausstehen konnte. Kaum vorstellbar, schließlich war er in der Zukunft DAS geliebte Wahrzeichen schlechthin. In den Zeitungen gab es viel Kritik und ich war davon völlig irritiert. Doch schon einige Wochen später, als die Weltausstellung endlich begann, waren die bösen Stimmen weitestgehend verstummt und der Eiffelturm war der Star der Veranstaltung.
John und ich hatten bereits eine wunderbare Zeit verbracht. Wir erkundeten Paris, machten endlose Spaziergänge und stöberten in kleinen Geschäften. Besonders hingerissen war ich von der französischen Küche dieser Zeit. Obwohl ich selbst inzwischen bereits einige Jahre in Frankreich gelebt hatte, waren die aufwendigen Gaumenfreuden, welche John und ich jeden Tag aufs Neue entdeckten, der reine Wahnsinn. Auch Froschschenkel konnte man hier noch auf vielen Speisekarten entdecken, doch ich hatte mit dem Verzehr einiger Schnecken meinen Bedarf an außergewöhnlichen Lebensmitteln schnell gedeckt.
Allerdings übertraf die "Exposition universelle de Paris" alles, was uns im Paris der Vergangenheit bisher begegnet war. Neben der großen Maschinenhalle gab es zahlreiche Attraktionen, Darbietungen von Tanz- und Folkloregruppen sowie 44 Pavillons zum Thema "Geschichte der menschlichen Behausung". Hin und wieder beschlich mich jedoch ein ungutes Gefühl, wenn ich beobachtete, wie die europäischen Besucher der Ausstellung die präsentierten Kulturen und die sogenannten "Wilden" von oben herab mit überheblichen Blicken bedachten. Es stand offenbar völlig außer Frage, dass sie in ihren Augen eher Menschen zweiter Klasse waren.
Wir passierten den chinesischen Pavillon, welcher mit seinen filigran verzierten Aufbauten und Giebeln absolut beeindruckend war. Ich konnte nicht genug bekommen von dieser Zeit und ihren Sehenswürdigkeiten. Doch John und ich würden schon bald wieder in die Zukunft zurückreisen. Unser erster Ausflug in die Vergangenheit war planmäßig verlaufen und zu meiner Freude erwies sich John als idealer Zeitreise-Partner. Obwohl wir auf unserem Trip viele romantische Abende miteinander verbracht hatten, war er konzentriert bei der Sache und ebenfalls geschickt dabei, die "Bewohner" dieser Zeit zu täuschen, falls dies nötig war. Wir hatten regelmäßig unsere Berichte an den vorher vereinbarten Orten deponiert und unser Team in der Zukunft würde sicher schon gespannt auf unsere Rückkehr warten.
»Wollen wir für heute Schluss machen?«, fragte John und zog mich in seine Arme.
»Gute Idee. Ich bin auch ganz schön geschafft.«
Es fiel mir schwer, mich von all den neuen Eindrücken loszureißen. Am liebsten wäre ich noch ein ganzes Jahr hiergeblieben. Doch meine Füße taten mir weh und allmählich machte sich auch Hunger bemerkbar.
Wir verließen das Ausstellungsgelände und nahmen den direkten Weg zum Hotel. Die Sonne ging gerade unter und tauchte die Stadt in ein unwirkliches Licht. Die Luft war angenehm mild. Ich kuschelte mich an Johns Seite. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals so glücklich
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